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Elina Wiik - 02 - Sing wie ein Vogel

Elina Wiik - 02 - Sing wie ein Vogel

Titel: Elina Wiik - 02 - Sing wie ein Vogel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kanger
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und war natürlich betrunken, als sie ging.«
    »Könnte sie nicht von dort zu Åkesson gefahren sein und ihn erschossen haben?«, meinte Kärnlund. »Wir haben ja keinen exakten Zeitpunkt.«
    »Schwer vorstellbar, dass sie das geschafft hat«, sagte John Rosén. »Betrunken, wie sie war.«
    »Und die andere Tochter?«, fragte Kärnlund. »Wie steht’s um deren Finanzen?«
    »Sie ist Diplomkauffrau und hat ein anständiges Gehalt«, antwortete John Rosén. »Ihr Mann ist Beamter beim Landtag und verdient ebenfalls gut. Sie haben keine Kinder und keine Schulden. Nichts deutet darauf hin, dass sie ihren Vater des Geldes wegen ermordet haben könnte. Für den Abend hat sie zwar kein Alibi und daher können wir sie als Täterin natürlich nicht ausschließen. Aber die Vernehmungen haben bis jetzt nichts erbracht, was in diese Richtung weist.«
    »Okay«, sagte Kärnlund. »Das dritte klassische Motiv also: Alkohol und Drogen.«
    »Im Haus gab es eine halb volle Whiskyflasche und zwei Flaschen Bier«, sagte Elina Wiik. »Natürlich keine Drogen. Keine Benzondiazepine im Medizinschrank. Rezeptfreie Schlaftabletten sind das Einzige, was wir gefunden haben.«
    »Ging vorsichtig mit Alkohol um, trank nur Mineralwasser bei Empfängen, das ist das Bild, das alle von ihm zeichnen«, berichtete Erik Enquist. »So ist er immer gewesen, erklären alle, mit denen wir gesprochen haben. Einer der Befragten meinte, das sei recht ungewöhnlich in der Partei. Åkesson war kein Antialkoholiker, aber gegen die herrschende Alkoholkultur.«
    »So ungewöhnlich allein war er mit seiner Einstellung vermutlich nicht«, wandte Elina ein. »Auch innerhalb der Partei gab es schon immer eine starke Bewegung gegen den Missbrauch von Alkohol.«
    Sie dachte an ihren Vater, der nie Schnaps getrunken hatte.
    »Ich glaube, das Ungewöhnliche war, dass er gegen die Trinkgewohnheiten Stellung bezog, ohne selber Antialkoholiker zu sein«, sagte Enquist.
    »Politik«, sagte Oskar Kärnlund. »Kein gewöhnliches Mordmotiv. Aber Åkesson war auch kein gewöhnlicher Mann.«
    Erik Enquist hob die Hand, als wollte er vom Lehrer aufgerufen werden.
    »Ich hab den früheren Parteiführer Ingvar Carlsson erreicht. Am Telefon. Zunächst hat er Wiljam Åkessons politische Taten gepriesen; er hat gesagt, dass es Menschen wie Åkesson waren, die das Land aufgebaut haben. Ich habe ihn direkt gefragt, ob er Åkesson 1988 gebeten hat, nicht für die Reichstagswahl zu kandidieren. Jetzt zitiere ich seine Antwort wörtlich: ›Daran habe ich keine Erinnerung‹.«
    »Das hat er gesagt?«, fragte John Rosén.
    »Ich sag doch, ich habe ihn wörtlich zitiert.«
    »Das ist typisch für Politiker«, sagte John Rosén. »Wenn wir sagen, dass wir uns nicht erinnern können, dann können wir es wirklich nicht. Aber wenn Politiker behaupten, dass sie keine Erinnerung an etwas Bestimmtes haben, dann erinnern sie sich, wollen es aber nicht sagen. Erinnerungen kann man verlieren, ungefähr so wie Gegenstände. Wie etwas, das gewissermaßen unabhängig ist von bewussten Funktionen. Das drücken sie eigentlich damit aus. Wenn die Wahrheit doch ans Licht kommt, strengen sie sich manchmal an und finden ihre verlorene Erinnerung plötzlich wieder. Und niemand kann sie beschuldigen, vorher gelogen zu haben.«
    »Erstaunlich, was du alles weißt«, sagte Oskar Kärnlund. »Könnte es aber nicht auch so sein, dass es eine Floskel ist?«
    »Dann ist es Gewohnheit«, sagte John Rosén.
    »Darf ich fortfahren?«, fragte Erik Enquist. »Oder wollt ihr lieber über die Sprachgewohnheiten der Politiker philosophieren?«
    Kärnlund machte eine Handbewegung, mit der er Enquist wieder das Wort erteilte.
    »Ich habe Ingvar Carlsson gefragt, warum ein so erfolgreicher Politiker wie Åkesson nicht für den Reichstag kandidiert hat, sein Name war 1988 ja nachweislich in aller Munde. Carlsson antwortete, danach müsse man seine Parteigenossen in Västmanland fragen, vermutete jedoch, dass es mit verschiedenen Faktoren zusammenhängen könnte. Åkesson wurde in Västerås gebraucht, man musste auf die Verteilung der Listenplätze Rücksicht nehmen, auf die Wünsche der Gewerkschaften und der anderen Parteiorganisationen. Außerdem war es eine Zeit, in der die Partei die Frauenquote im Reichstag verstärken wollte. Da ging es immer um schwierige Entscheidungen, sagt er.«
    »Die Erklärung klingt plausibel«, bemerkte Henrik Svalberg.
    Elina überlegte, ob sie erzählen sollte, was ihr Vater über die

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