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Elizabeth - Tochter der Rosen

Elizabeth - Tochter der Rosen

Titel: Elizabeth - Tochter der Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
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weiter neben mir her.
    Einige Höflinge kamen uns entgegen und verneigten sich. Er nickte ihnen zu.
    »Wie ich hörte, hat Lady Scrope of Bolton ein weiteres Mädchen bekommen«, sagte ich. »Damit hätte sie drei Töchter.«
    König Richard erwiderte eine ganze Weile lang nichts. Als ich gerade dachte, er würde überhaupt nichts antworten, meinte er: »Ja, drei. Ich muss überlegen, welches Geschenk ich ihr schicke.« Er kniff die Lippen zusammen und verschränkte die Hände hinter dem Rücken, als wir weitergingen. Erneut verfiel er in tiefes Schweigen. Dann brach er es abrupt. »Du kennst sie gut. Hast du einen Vorschlag?«
    Verstohlen blickte ich zu ihm und wurde aufs Neue rot. »Vielleicht ein wenig goldenes Tuch.« Verzückte Schreie unterbrachen mich, und ich sah zur Themse, wo am gegenüberliegenden Ufer einige Kinder mit einem Hund tollten. »Oder einen Hund«, sagte ich. »Mein Vater, Gott habe ihn selig, schenkte mir zu meinem fünften Geburtstag eine Terrierhündin, und sie brachte mir viel Freude.«
    König Richard verzog das Gesicht. »Ich schicke ihnen goldenes Tuch«, sagte er knapp.
    Verwundert sah ich ihn an, denn ich begriff nicht, warum er plötzlich so abweisend war   – nur dass es mit der Erinnerung an meinen Vater zu tun haben musste. Unsere Blicke begegneten sich. Mein Herz überschlug sich in meiner Brust, und mein ganzer Leib spannte sich wartend an. Zugleich kam mir eine Zeile aus Tristan in den Sinn: Einer kannte die Gedanken des anderen, wiewohl sie von anderen Dingen sprachen.
    Der König sah als Erster zur Seite und sagte: »Mylady, ich muss nun gehen. Die Königin braucht mich.«
    Ich machte einen tiefen Knicks.
    Bis ich mich wieder aufrichtete, war er schon den halben Weg durch den Schnee zurückgegangen. Mich überkam ein Elend,wie ich es nie zuvor empfunden hatte, nicht einmal im Kloster. Ich blickte der einsamen Gestalt des Königs nach, und aus unerfindlichen Gründen konnte ich einzig daran denken, wie sehr auch mein Vater ihn geliebt hatte. Auf einmal stiegen mir Tränen in die Augen und rollten über meine Wangen. Heute war mein neunzehnter Geburtstag, und ich konnte nicht umhin, mich an frühere zu erinnern.
    ~
    Der Februar wich einem bitterkalten März. Mittwoch, der sechzehnte, begann kalt, aber sonnig. Nach der None hörten wir plötzlich ein seltsames Gurgeln von der Königin. Die Countess, die schon viele Menschen sterben gesehen hatte, blickte mich mit tränenglänzenden Augen an. »Es ist so weit«, sagte sie. »Schick nach dem König   – und beeil dich!«
    Ich lief zu Sir Richard Ratcliffe ins Vorzimmer.
    »Die Königin stirbt!«, rief ich.
    »Der König ist zum Gebet in der Kapelle. Ich lasse ihn vom Erzbischof herholen«, sagte Ratcliffe.
    »Beeilt Euch!«, bat ich ihn mit zittriger Stimme, doch er lief bereits los.
    Die Benediktinermönche im Vorzimmer erhoben sich und schritten leise ins Gemach der Königin. Dort stellten sie sich an der Wand gegenüber dem Fenster auf, wo sie mit ihren dunklen Roben beinahe vom Schatten verschluckt wurden. Ihre traurigen Gebete erfüllten den gesamten Raum. Wenige Momente später erschien König Richard in der Zimmertür. Seine Beine drohten, unter ihm nachzugeben, als er sich der Königin näherte, und er musste sich an einem der Bettpfosten abstützen. Derweil war sein Blick starr auf das Bett gerichtet. Anscheinend musste er sich zwingen, weiterzugehen, und die schiereAngst, die ich in seinen Zügen erkannte, machte mir die Brust eng.
    Die silbernen Vorhänge waren zurückgebunden. Ausgestreckt lag die Königin auf dem großen Bett, die Augen geschlossen. Ihr Gesicht war blass und eingefallen, und sie wirkte fast leblos. Ein schimmerndes Kruzifix hing an der mit dunkler Seide drapierten Wand über dem Bett, in dem sich unheimlich das flackernde Kerzenlicht spiegelte. Der König rieb sich mit einer Hand übers Gesicht und blickte wieder zum Bett. Ich wollte zu ihm laufen, ihn in die Arme nehmen und trösten; stattdessen stand ich still wie eine Statue in der Zimmerecke und beobachtete ihn in seiner schrecklichen Trauer.
    Die Countess saß auf einem gobelinbespannten Stuhl neben ihrer Tochter, den Rücken zum Fenster. Sonnenlicht erhellte sie von hinten, und ohne die Kerzen im Zimmer wäre ihr Gesicht im Dunkeln gewesen. Sie blickte zum König auf und machte den Stuhl für ihn frei. Als er um das Bett herumging, zogen sich die Ärzte zurück, und die Diener schlichen leise aus dem Zimmer. Erzbischof Rotherham in seinem

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