Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elina Wiik - 02 - Sing wie ein Vogel

Elina Wiik - 02 - Sing wie ein Vogel

Titel: Elina Wiik - 02 - Sing wie ein Vogel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kanger
Vom Netzwerk:
wurde von mir erwartet. Aus Stockholm kamen Leute von der Partei und fragten mich, wer Kommunist sei und auf wen man sich verlassen könne. Sie fragten, was meine Kollegen machten, erkundigten sich nach ihren Familienverhältnissen, wollten wissen ob sie tranken oder andere Probleme hatten und mit wem sie verkehrten. Später wurde mir klar, dass sie ein Register angelegt hatten, aber nicht bei der Parteiführung, sondern beim IB. Weißt du, was das IB war?«
    »Das Informationsbüro des militärischen Nachrichtendienstes. Inzwischen weiß ich, wie es funktioniert. Was ist mit denen passiert, über die du … Bericht erstattet hast?«
    »In den meisten Fällen gar nichts. Doch einige bekamen Probleme, wenn sie die Arbeitsstelle wechseln wollten. Ob das mit den Informationen zusammenhing oder mit etwas anderem, weiß ich nicht. Mir kam es hauptsächlich darauf an, den Gewerkschaftsvorstand von Kommunisten freizuhalten.«
    »Selbst wenn sie gut waren?«
    »Wir hielten sie für Befürworter der Diktatur. Aber heute schäme ich mich dafür. Es waren ja Arbeitskollegen.«
    Elina atmete tief durch.
    »Es waren viele, die sich daran beteiligten, für einen guten Zweck, wie wir meinten«, sagte Botwid Wiik. »Auch der beste Mensch kann in etwas Schändliches hineingezogen werden. Dann siegt der Idealismus und man vergisst die Moral.«
    »Und kümmert sich einen Dreck darum, was dem Einzelnen zustößt. In einer anderen Gesellschaftsform wärst vielleicht du das Opfer gewesen.«
    Ihre Ton war jetzt bedeutend schärfer.
    »Du hast Recht, Elina. Aber urteile nicht zu hart über mich. Außerdem ist es lange her. Wer ist ohne Schuld? Der werfe den ersten Stein.«
    »Du hättest mir das erzählen sollen. Es hätte mir vielleicht bei meinen Ermittlungen weitergeholfen.«
    »Ja, aber die Scham ist wie ein dunkler Fleck auf meinem Herzen.«
    Eine Weile saß er schweigend da, seine großen Hände lagen jetzt regungslos auf dem Tisch. Elina sah, dass er Tränen in den Augen hatte. Sie konnte sich nicht erinnern, ihren Vater je weinen gesehen zu haben, und beugte sich vor, um seine Wange zu streicheln.
    »Ich wusste gar nicht, dass du ein Poet bist«, sagte sie lächelnd.
    Sie stand auf, ging in die Küche und stellte die Kaffeetassen zurück in den Schrank, um ihm die Möglichkeit zu geben, sich zu fassen. Dann setzte sie sich wieder zu ihm und sah ihm direkt in die Augen.
    »Jetzt hast du die Chance mir zu erzählen, was du wirklich über Åkesson weißt.«
    »Nicht viel, Elina, nicht viel. Er hat auch Informationen weitergegeben. Ich weiß es, denn er hat mich nach einem Namen gefragt. Und dabei angedeutet, dass sich andere dafür interessierten. Ich habe ihm nicht gesagt, dass ich wusste, von wem er sprach.«
    Elina saß sehr gerade auf dem Sofa, als müsste sie sich für eine entscheidende Frage wappnen.
    »Papa«, sagte sie, »Åkesson hatte einen Decknamen beim IB. Hattest du auch einen?«
    »Was? Nein, nicht das ich wüsste.«
    Sie atmete ruhig.
    »Warum hatte er einen Decknamen, du aber nicht?«
    »Keine Ahnung. Von so was hab ich noch nie etwas gehört. Hin und wieder kam ein Funktionär nach Luleå und unterhielt sich mit mir. Mehr war es nicht.«
    »Und du hast keine schriftlichen Berichte abgeliefert?«
    »Niemals.«
    »Aber Åkesson hatte einen Decknamen. Wie ist das zu erklären?«
    Elinas Vater stützte das Kinn in die Hand.
    »Kannte er seinen Namen oder wurde er nur in den Papieren so genannt?«
    »Lass mich mal nachdenken. Doch, natürlich kannte er seinen Decknamen. Er hat selbst ein Papier damit unterschrieben. Mit einem Kode.«
    »Ich vermute, dass er enger mit dem IB zusammengearbeitet hat als ich. Mir stellte man nur Fragen und bekam Antworten.«
    »Er war Agent und du warst Informant. Meinst du das so?«
    »Ungefähr so.«
    »Okay. Auch der, den wir jetzt suchen, hatte einen Decknamen. Vielleicht hast du ja eine Vorstellung, wer es sein könnte, wenn ich dir erzähle, wie er vom Militär genannt wurde?«
    »Von Decknamen habe ich, wie gesagt, noch nie etwas gehört. Aber vielleicht weißt du noch was anderes über ihn – oder sie.«
    »Eine Frau? Irgendwie hab ich mir die Person immer als Mann vorgestellt. Und alles, was wir bis jetzt wissen, deutet auch darauf hin. Aber wahrscheinlich könnte es auch eine Frau sein. Auf alle Fälle ist es ein Kommunist mit einem Familiennamen, der auf ›son‹ endet, und an seiner Wohnzimmerwand hing ein Elchgemälde.«
    »Ein Kommunist? Ich hab noch nie gehört, dass ein

Weitere Kostenlose Bücher