Elidar (German Edition)
Staub machst?« Khevs waren wertvoll, und Rui war ein gerissener alter Händler, dem so ein leichtsinniges Verhalten alles andere als ähnlich sah.
Elidar sah ihn unschuldig an. »Er hat mein Bündel als Pfand«, sagte sie.
Luca verschluckte sich. Hustend sagte er: »Na, dann ist ja alles gut. Dein Bündel als Pfand. Ich fasse es nicht!«
Sie grinste. Luca nahm ihre Hand. »Ich hatte mich schon fast damit abgefunden, dass wir uns nicht mehr voneinander verabschieden können«, sagte er. »Ich bin froh, dass du zurückgekommen bist!«
Elidar erwiderte den Druck seiner Finger. »Ich werde dich vermissen«, sagte sie leise. »Willst du wirklich hierbleiben?«
Luca nickte. »Ich habe schon eine neue Beschäftigung«, sagte er. »Der Alte Drache braucht einen menschlichen Laufburschen.«
Elidar gluckste und sah zum Morgenhimmel, an dem sich das zarte Licht der aufgehenden Sonne zeigte. »Ich muss gleich wieder los«, sagte sie und stand auf. »Leb wohl, Luca. Wir sehen uns bestimmt eines Tages wieder.«
Luca erhob sich ebenfalls und umarmte sie ungeschickt. »Das werden wir«, sagte er. »Pass auf dich auf. Cathreta ist etwas anderes als Kayvan. Lass dich nicht …« Verführen? Verderben? Ins Unglück locken? Er schluckte alles hinunter. »Du wirst deinen Weg machen, das weiß ich«, sagte er. »Lern ganz schnell schreiben. Dann kannst du Rui ab und zu einen Brief für mich mitgeben.«
Elidar nickte stumm und schluckte. Sie umarmte ihn fest und wischte sich im Abwenden die Augen. »Leb wohl«, rief sie noch einmal, während sie auf den Rücken der Echse stieg. Sie winkte, zischte »Hoassss« und schon war sie in einer Staubwolke verschwunden.
Luca saß noch bis zum zweiten Ruf auf der Bank, lauschte den Kommandos, die vom Hof des Serails schollen und blickte die leere Straße entlang. Dann erhob er sich, denn sein Magen knurrte. Rührung war ja gut und schön, aber ein Frühstück hatte er jetzt noch weitaus nötiger.
Zweites Buch
11
D as nannte man also »Frühling« in Ledon. Elidar bewegte unbehaglich die Zehen in den ungewohnt festen Schuhen und blickte zu all der Feuchtigkeit empor, die vom bleigrauen Himmel auf sie herabfiel. Schneematsch. Auch so ein Wort, das sie hier gelernt hatte. Graupelschauer. Nieselregen. Oh, wie sehr vermisste sie die gleißende Sonne von Kayvan!
Sie schauderte. Ihr war kalt. Seit sie hier angekommen war, an diesem grauen, nassen Tag gegen Winterende, fror sie ununterbrochen. Frierend stand sie auf, schlotternd erledigte sie die Arbeiten, die ihr aufgetragen wurden, mit Gänsehaut am ganzen Körper legte sie sich abends schlafen, um dann die ganze Nacht mit eiskalten Füßen vor sich hinzuzittern.
Sie hätte mit Rui weiterreisen können, statt hier im grauen Cathreta an Frostbeulen zu sterben. Er hatte es ihr angeboten. »Du kannst meine Khevs vorführen«, hatte er gesagt. »Ich brauche immer gute Reiter, und du bist der beste, der mir je begegnet ist.«
Sein Angebot war verlockend gewesen und hatte sie ernstlich in Versuchung geführt. Sie könnte die Welt sehen, große Märkte, fremde Städte und Menschen aus allen Ecken des Imperiums kennen lernen.
Aber dann waren sie in Cathreta angekommen, und beim Entladen der Karren fiel ihr ein vornehm aussehender Mann in einer düsteren Robe mit weiter Kapuze auf. Seine Hände zierten schwere Ringe mit funkelnden Steinen, er trug einen schwarzen, silberbeschlagenen Stock in der Hand. Sein Begleiter, ein sommersprossiger Jüngling mit feuerrotem Haar und wichtiger Miene, scheuchte diejenigen aus dem Weg, die seinem Herrn keinen Platz machten, während der Düstere schweigend und in Gedanken versunken über die Straße wandelte, ohne das Treiben um sich herum wahrzunehmen.
Elidar sah ihm fasziniert nach. »Wer ist das?«, fragte sie Silma, Ruis ältesten Gehilfen.
»Einer vom Spinnenorden«, sagte der und spuckte aus – aber erst, nachdem er sich vergewissert hatte, dass der Düstere ihn nicht sah.
»Spinnenorden?«, fragte Elidar. »Was ist das?«
»Magier«, erwiderte Silma lakonisch und wuchtete eine große Kiste auf seine Schulter. »Halt dich fern von ihnen.« Er verschwand im Hintereingang des Gasthauses.
Ein Zauberer. Elidar musste sich zügeln, um dem Magier nicht mit offenem Mund hinterherzulaufen. Die Aufregung kribbelte in ihrem Magen. Ein Orden, das bedeutete, es gab viele Zauberer hier. Sie musste sie unbedingt finden.
Ruis Karawane reiste wenige Tage später ohne sie weiter, und Elidar machte sich auf, die
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