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Elizabeth - Tochter der Rosen

Elizabeth - Tochter der Rosen

Titel: Elizabeth - Tochter der Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
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schneller zu gehen.
    Hilflos rief ich aus: »Wenn wir beide ihn liebten, wie können wir da einander hassen?«
    »Ich   ...«, begann König Richard, verstummte jedoch gleich wieder. Offenbar fehlten ihm die Worte, und er wandte den Blick zum Fenster.
    Draußen hörte ich ein junges Paar lachen. Überwältigt von Gefühlen, die ich bisher nicht gekannt hatte, von einem Verlangen, wie ich es noch nie empfunden hatte, senkte ich meine zitternden Wimpern auf die glühenden Wangen. »Wenn Ihr erlaubt, Euer Gnaden«, sagte ich und nahm all meine Kraft zusammen, »sollte ich nachsehen, ob die Königin mich braucht.«
    »Sie schläft«, erwiderte König Richard mit elender Miene.
    Ich wusste nicht, was ich sagen oder tun sollte. Also stand ich da und rang die Hände. »Dann, wenn Ihr erlaubt, möchte ich nachsehen, ob die Countess mich braucht.«
    Statt mir sofort die Erlaubnis zu erteilen, starrte er mich zunächst an, ehe er kaum merklich nickte.
    Ich rannte beinahe los, leider zu dicht an ihm vorbei, sodasssich mein Kleid in einer seiner goldenen Stiefelsporen verfing. Ich riss den Saum los und floh. Vorher jedoch sah ich, dass er zu dem Buch blickte, sich bückte und es aufhob.
    ~
    Am nächsten Tag lud König Richard mich ein, mit ihm einen Spaziergang durch den Garten zu unternehmen. Die Februar-Landschaft war von den erdigen Tönen geschmolzenen Schnees, schlummernder Beete und kahler Bäume gedämpft. Vor diesem tristen Hintergrund funkelte der König in Scharlachrot und Gold. Gemeinsam durchquerten wir die Laubengänge des Palastes und schritten über den verschneiten Haupthof, wo eine Gruppe pelzverhüllter Adliger mit einem vergoldeten Lederball spielte. Ihr Lachen indes war verhalten, wie auch ihre gedeckte Kleidung ihre Achtung vor der kranken Königin widerspiegelte. Mir entging aber nicht, dass ein Wangenmuskel des Königs zuckte, als er sie sah. Ich ahnte gleich, dass es ihn grämte, wie ausgelassen sie waren, während er verzweifelt war; und natürlich quälte es ihn, dass sie alle rosige Wangen hatten, während seine Königin um jeden Atemzug kämpfte.
    Ich wandte mein Gesicht von ihm ab, und wir gingen schweigend weiter. König Richard schien in Gedanken versunken zu sein und meine Gegenwart kaum zu bemerken, wohingegen ich seine Nähe mit jedem Schritt stärker fühlte. Sie war wie das Leuchten der Sonne und wurde zu einem beständig unerträglicheren, unerklärlicheren Sehnen.
    »Ein schöner Morgen ist es, Mylord«, bemerkte ich irgendwann und merkte, dass ich wieder einmal errötete. Rasch senkte ich den Blick. »Die Vögel singen heute lauter.«
    »Es wird bald Frühling«, entgegnete der König. Mehr sagte er nicht, doch ich fühlte, wie sich sein Leib neben mir anspannte.Mein Haar war im Nacken zusammengebunden, wurde jedoch von einer Windböe erfasst, woraufhin es mir lose um den Kopf wehte. Ich zog meinen Umhang fester um mich und die Kapuze höher über mein Haar; doch ich bemerkte, dass der König länger hinsah, ehe er den Blick nach hinten wandte, hinauf zum Fenster oben in dem weißen Steinpalast, hinter dem Königin Anne in ihrem Gemach lag.
    »Heute Morgen sah ich die erste Osterglocke aus dem Schnee ragen«, sagte ich leise. »Ich habe sie für die Königin gepflückt. Ihre Freude darob war   ...« Meine Stimme brach, und ich schwieg.
    König Richard nickte und schwieg.
    Wir nahmen den Weg hinunter zum Fluss, an dessen Ufer wir in befangener Stille entlanggingen, vorbei an Geistlichen und Rittern mit ihren Damen sowie anderen, die auf den Bänken an den Hecken saßen. Ich konnte ihre forschenden Blicke in meinem Rücken spüren. Weiter vorn rauschte es laut aus dem großen Springbrunnen. Mehrere junge Damen saßen, in Pelze gewandet, auf einem Teppich, den man über eine glatte Steinbrüstung gebreitet hatte, vor sich ihre Verehrer, von denen einer eine Laute spielte, ein anderer eine Flöte. Ein Liebeslied schwebte auf dem frostigen Wind. König Richard schien sich der Augen gewahr, die uns folgten, und seine Miene verfinsterte sich.
    »Mir scheint es ein langer Winter in diesem Jahr«, bemerkte ich, weil mir nichts Besseres einfiel. »Ich werde froh sein, wenn der Frühling kommt.« Meine Gedanken waren viel zu verwirrt, als dass ich etwas anderes zu sagen wüsste.
    Diesmal antwortete der König: »Ja.« Er warf noch einen Blick zum Fenster der Königin, als wünschte er, dort bei ihr zu sein, nicht hier, bei mir. Und trotzdem ging er nicht, sondern schritt, tief in Gedanken versunken,

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