Elina Wiik - 02 - Sing wie ein Vogel
Schuhmarke herauszubekommen, aber so weit sind wir noch nicht. Dann werden wir überprüfen, welche Läden diese Marke verkaufen.«
Elina schaute unbewusst auf ihre Füße. Sie hatte Schuhgröße 39. Ihr Blick glitt weiter zu Tallberg, der vor ihr stand.
»Größe 52«, sagte er, als er ihren Blick auffing. »Müssen spezialangefertigt werden.«
»Die Befragung der Nachbarn hat leider überhaupt nichts ergeben«, fuhr er fort. »Niemand hat etwas gesehen. Und niemand ist ins Haus eingebrochen, die Haustür war unverschlossen. Wir gehen also davon aus, dass der Mörder geklingelt hat und eingelassen wurde oder sich den Zutritt mit der Waffe erzwungen hat. Oder dass die Tür unverschlossen war und er einfach hineinspazieren konnte. Natürlich haben wir die Angehörigen und ihre eventuellen Motive überprüft, haben aber nichts Besonderes gefunden, bis jetzt jedenfalls nicht. Nicht mehr, als dass sie Bergenstrand beerben werden. Doch seitdem ich weiß, dass Åkesson in Västerås mit derselben Waffe erschossen wurde, glaube ich noch weniger daran, dass Bergenstrand von einem seiner Verwandten umgebracht wurde.«
»Auf der Fahrt haben wir darüber gesprochen, welche Verbindung zwischen Bergenstrand und Åkesson bestehen könnte«, sagte Rosén. »Uns ist nichts eingefallen. Weißt du etwas?«
»Nein«, sagte Tallberg. »Nichts. Das ein und dieselbe Waffe benutzt wurde, haben wir erst gestern erfahren; wir hatten also noch keine Zeit zum Nachfragen. Ich dachte, das ist etwas, worauf du und Elina …«
»Wiik«, sagte Elina.
»Danke«, sagte Tallberg. »Etwas, worauf ihr beiden euch konzentrieren könntet.«
Zehn Minuten später waren sie in John Roséns BMW auf dem Weg zu Bergenstrands Haus. Elina saß hinter Rosén, Tallberg auf dem Beifahrersitz, und obwohl dieser, so weit wie es nur ging, zurückgeschoben war, musste Tallberg die Knie schräg halten.
Elina kam plötzlich ein Gedanke.
Vielleicht etwas gewagt, dachte sie. Aber wenn es sich als wahr herausstellt …
Das würde sie als Erstes herauszufinden versuchen, wenn sie ankamen.
»Birgitta Bergenstrand ist nicht zu Hause«, sagte Tallberg. »Sie hat es nicht allein ausgehalten und ist zu ihrer Schwester nach Jönköping gefahren. Das war uns nur recht, die Spurensicherung war mehrere Tage im Haus beschäftigt.«
»Was hatte sie zu sagen?«, fragte Elina.
»Nicht viel«, antwortete Tallberg seufzend. »So einen schockierten Menschen habe ich selten gesehen. Es dauerte vierundzwanzig Stunden, ehe wir ein vernünftiges Wort aus ihr herausbekamen. Sie verstand nichts, wusste nichts und konnte nicht begreifen, dass jemand ihrem Mann übel wollte. Die Verhöre haben bis jetzt nicht das Geringste ergeben. Aber sie scheint sich inzwischen ein wenig gefasst zu haben.«
»Hatte er Kinder?«, fragte Rosén.
»Fünf aus zwei früheren Ehen«, erwiderte Tallberg. »Vier Jungen und ein Mädchen, im Alter von vierzehn bis sechsundvierzig. Mit Birgitta hatte er keine Kinder.«
»Wie viele Kinder hatte er mit der ersten Frau und wie viele mit der zweiten?«, fragte Rosén.
»Vier mit Nummer eins und eins mit Nummer zwei«, sagte Tallberg.
»Welche?«, fragte Rosén.
»Die Jungen mit der ersten und das Mädchen mit der zweiten.«
Rosén fuhr schweigend weiter. Elina sagte nichts.
»Der zweite Sohn heißt Håkan«, fuhr Tallberg fort, »und ist dreiundvierzig Jahre alt. Das schwarze Schaf der Familie. Hat in der Jugend Rauschgift genommen, jetzt nimmt er Drogen verschiedener Art und säuft wie ein Loch. Für ihn ist das Erbe natürlich wichtiger als für die anderen. Aber warum hätte er Wiljam Åkesson umbringen sollen? In Västerås? Außerdem noch vor dem lieben Papa?«
»Darüber müsste man nachdenken«, sagte Rosén.
Elina beugte sich vor und legte die Ellenbogen auf die Rückenlehne des Vordersitzes.
»Elisabeth Åkesson, also Åkessons Tochter hat auch schwere Alkoholprobleme. Vielleicht sollten wir überprüfen, ob sie einander kennen.«
»Ja«, sagte Rosén, »nur ein bisschen weit hergeholt. Aber Alkohol ist ein starkes Motiv.«
Er parkte das Auto vor Bergenstrands Haus. Es war groß, weiß geklinkert und in einem unbestimmbaren englischen Stil erbaut.
Nicht sehr geschmackvoll, dachte Elina.
Tallberg öffnete die Tür. Er hatte einen Schlüssel. Im Wohnzimmer standen gepolsterte Ledergarnituren und dunkle Bücherschränke aus Holz. In der einen Ecke gab es eine Bartheke.
»Da findet ihr alles«, sagte Tallberg.
»Eine Frage«, sagte Elina.
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