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Elizabeth II.: Das Leben der Queen

Elizabeth II.: Das Leben der Queen

Titel: Elizabeth II.: Das Leben der Queen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kielinger
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führte unter anderem zum Rücktritt Anthony Edens im Januar 1957, Englands Weltgeltung war schwer angeschlagen. Wie weit das auch auf die Krone abstrahlte und zu negativen Schlagzeilen im Commonwealth führte, konnte man im März 1957 in der «Economic Review», dem Organ der führenden indischen Kongresspartei, nachlesen, einem Periodikum, mit dem ein Empire-Loyalist wie Burbidge durchausvertraut war: «Die Königin aller Briten, jetzt von verblassendem Ruhm, steuert rasch vom Zenith ihrer Macht dem Tiefpunkt zu.» In solch einem Moment der Verletzbarkeit des eigenen Landes, so verteidigte sich Mr. Burbidge vor Gericht, fällt man seinem Team nicht in den Rücken, zumal der Hof bereits eine Reise der Queen in die USA und nach Kanada für den Herbst angekündigt hatte – dort gab es viel von dem über Suez zerschlagenen Porzellan zu kitten.

    Und doch kam es noch schlimmer. Die «Saturday Evening Post», das traditionelle, geachtete Magazin des amerikanischen Bürgertums, hatte die spitzeste Feder der britischen Publizistik, Malcolm Muggeridge, eingeladen, für ihre Oktobernummer aus Anlass des Besuches der Queen in den USA einen Essay zu schreiben über den Stand der Diskussionen um die Monarchie und über die Frage, wie eingebettet im Leben der Briten ihre Königin in Wirklichkeit sei. Wie Redaktionen das gerne tun, gab man dem Aufsatz eine Überschrift, die nur bedingt von seinem Inhalt gedeckt war: «Braucht England wirklich eine Königin?» Das war polemisch zugeschnitten, eine Frage, die der Autor so direkt gar nicht beantworten wollte oder konnte. Aber seine kritische Haltung gegenüber dem Königshaus war sattsam bekannt – eben daher die Einladung an ihn. Schon zwei Jahre zuvor hatte er im linksorientierten «New Statesman» gestöhnt: «Noch ein Foto von der Königlichen Familie ist mehr, als viele ertragen können. Die ganze Show ist vollkommen außer Kontrolle geraten.» Das war auch diesmal der Tenor seines Aufsatzes, ohne dass er der Monarchie die letzte Ölung erteilen wollte.
    Seine Analyse genügte, zumal sie gerade einmal zwei Monate nach Altrincham erschien, um erneut einen Aufschrei des Protests auf der Insel auszulösen. Es dauerte 25 Jahre, ehe der Text von Muggeridge in England überhaupt nachgedruckt werden konnte. Der Autor verlor über Nacht seine Stellung als Kulturmoderator der BBC, die Türen schlossen sich auch anderswo vor ihm, die Ächtung war vollkommen. Was um alles in der Welt hatte er verbrochen?Warum musste er noch vor der Ankunft der Queen selber nach Amerika eilen, um seine Gedanken im Gespräch mit einem berühmten TV-Moderator zu erläutern? Warum sorgte ABC, der verantwortliche Kanal, dafür, dass dieses Gespräch während des Besuches der Königlichen Hoheiten in der Hauptstadt nicht ins Washingtoner Netz eingespeist wurde?
    Kern bei Muggeridge war der Gedanke der königlichen
soap opera,
den der Autor in seinem Essay – eine historische Erstaufführung – breit ausführte. Das war Jahrzehnte, ehe dieser Begriff Standard wurde bei den Beschreibungen des Königshauses und der Windsor-Familie im allgemeinen; allein dafür hätte Muggeridge einen Preis verdient gehabt. Margaret und Peter Townsend – das war für ihn eine dieser Episoden, von denen gute
soaps
leben. Eine populäre Monarchie passe gut «zu unserer materialistischen Gesellschaft mit ihrer Tendenz zur Heldenverehrung. Das Königtum ist so etwas wie eine Ersatzreligion.» Auch bei Muggeridge finden wir den Gedanken von dem besonderen Konnex zwischen der Monarchie und dem einfachen Volk: «Es sind die Herzoginnen, nicht die Kassiererinnen, welche die Queen für hausbacken, ohne jeden Pfiff und für banal halten und ihre Nase rümpfen ob einer Show, die so offensichtlich auf Massenwirkung ausgerichtet ist.» Die klügeren unter den Hofberatern, so fuhr er fort, wüssten immerhin um das Dilemma, dass man eine Balance zwischen Seifenoper und Würde herstellen und die Monarchie sowohl populär wie auch respektiert erhalten müsse.
    Alles sehr zutreffend und scharf beobachtet. «Ohne jeden Pfiff und banal» – das klang nach Wiederholung der Vorwürfe von Altrincham, denen einer Umfrage zufolge 55 Prozent der Briten zugestimmt hatten. Wollte der Hof mit der Scheinheiligkeit seiner Abwehr triftiger Analysen einfach fortfahren? Wahrscheinlich störte man sich im Palast besonders an der sarkastischen Feder, die Muggeridge zu führen wusste. Er warf der Krone vor, sie generiere «Snobismus und Speichelleckerei», die

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