Elidar (German Edition)
Gegenwehr erlahmte. Das Leuchten erlosch, der Knoten erstarrte. Schließlich hielt sie nur noch einen Klumpen Eis in den Fingern, der zu schmelzen begann und in zähen grünlichen Fäden aus ihrer Faust rann.
Elidar stöhnte und ließ los. Sie zog sich aus Sturms Innerem zurück und sank neben ihm auf das Bett. Er bewegte sich nicht, aber sie konnte sehen, dass er ruhig atmete. Die wabernden Ströme unter seiner Haut waren erloschen.
Elidar wusste, dass ihre Arbeit noch nicht getan war, aber sie gönnte sich den Luxus, für einige Atemzüge die Augen zu schließen.
24
S ie hatte wohl länger ausgeruht, als sie es vorgehabt hatte. Erschrocken fuhr sie auf und rieb sich über die müden Augen. Ihre linke Hand tat höllisch weh, die Finger waren gerötet und mit kleinen Blasen übersät, als hätte sie sich böse verbrannt.
Elidar ignorierte den Schmerz, während ihrer Ausbildung hatte sie sich weitaus üblere Verletzungen zugezogen. Das konnte warten.
Viel wichtiger war Casarius Sturm. Als sie eingeschlafen war, hatte er leise und leicht neben ihr geatmet. Seine tief in die Höhlen gesunkenen Augen waren immer noch geschlossen. Sie berührte seine Schulter und dann seine Wange, um ihn aufzuwecken, aber er regte sich nicht. Nur sein Atem zischte leise und regelmäßig über seine Zähne.
Elidar blickte unruhig zur Tür. Etwas sagte ihr, dass Bär jeden Moment zurückkommen würde. Wenn er sie hier fand, neben Sturm, der ganz offensichtlich friedlich schlief, würde ihn das misstrauisch machen. Dann würde er sich Sturm näher ansehen und feststellen, dass der giftige Knoten aus seinem Inneren verschwunden war. Das durfte nicht passieren.
Sie rieb erneut über ihre müden Augen. Was konnte sie tun, um die Heilung zu verschleiern? Verschleiern … Der Gedanke brachte etwas in ihr zum Schwingen.
Natürlich! Sie sah das Blumengesicht der Prinzessin vor sich, ihre blitzenden Augen, und das Lachen, mit dem sie die magischen Kräfte der »schrecklichen alten Männer« abtat. Morgenblüte hatte den Dämpfer von Elidar genommen und ihr gezeigt, wie sie dies vor anderen verbergen konnte.
Elidar legte ihre Hände auf Sturms eingefallene Schläfen. Dann suchte sie nach der Stelle in ihm, wo der Knoten gesessen hatte. Immer noch waren die Zeichen des Todes stark in seinem Körper, aber der Verfall hatte aufgehört, sich weiterzufressen. Vielleicht würde sie ihn mithilfe des Drachenfeuers vollständig heilen können. Aber nicht jetzt, das brauchte Zeit und keine Störung.
Sie stellte sich das grüne Geschwür vor. Dort hatte es gesessen und sein Gift und seine Zerstörung durch den geschwächten Leib geschickt. So hatte es ausgesehen, genau SO!
Vor ihrem Geistauge bildete sich schemenhaft, dann immer klarer und fester ein Ebenbild des giftigen Knotens. Er schob sich an seine Stelle und sandte seine grünen Ranken aus. Eine kleine Anstrengung mehr, und das Gift begann scheinbar erneut zu fließen, wieder sah sie das widerlich grüne Wabern unter Sturms Haut. Das sollte ausreichen, um Bär auf den ersten Blick zu täuschen. Und warum sollte er Sturm genauer untersuchen, wenn doch alles so schien, wie er es erwartete?
Sie löste ihre Hände von Sturms Schläfen und stand auf. Bis auf die Knochen erschöpft wankte sie zum Lehnstuhl am Feuer und ließ sich hineinfallen.
Wenig später öffnete sich die Tür und Bär trat ein. Er hob die Brauen, als er Elidars sah. »Nanu?«, sagte er.
»Er ist nicht aufgewacht«, sagte sie und verbarg die verletzte Hand im Ärmel ihrer Kukulle. »Ich hätte gerne mit ihm gesprochen, aber er wacht einfach nicht auf.«
Sie sah den Schatten eines undeutbaren Gefühls über sein großes Gesicht huschen. War es Beunruhigung? Freude? Ärger?
Ohne ein Wort ging er zum Bett und beugte sich über den Schlafenden. Dort verharrte er eine Weile, von Elidar mit Spannung beobachtet.
Als er sich aufrichtete, sah sie ihn fragend an. Er schüttelte den Kopf. »Er wird immer schwächer. Ich denke nicht, dass er den Herbst noch erleben wird.«
Elidar nickte stumm. »Wie bedauerlich«, sagte sie nach einer Weile.
»Also dann …«, sagte Bär und trat beiseite, um den Weg zur Tür freizugeben.
Elidar stand auf und sah noch einmal zu Sturm hin. Dann schob sie sich an Nicodemus Bär vorbei und verließ das Zimmer.
Sie lag auf ihrem Bett, starrte gegen die Decke und dachte nach. Ihre verletzte Hand pochte und brannte, aber sie war zu erschöpft, um sich darum zu kümmern. Sturm war nicht gerettet, sie
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