Eliteeinheit Luna-Port
ich also die dichtgestaffelte Front der tausend Mann abgeschritten und eine „kernige“ Ansprache gehalten. Ansonsten war und blieb ich „Triefauge“. Sogar die durchweg jungen Offiziere benutzten dieses üble Wort. Es ging mir böse auf den Nerv der lieben Eitelkeit.
Das Abenteuer mit dem wahnsinnigen Flug hatte sich längst herumgesprochen. Die Burschen der Elitetruppe, ausgesiebt und abgestellt zum Schutz des wichtigsten Mondstützpunktes, grinsten von da an respektvoll. Das war wenigstens mit der grausamen Tortur erreicht worden.
Etwa 48 Stunden nach der Ankunft hatten wir längst unser Quartier bezogen. Ich bewohnte einen kleinen Rundbau aus Plastik. Er lag innerhalb der gigantischen Kuppeln, in denen die gewohnte Erdatmosphäre mit Druck und Temperatur laufend künstlich aufrechterhalten wurde. Hannibal bewohnte das gleiche Haus. Man hatte längst erkannt, daß er nicht nur ein Ordonnanzoffizier, sondern auch mein persönlicher Vertrauter war.
Es ging auf 21 Uhr Stationszeit. Draußen hätte es jetzt langsam dunkel werden müssen, aber diesen Gefallen taten uns weder der alte Mond noch die Sonne. Der Mondtag hatte eben erst begonnen, und es mußte noch etwa zehn Tage Erdzeit dauern, bis sich die eisige Weltraumnacht über Luna-Port senkte. Da der Mensch einmal nicht ohne Schlaf und ohne Uhrzeit leben kann, gingen wir hier nach dem 24-Stunden-System. Es war also später Abend, und die Hauptkuppeln wurden künstlich verdunkelt. Die Illusion ist alles. Sie scheint im Leben des Menschen mehr als dominierend zu sein, weshalb der psychologische Faktor der Verdunkelung nicht zu verachten war.
Der Spektral-Pulsator hüllte die Kuppel in eine blauschwarze Finsternis.
Überall flammten die Leuchtröhren auf, und es war, als lebte man auf Terra.
Kurz nach 21 Uhr summte mein Visifon. Es war keine Dienstleitung, sondern der private Verteileranschluß.
Darauf hatte ich seit einer Stunde gewartet. Bisher war es vollkommen unmöglich gewesen, mit der russischen Agentin, nun auch unserer Agentin, in einen unauffälligen Kontakt zu kommen. Der „neue Kommandeur“ war ununterbrochen von allen möglichen Leuten umgeben gewesen. In erster Linie waren es die Militärs der verschiedenen Stationen, die sich selbstverständlich alle verpflichtet fühlten, „Triefauge“ einen persönlichen Besuch abzustatten. Was ich da alles an „zackigen“ Meldungen gehört und an gekonnten Haltungen gesehen hatte, kann man überhaupt nicht mehr beschreiben.
Nun war der Rummel mit der offiziellen Befehlsübergabe einigermaßen vorüber. Praktisch war es der erste „Abend“, den ich in dem netten Pilzhäuschen allein verbringen durfte.
Trotzdem war an Ruhe nicht zu denken. Vor einigen Stunden hatte sich TS-19 erstmalig über Supultra-Welle gemeldet. Er war in einer Spezialstation auf dem fast 6000 Meter hohen Gipfel des mächtigen Shonian-Gebirges untergebracht worden. So konnte er mich mit dem SUK-Sender gerade noch erreichen, aber dafür hatte er auch nach anderen Himmelsrichtungen einen enormen Sende- und Empfangsradius.
Bei ihm war alles klar. Er spielte zusammen mit einem zweiten Agenten der GWA den ewig lauernden. Wachhund. Später hatte ich Hannibal losgeschickt. Gestern hatte er mit der Russin Verbindung aufgenommen, und heute sollte ich an der Reihe sein.
Ich griff hastig zum Schalter und drückte ihn nach unten. Auf der kleinen Bildfläche erschien Hannibals historischer Eierkopf farbig und obendrein noch dreidimensional. Bald wurde es zu viel für meine strapazierten Nerven.
„Huch“, machte er. „Lachst du etwa?“
„Noch heiße ich Tronker, verstanden?“ knurrte ich warnend, und er zuckte entschuldigend mit den abfallenden Schultern.
„Okay, General, Verzeihung“, säuselte er. Man konnte nie wissen, ob unsere Gespräche nicht abgehört wurden.
„Ich bin im ,Krater-Club’, Sir. Sauberer Laden mit Kunststofftanzfläche und allen Schikanen. Nur die Band fehlt. Ich wollte Sie … äh … einladen, da ich meine, Sie könnten etwas Abwechslung gebrauchen.“
Ich sah unschlüssig in die Aufnahmeoptik, und schon schwärmte er weiter:
„Hier verkehren nur die leitenden Angestellten und Offiziere, Sir. Außerdem tanzt da eine berauschende Frau. Das müssen Sie gesehen haben. So schön waren noch nicht einmal die Wüstenkristalle auf dem Mars. Darf ich Ihnen einen Wagen schicken?“
Ich brummte einige düstere Worte in das Mikrophon des Tischgerätes.
„Na schön, wenn Sie es nicht lassen können. Besorgen
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