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Elidar (German Edition)

Elidar (German Edition)

Titel: Elidar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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»Bär!«
    Der Schatten lichtete sich, und sie blickte in die dunklen Augen ihres Freundes und Lehrers. »Warum spielst du dieses Spiel mit mir?«, fauchte sie wütend. »Wo ist seine Magnifizenz?«
    »In seinem Bett, wo er auch hingehört bei seinem elenden Zustand«, erwiderte Bär. »Und warum sollte ich mit dir spielen? Ich war nur neugierig, wer da mein ausdrückliches Verbot missachtet und warum. Ist das nicht mein gutes Recht?«
    Elidar verschränkte die Arme vor der Brust. »Nein«, schnappte sie. »Das ist es ganz und gar nicht. Casparius Sturm ist immer noch Magnifizenz unseres Ordens!«
    Bär richtete sich drohend auf.
    Elidar wich keine Fingerbreit zurück. Sie blieb vor Bär stehen und funkelte ihn an. »Also?«, fragte sie scharf.
    Ein anerkennendes Lächeln kräuselte seine Mundwinkel. »Kleine Tigerkatze«, sagte er.
    »Spar dir deine Herablassung«, sagte Elidar grimmig. »Ich möchte mit Sturm sprechen.«
    Seine Pranke landete schwer auf ihrer Schulter. »Das kann ich leider nicht erlauben. Lass uns hinausgehen.«
    Sie riss sich los. »Ich denke nicht daran, mich von dir herumkommandieren zu lassen. Du bist nicht seine Magnifizenz.«
    Nun verschränkte er seine Arme vor der breiten Brust. Seine Brauen zogen sich grollend zusammen. »Also bitte«, sagte er. »Störe den armen Mann in seinem Schlaf. Wahrscheinlich bringst du ihn damit um, aber das wäre vielleicht sogar das Beste für ihn.« Er nickte schroff und ließ sie stehen. Sie hörte seine schweren Schritte das Arbeitszimmer durchqueren, dann schlug die Tür zu.
    Elidar sammelte sich. Er ließ sie mit Sturm allein. Also fürchtete er sich wohl doch nicht vor dem, was Sturm ihr sagen würde. War das Misstrauen, das sie gegen Bär hegte, unberechtigt? Sie wusste es nicht, aber der Zweifel nagte in ihr.
    Im Bett, hatte er gesagt. Auf den ersten Blick schien das Lager leer zu sein und unter der dünnen Decke nichts weiter zu liegen als ein Bündel alter Kleider. Dann erkannte sie die knochenbleichen, abgemagerten Hände auf der Decke und ein abgewandtes Gesicht. Casarius Sturm erschien ihr so klein und so dürr wie eins der Kinder aus der Gosse von Kayvan.
    »Magnifizenz?«, flüsterte sie. Sie hockte sich neben dem Bett nieder und berührte vorsichtig seine Hand. Eiskalt. Lebte er überhaupt noch? Aber die dünne Decke hob und senkte sich in langen Abständen mit seinem flachen Atem.
    Etwas beherzter sagte sie erneut: »Eure Magnifizenz? Ich bin es, Elidar.«
    Er seufzte und wandte ihr das Gesicht zu. Seine Augen lagen so tief in ihren Höhlen, dass sie nicht sehen konnte, ob er sie geöffnet hatte. »Elidar«, hörte sie ihn flüstern.
    »Magnifizenz, ich möchte Euch helfen«, sagte sie, überrascht über ihre eigenen Worte. Sie nahm seine Hand zwischen beide Hände und fixierte die dunklen Schatten, die seine Augen ihrem Blick verbargen.
    »Helfen«, meinte sie ihn flüstern zu hören, und es klang hoffnungslos.
    Sie leerte ihren Geist und berührte sacht das Feuer. Es fühlte sich fremd an, und sie musste an sich halten, nicht ängstlich zurückzuweichen. Sie zwang sich, der lodernden Flamme entgegenzutreten. »Gehorche«, befahl sie lautlos.
    Das Feuer flammte hoch auf, und sie spürte, wie es sie zu versengen drohte. Sie wich keine Haaresbreite zurück, sondern wiederholte gebieterisch: »Gehorche mir, Flamme. Ich bin die junge Königin, höre meine Stimme!«
    Das Feuer zischte und brüllte wie ein wildes Tier. Es umschloss sie von allen Seiten und sie glaubte, ihr verglühendes Haar und verkohlendes Fleisch zu riechen. Aber sie wiederholte nur noch strenger: »Gehorche mir, gehorche der Mutterkönigin!« – und die sengenden Flammen neigten sich, sanken herab, und das tobende, brüllende Feuer beugte sich ihrem Willen so gehorsam, wie ein Hündchen sich zu Füßen seines Herrn legt.
    »Puh«, machte Elidar höchst unzeremoniell und erleichtert. Sie öffnete die Augen, die sie unwillkürlich geschlossen hatte. Die blicklosen Augenhöhlen waren immer noch auf sie gerichtet.
    »Puh?«, hörte sie Sturm wispern, und dann erklang ein geisterdünnes Lachen. »Was ist das denn für eine Beschwörung?«
    Elidar lächelte. »Ich bin unvorbereitet hier angekommen«, erklärte sie. »Aber ich habe nicht damit gerechnet, dass Bär mich empfangen würde.«
    »Bär«, sagte Sturm. »Ach, Bär. Es wundert mich …«, er sprach nicht weiter. Elidar erkannte an seinem schwerer werdenden Atem, wie sehr es ihn anstrengte, mit ihr zu reden.
    »Still«, sagte

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