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Elizabeth - Tochter der Rosen

Elizabeth - Tochter der Rosen

Titel: Elizabeth - Tochter der Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
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herum wurde gelacht, und lächelnde Gesichter begegneten mir, wohin ich auch schaute. Kreischend vor Freude lief ich die Treppe hinunter, und Papas Schritte klackerten hinter mir. Sein Lachen erfüllte meine Welt. Dann konnte ich ihn auf einmal nicht mehr hören. Ich blieb stehen, blickte mich um, und da war alles dunkel und still. Ich war allein und rief nach ihm, bekam aber keine Antwort außer Stille. Und als ich die Arme ausstreckte, war dort nichts mehr.
    In der Nacht hatte es geregnet, und der Wind rüttelte an den Fensterläden. Das Feuer im Kamin war erloschen und zu einem Aschehaufen erkaltet. Müde stieg ich aus dem Bett und ging zu meinem Betstuhl, während die Burg allmählich zum Leben erwachte. Unter Margaret Beauforts Adleraugen und einer Vielzahl von Anweisungen, die ihr Schreiber verlas, bereiteten mich meine Hofdamen für meine Reise vor. Dann machten wir uns in Begleitung der üblichen Eskorte von Waffenknechten, Dienern und Lastenkarren auf den Weg von London nach Nottingham.
    Ich hatte vergessen, wie schön die Welt war. Erstmals seit Bosworth genoss ich eine Kostprobe von Freiheit, sah goldene Heuhaufen auf Feldern, sonnige Obstgärten mit reifen Pflaumen und den lieblichen grünen Schimmer von Wäldern, in denen es nach Erde, Weiden und Ulmen duftete. Wir kamen aus einem Waldstück mit Farnen und Kiefernnadeln auf ein hell erleuchtetes Feld voller Klatschmohn und Weidenröschen. Letztere zeichneten sich durch eine seltsam wilde Schönheit aus. Wir ritten vorbei an Seen und reißenden Wasserfällen, Cottages und Hügellandschaften voller grasender Schafe. Nachtigallen besangen uns aus dem Dickicht, Turteltauben kreischten, und wohin wir auch kamen, begrüßte man uns lächelnd.
    Mir tat es unendlich wohl, die Leute zu sehen. Von nah und fern, in Regen und in Kälte kamen sie zu den Marktplätzen und Burgtoren und waren mit Geschenken beladen: Hechte, Trockenobst, Pasteten, Schnitzereien. Sie überhäuften mich mit Schmeicheleien und erzählten mir, wie sehr sie meinen Vater geliebt hatten. Ich machte ihnen ebenfalls Geschenke: einige Meter Wollstoff, Silberzeug, eine Flasche Wein und edlen Käse, Bier und ein Fasan sowie einige kleine Beutel mit Münzen. Margaret Beaufort stand derweil direkt neben mir, überwachte alles und murmelte vor sich hin, wie viel dies alles koste. Aber sie wusste auch, welchen großen Dienst ich ihrem Sohn mit meinem Tun erwies, und wagte nicht, meine Ausgaben zu beschränken.
    Da sie selbst die Universitäten von Oxford und Cambridge unterstützte und ein Heim für arme Gelehrte unterhielt, glaubten manche, sie wäre ein großzügiger Mensch. Dem war nicht so. Sie achtete penibel auf die Ausgaben und war mindestens so geizig wie Henry. Mit einem Heer von Rechtsgelehrten machte sie den Pächtern und Bauern das Leben schwer; sie bestrafte die geringfügigsten Vergehen, indem sie ihnen Karren und Pflüge wegnahm. Sie brachte sogar die Witwen ihrer treuesten Diener wegen kleiner Schulden vor Gericht, die teils hundert Jahre zurücklagen und sich auf ihren Großvater väterlicherseits, John, Duke of Somerset, bezogen, und schickte sie ins Gefängnis, wenn sie nicht zahlen konnten.
    Einzig meine Mutter ist den Tudors in ihrer Liebe zum Geld ebenbürtig, dachte ich. Hastig bekreuzigte ich mich und bat Gott um Vergebung für diesen treulosen Gedanken. Zudem schienen die Fehler meiner Mutter jetzt unbedeutend zu sein.
    Manchmal, in der Stille der Nacht, überkam mich eine schreckliche Unruhe, weil meine Schwestern und ich so verwundbar waren. Man könnte uns leicht ungestraft ermorden,denn wer sollte uns schützen? Wir alle waren machtlos. Henry hatte den Tower mit neuen Folterinstrumenten aus Frankreich ausgestattet, die Angst und Schrecken im ganzen Land verbreiteten. Mortons Worte, die ich einmal belauscht hatte, hämmerten in meinem Schädel: »Wir haben die Folter zur Kunst erhoben, Sire.« Ich strengte mich an, diesen Gedanken aus meinem Kopf zu verbannen. Der Tower war nicht mehr für seine Schönheit und die königliche Menagerie berühmt, sondern für seine Schreckenskammern, und Männer zitterten vor seinen Höllentoren. Viele von Richards treuen Gefolgsleuten, brave Ritter, mit denen ich bei König Richards letztem Weihnachtsfest gelacht hatte, waren im Tower verschwunden. Von ihnen allen hatte sich besonders der junge Johnnie of Gloucester in mein Gedächtnis eingebrannt. Wenigstens lebte Edward, Earl of Warwick, was mir ein Trost war. Aber Johnnie   ...
    Er war

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