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Elizabeth - Tochter der Rosen

Elizabeth - Tochter der Rosen

Titel: Elizabeth - Tochter der Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
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Zeichen ihrer Jungfräulichkeit offen«, empfahl Lady Beaufort.
    Hierauf erlaubte ich mir ein kleines Schmunzeln.
    »Wo ist das Goldnetz? Wir brauchen sechs Unzen. Und die Perlen? Fünfzig, glaube ich.«
    Und abermals fing das Zählen an.
    Derweil stand ich stumm vor ihnen; mein Herz war kalt wie Stein. Ich hatte die Wahl, mein Schicksal hinzunehmen, oder mich bei jedem Schritt ins Unvermeidliche zur Wehr zu setzen.Dies war meine Bestimmung, wie ich schon von Kindesbeinen an wusste, und ich hatte sie angenommen   – bis ich Thomas begegnet war. Und Richard.
    Nun nahm ich es um derer willen an, die ich liebte und die von mir abhängig waren. Und weil Gott es so wollte.
    Als uns schließlich befohlen wurde, nach unten zu gehen, ertappte ich mich dabei, dass ich die Treppenstufen zählte. Eins, zwei, drei   ...
    Im verschneiten Hof erwartete uns Henry Tudor in grünem Brokat, goldenem Tuch und mit einem Hermelinmantel neben der Sänfte, die uns zur Abtei bringen sollte. Sein Hochzeitsgeschenk an mich war Johnnie of Gloucesters Freiheit und die Erlaubnis, dass Johnnie weiterleben durfte, auch wenn Tudor es   – aus Staatsgründen   – ablehnte, das Gleiche Edward of Warwick zu gewähren. Er ist kein schlechter Mensch, redete ich mir ein.
    Henry Tudor verneigte sich, und ich machte einen Knicks. Als ich auf die Kutsche zuging, fiel mein Blick auf die vier Schimmel, deren Decken mit roten und weißen Rosen bestickt waren, den Symbolen von York und Lancaster. In diesem Moment erkannte ich, dass Henry ebensolch eine Spielfigur in diesem Arrangement war wie ich. Und mein Mitgefühl stimmte mich versöhnlicher. Wir stiegen in die Kutsche und fuhren durch das Tor von Westminster einem Meer von weißen Rosen entgegen.
    Donnerndes Jubelgeschrei drang aus Tausenden Kehlen, denn alle Leute schienen gekommen zu sein, um uns zu begrüßen. In den Straßen, den Hauseingängen und auf den Balkonen drängten sich die Menschen, die mit der Weißen Rose von York winkten, aus Tuch oder Papier gefertigt. Jungen hielten ihre an Stäben in die Höhe, Mädchen trugen sie als Girlanden, Frauen hatten sie sich ins Haar gesteckt und Männer an den Kragen. Junge Burschen hockten auf schneebedeckten Dächern undstanden auf Mauern, damit sie uns besser sahen. Die Blumen, die sie in die Luft warfen, wurden vom Wind fortgetragen und flatterten dahin wie Schmetterlinge. Eine Anspielung auf den Sommer mitten im Winter. Hie und da entdeckte ich die Rote mit der Weißen Rose als Friedenszeichen verflochten, denn nach dreißig Jahren Krieg wurden York und Lancaster endlich vereint.
    Dies war das erste Mal, dass mich die Londoner seit dem Tod meines Vaters sahen. Sie tanzten um die Strohfeuer in den Straßen, stachen Bierfässer an und prosteten mir ausgelassen zu. »Elizabeth, Elizabeth!«, johlten sie und liefen hinter der Kutsche her. »Tochter des Königs!« Ihre Herzlichkeit wärmte mir das Herz und schmolz das Eis in meinen Adern. Aus plötzlichem Übermut raffte ich die weißen Seidenrosen in unserer Sänfte zusammen und warf sie den Jubelnden zu. Diese Leute waren gute Menschen, sie waren mein Volk, und ihre Liebe würde mich stark machen für alles, was vor mir lag. Mit den weißen Rosen und den Handküssen, die ich den Leuten zuwarf, gab ich ihnen ein Versprechen: Ich werde euch niemals verraten, sondern will mich immerdar bemühen, euch zu helfen. Möge Gott mit euch sein, mit jedem Einzelnen von euch, mein geliebtes Volk!
    Ich dachte an Henry Tudor, der steif neben mir saß. Zweifellos musste er mit seinen neunundzwanzig Jahren schon einmal geliebt haben, so wie ich auch schon geliebt hatte. Waren seine Gedanken jetzt bei jener anderen? Gab es einen Schmerz in seinem Herzen, der wie ein Widerhall meines eigenen war? Ich drehte mich lächelnd zu ihm, doch er sah mich nicht an. Bei seinem Einzug in die Stadt nach der Schlacht von Bosworth wie auch bei seiner Krönung waren die Jubelrufe mehr als verhalten gewesen. Er hasst die Verehrung, die mir um meines Vaters willen zuteilwird, erkannte ich. Ich lehnte mich auf meinem Sitzzurück. Unsere Ehe war aus reiner Notwendigkeit geschlossen worden, und daran konnte nichts etwas ändern, für keinen von uns.
    Im engen, geschützten Innenhof der Abtei stiegen wir aus der Kutsche, und die Menge draußen brach in stürmischen Jubel aus. »Elizabeth! Elizabeth!«, schrien die Leute. Mit frostigem Griff umklammerte Tudor meine Hand.
    Im Innern der Abtei, umgeben von Lancastrianern und abgeschnitten von

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