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Elina Wiik - 03 - Der tote Winkel

Elina Wiik - 03 - Der tote Winkel

Titel: Elina Wiik - 03 - Der tote Winkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kanger
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einiger Entfernung breiter wurde. Hier waren offenes Wasser und dinosaurierähnliche Kräne zu sehen. Sie fuhren ins Zentrum, breite Straßen, große Häuser, und hielten vor einem Gebäude an, das man für den Kulturpalast in der schwedischen Provinz hätte halten können, nur dass es etwas prächtiger und bedeutend mehr heruntergekommen war.
    »Inspektor Lacis erwartet uns«, sagte Kalmanis.
    Er führte Elina in ein Restaurant, dessen Einrichtung komplett rosafarben war mit weißen Tischdecken. Ein Mann um die fünfunddreißig mit gepflegtem Schnurrbart und in grauem Anzug erwartete sie. Ein weiterer Handkuss, das Vorstellungsritual und der Austausch von Höflichkeiten folgten.
    Inspektor Lacis rückte Elina den Stuhl zurecht. Eine Kellnerin in kurzem blauem Rock und rosa Lippenstift servierte. Offenbar war alles vorbestellt. Rinderfilet mit Pilzen und Bratkartoffeln.
    »Sonderlich viele Menschenschmuggler gibt es bei uns nicht«, sagte Inspektor Lacis kauend. »Früher gab es hier einige, aber die sind weggezogen, vermutlich ins Ausland. Ihr Business lohnte sich nicht mehr, nachdem wir die Grenzbewachung verschärft hatten. Da bedienten sie sich vermutlich ihrer alten Kontakte, um Richtung Westen zu ziehen. Nach Europa, so nennt man hier aus irgendeinem Grund die EU. Ich fürchte, wir können nicht viel mehr tun, als Ihnen die Namen und Personenbeschreibungen zu geben.«
    Elina wurde von ihrer Enttäuschung wie von einer Welle erfasst. Das hätte sie auch telefonisch von Västerås aus klären können. Aber die lettische Polizei war bei den einleitenden Kontakten nicht auf Details eingegangen. Sie hatte die Reise gegen einigen Widerstand durchgesetzt, und jetzt würde sie mit leeren Händen nach Hause kommen.
    Nach dem Mittagessen fuhren sie zum Polizeipräsidium im Zentrum von Ventspils. Inspektor Lacis hatte ein Büro im Erdgeschoss, ein kleines Zimmer mit furnierten Schränken. Sie nutzte die Gelegenheit, um ihm ein Stoffabzeichen zu überreichen. Sie war etwas verlegen, weil das Geschenk so schlicht war. Lacis schien sich jedoch zu freuen.
    »Wir wissen die Zusammenarbeit mit der schwedischen Polizei sehr zu schätzen«, sagte er.
    Elina Wiik, die Abgesandte für eine erweiterte polizeiliche Zusammenarbeit an der Ostsee, dachte Elina. Immerhin das kann ich nach meiner Rückkehr zu Hause erzählen.
    Eine Frau mit grüner Brille und toupiertem Haar trat mit einer Aktenmappe ein. Sie legte sie auf den Tisch und verließ das Zimmer sofort wieder.
    »Das ist, was wir haben«, sagte Lacis und öffnete die Mappe. »Die Menschenschmugglerbande in Ventspils bestand aus drei Personen. Einem Ehepaar, Jakob Diederman und seiner Ehefrau Katarina, und, das muss ich leider einräumen, einem Oberstleutnant der Küstenwache. Gregors Nikolajew. Er wurde natürlich vom Dienst suspendiert, nachdem sich der Verdacht gegen ihn bestätigt hatte. Aber es ist uns nicht gelungen, ihn festzunehmen.«
    Lacis schaute aus dem Fenster, als hoffe er, dass dort der Oberstleutnant der Küstenwache auftauchen würde, der ihnen durch die Lappen gegangen war. Lacis’ Miene ließ Elina vermuten, dass man ihn daran gehindert hatte, den Verdächtigen festzunehmen. Sie glaubte jedoch, dass es von ihr, der frisch ernannten Abgesandten der schwedischen Polizei, taktlos gewesen wäre, danach zu fragen.
    Sie beugte sich über die offene Mappe. Jakob Diederman war 1963 geboren. Er war auf einem etwa vier auf fünf Zentimeter großen Schwarz-Weiß-Foto zu sehen und sah durchschnittlich aus. Elina war sich sicher, ihn nicht zu erkennen, falls sie ihm zufällig begegnen würde. Katarina Diederman war Jahrgang 1966 und hatte dunkles, glattes Haar, große Augen und einen schmalen Mund. Sie war leichter wiederzuerkennen.
    Elina schob die Akten des Ehepaars beiseite. Darunter kam das Farbfoto eines Mannes in Uniform zum Vorschein. Oberstleutnant Gregors Nikolajew, geboren 1958.
    So sieht man also aus, wenn Geld wichtiger wird als die Pflicht, dachte Elina.
    Sie betrachtete Gregors Nikolajews Augen, den Blick von Katarina Diederman. Ihr Ehemann Jakob schaute an der Kamera vorbei. Sie überlegte, ob sie wohl fähig waren, einen anderen Menschen umzubringen.
    »Sie haben mehrere Schiffsladungen Flüchtlinge geschmuggelt«, sagte Inspektor Lacis und riss Elina aus ihren Gedanken. »Immer in ausrangierten Booten, Seelenverkäufern, noch aus der Sowjetzeit. Aber seit Herbst 2001 haben wir diese Gestalten nicht mehr gesehen. Ich kann meine Assistentin bitten, Kopien

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