Elina Wiik - 02 - Sing wie ein Vogel
sollten.
Rosén trug einen Nadelstreifenanzug. Mit schwarzem Schlips.
»Immer gut gekleidet«, kommentierte Elina.
»Ergebensten Dank«, antwortete er. »Und du bist sehr schick.«
Jetzt saßen sie in seinem Zimmer. Elina schlug ein Bein über das andere. Der Rock erschien ihr ein wenig zu kurz, wenn sie ihn nicht ordentlich herunterzog.
»Hm, ja«, sagte sie.
»Genau«, sagte er.
»Womit fangen wir an?«
»Das meiste haben wir schon am Telefon besprochen. Die wichtigsten Ergebnisse müssen wir aber noch abwarten. Die Informationen vom Geheimdienst und vom Nachrichtendienst. Und was der Kollege in Luleå bei den alten Kommunisten über das Gemälde in Erfahrung bringt.«
»Ist es dir gelungen, eine Namensliste der kommunistischen Parteimitglieder zu bekommen?«
»Keine komplette. Aber ich habe einige gefunden, die damals aktiv waren und immer noch aktiv sind. Als Polizist habe ich mich mit meinen Fragen nach den Kommunisten natürlich nicht gerade beliebt gemacht, das ist ja klar. ›Wir sind gebrannte Kinder‹, wie einer es ausdrückte. Der Kalte Krieg sitzt ihnen immer noch wie eine eiserne Faust im Nacken. Und jemand kam auch auf die Ereignisse beim EU-Gipfel letztes Jahr in Göteborg zu sprechen. Behauptete, die Polizei fange wieder mit Meinungsregistrierung an. Aber von einigen Leuten habe ich dann doch die Namen bekommen. Anschließend bin ich ins Stadtarchiv von Luleå gegangen und habe die Wahlzettel der Kommunalwahl von 1962 herausgesucht. Auch bin ich die Nordlichtflamme vom Frühling desselben Jahres durchgegangen und habe die Namen einiger Leute notiert, die im Zusammenhang mit der Partei genannt werden. Der Kollege hat von mir eine komplette Zusammenstellung bekommen.«
»Waren ›son‹ Namen darunter?«
»Viele.«
»Ich überlege, ob ich mit jemandem von der anderen Seite sprechen sollte. Mit einem von den Vorsitzenden der FNL-Gruppe, über die Åkesson, wenn er es denn war, 1972 berichtet hat.«
»Was sollte das bringen?«
»Bestenfalls Informationen über Åkesson. Er hat sie kontrolliert und sie haben vielleicht ihn kontrolliert. Vielleicht wissen die was von ihm, was seine Parteigenossen nicht wissen. Auf jeden Fall könnte es mir helfen, die Verhältnisse besser zu verstehen und mir ein Bild von der damaligen Zeit zu machen.«
Sie legte eine Kopie des Berichts über die FNL-Gruppe von Västerås auf den Tisch.
»Er war ja so nett, uns mit einigen Namen zu versorgen. Ich habe sie heute Morgen in den Computer eingegeben. Und nun will ich dir was verraten.«
»Was?«
Elina zeigte auf einen Namen.
»Agnes Eriksson, Mitglied im Vorsitz. Was glaubst du, wer das ist?«
»Ich weiß es nicht, aber ich bin sicher, dass du mich gleich aufklären wirst.«
»Agnes Khaled. Wiljam Åkessons Nachbarin. Svalberg hat sie verhört. Die Journalistin, die meinte, den Zeitpunkt des Mordes zu kennen.«
»Die Weit ist klein«, philosophierte Rosén.
Elina sah die Frau erstaunt an, die ihr am Empfang der Länstidningen in der Slottsgatan entgegenkam. Agnes Khaled hob die Augenbrauen. Elina wusste, dass sie sich fragte, ob irgendetwas nicht stimmte.
»Entschuldigung«, sagte sie, »ich war nur etwas verblüfft, als ich Sie sah.«
»Warum?«
»Ich hatte eine Frau in den Fünfzigern erwartet. Aber Sie scheinen nicht älter als fünfunddreißig zu sein. Höchstens vierzig.«
Agnes Khaled lachte.
»Gute Verhörtechnik«, sagte sie. »Eins zu Null für Sie. Aber ich bin tatsächlich neunundvierzig. Und das Aussehen? Mashallah. «
»Jetzt hab ich Sie nicht ganz verstanden.«
»Zum Glück. Ein muslimisches Sprichwort. Es bedeutet, dass man sich nichts einbilden soll. Wollen wir raufgehen?«
Obwohl schon so manches über Elina in dieser Zeitung gestanden hatte, war sie noch nie in dem Verlagsgebäude gewesen. Agnes Khaled führte sie in eine weitläufige Bürolandschaft mit dunklem Holzboden. Alles wirkte sehr geschmackvoll und Elina wunderte sich über die gedämpfte Geräuschkulisse. Jeder arbeitete für sich und die meisten starrten stumm auf ihren Bildschirm.
»Wir können uns in eins der Besprechungszimmer setzen«, sagte Agnes Khaled.
Sie gingen in einen kleineren Raum mit Stahlrohrstühlen. Agnes Khaled zündete sich eine Zigarette an.
»Hier darf man eigentlich nicht rauchen«, sagte sie. »Aber ich tu’s trotzdem. Ist das okay? Kein Asthma? Was wollten Sie mich fragen?«
»Schauen Sie sich bitte mal das hier an«, bat Elina und schob ihr den Bericht über den Tisch.
Agnes Khaled
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