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Elidar (German Edition)

Elidar (German Edition)

Titel: Elidar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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wird dir Glück bringen und Unheil abwehren.«
    Das Mädchen nestelte den Anhänger hervor und schielte darauf herab. Ein Lächeln glitt über sein Gesicht. »Wie schön«, sagte sie atemlos. »Ein Drache?«
    »Ein Drache«, bestätigte Elidar. Ihr Herz war schwer.
    Das Mädchen hob den Blick und sah sie zum ersten Mal richtig an. »Danke«, sagte sie. Dann zögerte sie und setzte hinzu: »Tajo. Tajbanu, eigentlich.«
    »Tajo«, wiederholte Elidar. Sie hob die Hand und legte sie kurz auf den Kopf des Mädchens. »Geh mit dem Segen der Götter, Tajbanu, Tochter der Drachen.«
    Dann öffnete Elidar mit einem Gedanken die Tür. »Komm vorbei, sooft du magst«, rief sie ihr hinterher, dann schlug die Haustür zu. Elidar stützte das Kinn in die Hand.
    »Er ist weg«, sagte Sao-Tan, der lautlos herangekommen war.
    »Sie ist weg«, bestätigte Elidar. Die Augen des Leibwächters weiteten sich kurz. Dann nickte er. »Das hat dich gestört! Ist sie - wie du?«
    »Ich weiß es nicht. Vielleicht.« Elidar erhob sich und streifte den Mantel ab. »Morgen werde ich den Alten Drachen aufsuchen, ich habe es lange genug vor mir hergeschoben.«
    »Morgen«, wiederholte Sao-Tan. »Nun iss etwas. Du brauchst deine Kraft zuerst für heute Nacht.«
    Elidar zog es jedoch vor, zu fasten. Sie saß im Schneidersitz auf dem Dach des Hauses und sah, wie der Mond sich über die Dächer erhob. Sein Licht war kalt, und sie fröstelte trotz der drückenden Hitze, die nach einem langen Sonnentag immer noch herrschte.
    »Königin«, dachte sie. »Königin, ich bitte dich um eins: Lass mich heute Nacht ganz und gar ich sein. Lass mich sein, wie ich bin. Ich habe Angst um ihn.«
    Die Drachenkraft hob ihren Kopf und züngelte. Angst um ihn? Willst du mir sagen, dass er tapferer ist als du? Er ist der Gefährte seiner Göttin.
    »Daran glaubt er.« Der Gedanke schmeckte bitterer als Cha'fai.
    Ich soll dich also lassen, wie du bist. Ganz und gar du selbst. Der Gedanke schien die Drachenkönigin zu amüsieren.
    »Ich bitte dich darum.«
    Sie erhielt keine Antwort. Mit einem tiefen Atemzug öffnete sie weit ihre Augen und fixierte den vollen Mond. Sein Licht floss über ihre Haut und färbte sie silbern wie Eis und Wasser. Sie spürte dem Feuer in ihrem Inneren nach. Seit einigen Mondwechseln veränderte es sich. Seine Flammen verblassten und es brannte weniger heiß. Zuerst hatte sie befürchtet, dass ihr Feuer verlösche. Aber dann erkannte sie, dass es immer noch genauso stark und kräftig brannte wie zuvor. Nein, es loderte sogar heftiger als noch vor einem Equil. Dennoch gaben die Flammen kaum mehr Hitze ab und schienen wie Eiszapfen zu sein. Was auch immer geschah, es schien ihre Kräfte nicht zu mindern.
    Sie hob das Gesicht und die Hände dem Mondlicht entgegen. Ihre Konturen erzitterten und zerflossen.
    »Ich bin bereit«, sagte sie. »Komm zu mir.«
    Obwohl sie nur leise gesprochen hatte, hörte sie wenige Atemzüge später die Leitersprossen quietschen. Der Gefährte kommt.
    Sao-Tans Gestalt erschien ihr wie ein Abbild ihrer selbst. Seine Glieder glänzten wie in flüssiges Silber getaucht. Sie betrachtete ihn genau. Jünger mit jedem Mal, dachte sie. Er wirkt kaum noch älter als seine Tochter. Und dennoch fürchte ich um ihn …
    Er kniete vor ihr nieder und senkte den Kopf. »Euer unwürdiger Diener kniet zu Euren Füßen, Ewige.«
    Elidar unterdrückte ein unwilliges Schnauben. »Sao-Tan«, sagte sie. »Lass das! Steh auf, ich bitte dich.« Sie beugte sich zu ihm, und er griff nach ihr und zog sie lachend an sich.
    »Du Mistkerl«, flüsterte sie atemlos. Er hob sie mühelos hoch. Wieder einmal erstaunte sie die Kraft seiner Glieder und die Zärtlichkeit seiner Berührung.
    Er bettete sie auf die Polster, die noch von der vergangenen Nacht hier lagen. Sein Gesicht und seine Augen schimmerten im hellen Licht der Gestirne. Elidar erwiderte seine Umarmung und vergaß für eine unmessbare Zeit all ihre Befürchtungen.
    Der Mond stieg am Himmel empor und wurde kleiner und heller. Sein Licht badete ihre Körper und kühlte die Hitze. Sie umklammerte Sao-Tans Leib mit geschlossenen Augen und genoss das Gefühl, sich an der Grenze zwischen Hitze und Kälte aufzulösen und zu verlieren. Sie grub ihre Finger in seinen Rücken. Da stöhnte er auf, tief und von Schmerz erfüllt. Elidar öffnete die Augen und blickte entsetzt in sein Gesicht, das sich in Agonie verzerrte. Sie sah scharf und kalt, die Nachtluft strich nicht länger über schweißbedeckte

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