Elina Wiik - 02 - Sing wie ein Vogel
Deckname mit 19 anfing. Einen Agenten 191, 192, 193 und so weiter.«
»So könnte es natürlich auch sein. Aber vielleicht spielt das gar keine große Rolle.«
Er verstummte wieder, lehnte sich auf der Couch zurück. Und dachte nach.
»Vielleicht können wir das Problem lösen, indem wir uns informieren, welche Leute aus Norrbotten zu dieser Zeit Vietnam besuchten«, sagte er schließlich. »Wir müssen die Visa überprüfen. Vielleicht gibt es nur einen. Dann ist es 252. Aber warum sollte ein alter Spion die anderen beiden umbringen?«
»Keine Ahnung. Ich kann mir kein Motiv vorstellen.«
Rosén schwieg wieder. Er wirkte äußerst konzentriert.
»Vielleicht denken wir in die falsche Richtung. Diese drei haben sich schon 1962 gekannt, als das Foto aufgenommen wurde. Die Tatsache, dass zwei von ihnen zehn Jahre später nach Vietnam gefahren sind, hat vielleicht gar nicht so viel mit der Sache zu tun. Ihre Gemeinsamkeit besteht darin, dass sie Verbindungen zum militärischen Nachrichtendienst hatten.«
Er erhob sich und begann im Zimmer auf und ab zu gehen.
»Das Bild auf dem Foto … Solveig, die ich in Luleå befragte, sagte, dass es bei einem Kommunisten gehangen hat. Der Fotograf des Bildes ist die uns unbekannte Nummer 252. Das lässt sich aus dem Text auf der Rückseite des Fotos schließen. Er hat seine Kollegen vom Nachrichtendienst fotografiert. Wenn man alles zusammenfügt, müsste 252 also ein Kommunist aus Norrbotten sein, der mit dem militärischen Nachrichtendienst zusammengearbeitet hat. Damals hieß es IB, jedenfalls ist es jetzt als IB bekannt, das Informationsbüro des Nachrichtendienstes.«
»Und?«
»Das IB beschäftigte sich damit, Kommunisten aufzuspüren. Norrbotten war eine Bastion der Kommunisten. Es braucht sich gar nicht um Auslandsspionage gehandelt zu haben, sondern um die Registrierung von Kommunisten.«
»Und 252 war ein Infiltrant der kommunistischen Partei. Das ist die Schlussfolgerung, oder?«
»Ein Infiltrant oder vielleicht auch ein freiwilliger Denunziant, der sich hat anwerben lassen, nachdem er in die Partei eingetreten war.«
»Gab es solche Leute?«
»Warum nicht? Jemand, der den Glauben verloren hatte. In Luleå habe ich Leute getroffen, die waren in der Partei und sind ausgetreten, weil ihnen die Kriecherei vor der Sowjetunion zum Hals raushing. Also es ist immer noch die Frage offen, warum diese Person ihre beiden Kameraden vierzig Jahre später ermordete. Selbst wenn es nicht mit Vietnam zu tun haben sollte.«
Elina schaute John an, der nach wie vor im Zimmer herumwanderte.
»Könnte es nicht noch etwas ganz anderes sein?«, fragte sie.
»Selbstverständlich. Aber wie viele Leute wussten von der Verbindung zwischen Bergenstrand und Åkesson? Vermutlich nur einige wenige oder ein paar ihrer Chefs beim IB. Sollte ein ehemaliger Chef sie jetzt umgebracht haben? Das ist noch unvorstellbarer. Ich glaube, 252 ist der Mörder. Lass uns bei dieser Hypothese bleiben.«
»Aber wir haben doch noch das Gemälde. Und dass er wahrscheinlich einen gewöhnlichen Namen hatte, der auf« son »endete. Wir müssen unbedingt jemanden finden, der das Bild erkennt und sich außerdem an den Namen des Besitzers erinnert.«
»Elina«, sagte John, »es gibt jemanden, mit dem du vielleicht sprechen solltest. Jemanden, den Åkesson in Luleå kannte.«
»Wen meinst du?«
Sie fühlte ein Unbehagen, ohne zu wissen, warum. Johns Art, ihren Namen auszusprechen, klang wie eine Vorwarnung.
»Ich habe erfahren, dass Botwid Wiik 1962 mit ihm verkehrt hat. Das ist doch dein Vater?«
Elinas Herz gefror.
»Ja?«, sagte sie so ungerührt wie möglich. »Das wusste ich nicht.«
»Vielleicht kann er dir was erzählen. Darauf hoffe ich jedenfalls.«
»Was sollte das denn sein?«
»Keine Ahnung. Aber wir sollten mit allen sprechen, die Kontakt zu Åkesson hatten. Vielleicht bringt es etwas.«
Sie merkte, dass er sich um einen neutralen Ton bemühte. Was er wirklich dachte, wusste sie nicht.
»Ich werde ihn bei nächster Gelegenheit fragen.«
Dann stand sie ziemlich abrupt auf und ging in den Flur.
»Ich muss jetzt nach Hause«, sagte sie und versuchte zu lächeln. »Morgen ist auch noch ein Tag.«
30
»Papa!«
Elina war gerade gestolpert und hatte sich das rechte Knie aufgeschürft. Sie sah, dass es blutete, aber es tat nicht weh. Botwid Wiik hob seine Tochter auf. Er warf sie in die Luft, als sei sie federleicht, und lachte. Dann trug er sie über eine Wiese und sie schmiegte sich in
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