Elina Wiik - 02 - Sing wie ein Vogel
Umlauf waren. Die Leute redeten schlecht über ihn.«
»Warum?«
»Daran erinnere ich mich nicht. Aus irgendeinem Grund war er nicht gut angesehen. Anfangs schon, aber später nicht mehr. Davon hab ich was gehört, aber den genauen Grund kenne ich nicht.«
Elina hob einen Finger und beugte sich zu John vor, um anzuzeigen, dass sie eine Frage stellen wollte.
»Hier ist Elina Wiik«, begann sie. »Sind in der Personalabteilung noch Unterlagen über den Mann vorhanden?«
»Über das Einstellungsgespräch und Abrechnungen?«
»Ja, zum Beispiel mit dem Geburtsdatum.«
»So was wird nur zehn Jahre aufbewahrt. Wie es vom Finanzamt vorgeschrieben ist. Die Unterlagen sind also längst weg.«
»Kennen Sie jemanden, der Karl Andersson gekannt hat und der vielleicht weiß, wo er wohnte?«
»Nicht aus dem Stegreif. Aber es muss ja jemanden geben. Andere Parteimitglieder zum Beispiel. Irgendjemand muss sich doch an ihn erinnern.«
»Melden Sie sich bitte, wenn Ihnen noch etwas einfällt«, sagte Rosén. »Und vielen Dank für Ihre Hilfe.«
»Wenn wir eine Adresse hätten, wäre es leicht ihn aufzuspüren«, meinte Elina, als John aufgelegt hatte. »Man bräuchte ihn nur über das Einwohnermeldeamt zu verfolgen.«
»Ich weiß«, antwortete Rosén mit einem Lächeln. »Das hab ich schon auf der Polizeihochschule gelernt.«
»Entschuldige«, sagte Elina. »Aber das ist doch gar nicht so schlecht. Da klingt ja fast schon ein Motiv an. Karl Andersson kriegt plötzlich einen schlechten Ruf. Vielleicht wird darüber geredet, dass er andere denunziert. Er fängt an zu saufen. Und dann schmeißt Bergenstrand ihn raus. Sein geheimer Freund hilft ihm nicht.«
»Und was ist mit Åkesson?«
»Vielleicht bittet er Åkesson um Hilfe, als er entlassen wird. Aber alle kehren ihm den Rücken zu. Was weiß ich? Ganz unwahrscheinlich klingt es jedenfalls nicht.«
»Aber warum hat er dann vierzig Jahre mit der Rache gewartet?«
» Your guess is as good as mine. Irgendwas hat ihn an alte Ungerechtigkeiten erinnert.«
John Rosén rieb sich das Kinn.
»Åkesson ist an dem Tag ermordet worden, als er pensioniert wurde. Über ihn hat viel in der Länstidningen gestanden. Er hatte eine erfolgreiche Karriere hinter sich. Während Karl Anderssons Leben wahrscheinlich zerstört war, verraten von seinen Freunden. So könnte es zusammenhängen. Wir müssen uns beeilen, Karl Andersson zu finden.«
33
Anna Mileva drückte zuerst auf den Klingelknopf. Als niemand öffnete, steckte sie Olavis Schlüssel ins Schloss. Sie trat ein und zog sich im Flur die Schuhe aus. Mit einem Maßband maß sie die Fenster aus und schrieb die Zahlen auf einen Zettel.
Dann ging sie in die Küche.
Dort wusch sie das Geschirr vom Vortag ab und wischte die Spüle aus. Als sie fertig war, musterte sie den Fußboden. Der wirkte ziemlich sauber, aber sie ging trotzdem zum Flurschrank und holte den Staubsauger heraus.
Nach dem Staubsaugen ging sie in die Toilette und füllte einen blauen Eimer mit warmem Wasser. In einer Ecke stand ein Schrubber. Aber es gab keinen Wischlappen. Sie kehrte noch einmal zum Flurschrank zurück und nahm ein altes abgenutztes Handtuch aus dem obersten Fach. Als sie es auseinander faltete, fiel ihr etwas Schwarzes vor die Füße. Sie bückte sich. Es war eine Brieftasche.
Sie ging wieder zurück ins Bad und ließ das verschlissene Handtuch in den Eimer fallen. Dann setzte sie sich auf das neue Ikea-Bett, öffnete die Brieftasche und schaute hinein. Über eine halbe Stunde blieb sie still auf dem Bett sitzen.
»Ich bin heute der Diensthabende«, sagte der Polizist. »Bitte, setzen Sie sich. Worüber möchten Sie mit uns sprechen?«
Anna Mileva reichte ihm die Brieftasche.
»Über diesen Mann.«
Der Polizist öffnete die Brieftasche und sah für einen kurzen Moment hinein. Dann stand er auf.
»Kommen Sie bitte mit«, sagte er.
Schweigend gingen sie in den zweiten Stock des Polizeipräsidiums hinauf. In einem der Korridore klopfte der Polizist an eine Tür und öffnete sie, bevor jemand ›Herein‹ sagte. Henrik Svalberg schaute von seinem Schreibtisch zu den beiden Besuchern auf.
»Die Frau möchte mit dir sprechen«, sagte der Polizist. »Sie hat dies hier mitgebracht.«
Er reichte Svalberg, der aufgestanden war, um Anna Mileva die Hand zu geben, die Brieftasche. Svalberg öffnete sie und bedeutete Anna Mileva sich zu setzen. Dann wählte er eine Kurznummer.
»Erik, kannst du bitte sofort zu mir kommen?«
Kaum eine Minute
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