Elina Wiik - 02 - Sing wie ein Vogel
detaillierter zu werden.
Als sie fertig war, rollte sie mit ihrem Stuhl zurück und schaute auf den Bildschirm.
Zu welchen neuen Fragen führt das?, fragte sie sich.
Sie rollte wieder an den Schreibtisch heran und hämmerte rasch auf die Tastatur.
»Waren Åkesson und Bergenstrand Spione?«
»Warum hat sich der schwedische Nachrichtendienst für eine Skizze vom Hafen interessiert?«
»Was bedeuten 193, 141 und 252?«
»Wer ist in dem Fall 252?«
Ihr wurde klar, dass sie auf die ersten beiden Fragen nicht selbst antworten konnte. Ihr Wissen reichte dazu nicht aus. Sie würde die Sache zuerst mit John diskutieren, dann würden sie nach einem Experten suchen müssen, der die richtigen Schlussfolgerungen aus den beiden Berichten ziehen konnte.
Doch die Zahlen ließen ihr keine Ruhe.
Entweder sind sie willkürlich gewählt oder sie sind nach einem System zusammengesetzt, dachte sie. Wenn Ersteres der Fall ist, bringt es uns nicht weiter. Wenn Letzteres zutrifft, dann enthalten sie Informationen, die uns helfen könnten, 252 zu finden.
Sie starrte auf die Zahlen, als wollte sie sie auffordern, mit ihr zu sprechen.
Vielleicht ist es nur eine Art Anstellungsnummer? Spion 141 wurde vor 193 geworben, der vor 252 angefangen hat. Oder gehörten sie einer gemeinsamen Gruppe an? Aber die Ziffern hatten keinen logischen Zusammenhang.
Nachdem sie sich zwanzig Minuten lang das Hirn zermartert hatte, schaltete sie den Computer aus.
Jemand muss sich die Sache mit unbefangenem Blick ansehen, dachte sie. Jemand, der nicht in den Details des Falles steckt.
Sie hob den Telefonhörer ab und rief Kjell Stensson an. Er war so etwas wie ihr Mentor gewesen, als sie vor fünf Jahren zur Ermittlerin bei der Kripo aufrückte. Im letzten Jahr hatte er versucht, sie für das Rauschgiftdezernat abzuwerben, das er leitete. Das war, kurz bevor man ihr den ersten Mordfall übertrug. Sie hatte abgelehnt, sich jedoch über sein Interesse gefreut. Für sie war es eine Art Vertrauensbeweis gewesen.
»Kjell, hier ist Elina. Könntest du dir mal was ansehen? Etwas, woraus ich nicht schlau werde.«
»Komm nur.«
Sie musste sich durch eine Reihe Kodeschlösser drücken, ehe sie in seinen Korridor und in sein Büro gelangte. Es war überhaupt nicht verwunderlich, dass er gerade aufstand, als sie hereinkam. Er schien immer irgendwohin unterwegs zu sein.
»Inspektor Wiik«, sagte er grinsend, »hab ich dir überhaupt schon richtig gratuliert? Jetzt hast du den gleichen Rang wie ich.«
»Warum bist du nie Kommissar geworden?«, fragte sie.
»Die Frage habe ich mir auch schon gestellt. Aber ich habe keine Antwort darauf. Vielleicht wissen es die da oben. Ich bin ja nicht gerade beliebt. Du brauchst meine Hilfe?«
»Gib mir mal was zu schreiben!«
Stensson wühlte in seiner Schreibtischschublade und gab ihr einen blauen Kugelschreiber, mit dem sie die drei Zahlenkombinationen auf ein Stück Papier schrieb.
»Das sind Kodes für drei verschiedene Agenten beim militärischen Nachrichtendienst. 193 steht für Wiljam Åkesson …«
»Wie bitte, was hast du gesagt?«
»193 ist Åkesson.«
»Der soll Agent gewesen sein?«
»Er hat dem Nachrichtendienst 1972 über Vietnam berichtet.«
»›Man muss sich eine Menge anhören, ehe einem die Ohren abfallen‹, wie Vincent van Gogh zu sagen pflegte.«
»Lass mich mal weiterreden. 141 ist Erland Bergenstrand, der in Göteborg ermordet wurde. Er hat ebenfalls als schwedischer Spion in Vietnam agiert. 252 ist ein Unbekannter … uns allen unbekannt. Das Einzige, was wir wissen, ist, dass er die anderen beiden vor vierzig Jahren in Luleå gekannt hat. Erkennst du ein Muster in den Ziffern? Etwas, das uns helfen könnte, 252 zu identifizieren?«
Kjell Stensson nahm das Blatt in die Hand und starrte schweigend darauf.
»193 ist also Åkesson? Und 141 ist Bergenstrand aus Göteborg. Und 252 war in Luleå. Und alle miteinander sind bei irgendeinem Nachrichtendienst gewesen?«
»Genau.«
»Das ist doch kinderleicht.«
»Das finde ich überhaupt nicht! Sonst wäre ich ja nicht hier. Aber was meinst du?«
Elina fiel es schwer, ihre Ungeduld zu verbergen.
»Was kriege ich, wenn ich es sage?«
»Du kriegst ein blaues Auge, wenn du es nicht sagst.«
Kjell Stensson wendete das Blatt Papier demonstrativ hin und her.
»Hmmmm«, machte er.
»Bald kriegst du wirklich ein blaues Auge. Und das tut weh. Ich habe den schwarzen Gürtel, wie du weißt. Also raus mit deiner Theorie.«
»Die beiden ersten Ziffern
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