Elke, der Schlingel
ganzen Tag umkränzt.
Aber heute handelte es sich um das
Stummelschwänzchen. Die Sexta war eine sehr aufgeweckte Klasse, und sie kam
immer selbst mit allen möglichen Vorschlägen, wie ein Fest ausgestaltet werden
könnte. Und natürlich gehörte auch Elke zu denen, die bei solchen Gelegenheiten
immer voll von Plänen waren. Diesmal hatte sie durch Katje vorschlagen lassen,
einen Tanz mit Zwergen und Teufeln aufzuführen, und man hatte das sofort
großartig gefunden. Auch Fräulein Weber, die Klassenlehrerin, hatte gemeint,
daß so ein Tanz sehr gut in die übrige Spielfolge des Abends passen würde.
Zur größten Verwunderung aller hatte
Elke dann auch noch durch Katje sagen lassen, daß sie den Rüpeltanz selber
einstudieren wolle, und hatte gleich eine Liste mitgeschickt von zwölf
Kameradinnen, die am besten turnten und tanzten, und die deshalb Zwerge oder
Teufel sein sollten.
Nanu? Sollten die Übungen etwa in
Elkes Schlafzimmer stattfinden, und wollte sie selber vom Bett aus ihre
Anordnungen geben?
Ja, so war es. Und deshalb gab es
heute die schon erwähnte Volksversammlung.
Jens und Gisela hatten sich bereit
erklärt, die nötige Musik zu machen, und schon seit einer ganzen Weile hopste
und tanzte man munter drauflos. Es war nur gut, daß Tadsens im Erdgeschoß
wohnten, sonst wäre in dem Raum unter Elkes Zimmer sicher die Lampe aus der
Decke gefallen.
„Nein, Ilse, du machst es wieder
falsch!“ rief Elke jetzt in das Lämmerhüpfen hinein. „Komm mal her!“
Ilse trat gehorsam an Elkes Bett.
„Sieh mal, so hoch mußt du das Knie
‘raufziehen!“ Elke schob mit ihrer linken Hand das Bein der Kameradin im Gelenk
in die Höhe. „Sonst sieht es dumm aus! — So ist es gut! — Und nun alle zusammen
noch mal von Anfang an!“
Der Tanz klappte schon ganz nett,
obgleich man heute erst das zweitemal übte. Das war aber nicht weiter
verwunderlich, denn es handelte sich um einen kleinen Reigen, den Elke und
sechs der Mädel, die mittanzten, in einem Turnkursus, den sie besuchten,
gelernt hatten, nur daß damals Engel und Blumen die Hopserei auszuführen
hatten. Elke war aber mehr für bärtige Zwerge und für Teufel mit Hörnern und
Schwänzen!
Man könnte nun meinen, daß es trotz
allem wohl ein bißchen traurig für Elke war, selbst mit einem geschienten Bein
im Bett liegen zu müssen, während die Kameradinnen vergnügt herumsprangen.
Gewiß, es war traurig, aber, Gott sei Dank, bestand die erfreuliche Aussicht,
daß Elkes Bein Ende Januar wieder ganz heil sein würde. Stummelschwänzchens
Jubiläum war erst Mitte Februar, und Elke konnte deshalb wahrscheinlich sogar
auf dem eigentlichen Fest mittanzen. Sie sollte dann der Oberteufel, der
Höllenfürst sein, der in der Mitte seiner Schar kleiner Teufel und Zwerge stand
und sich von ihnen huldigen ließ. Es war eine sehr ruhige Rolle, und als Elke
sie dem Arzt beschrieben hatte, hatte der gemeint, sie dürfte sie gerne
übernehmen.
Jetzt, während der Probe, mußte Fränzi
den Oberteufel darstellen.
So vergingen die Wochen überaus
kurzweilig für die kleine Kranke, und eines Tages stand Weihnachten vor der
Tür.
Elke hatte während der ganzen Adventszeit
einen kleinen eingepflanzten Tannenbaum in ihrem Zimmer stehen gehabt, und jede
Woche war ein Licht mehr daran gesteckt worden. Sie hatte am Nikolaustag auch
ihren Schuh vors Bett gestellt, und der Schuh war am nächsten Morgen richtig
zum Platzen voll gewesen von allerlei guten Naschsachen; und Minimax kam
anschließend zwei Tage lang nicht, wahrscheinlich hatte sie sich überfressen
Aber Weihnachten selbst war natürlich
doch noch schöner als alles vorher. Und morgen nun war Weihnachtsabend.
Elke hatte sich ihr Schulliederbuch
bringen lassen und lag nun da und sang ein Weihnachtslied nach dem anderen. Und
wenn Fränzi oder die Mutter oder eines der Geschwister ins Zimmer kamen, sangen
oder summten die auch mit. Elkes Fröhlichkeit war ansteckend.
Fränzi war in diesen Tagen wieder
einmal die Hauptvertraute von Elke gewesen. Sie hatte all die kleinen Dinge
besorgen müssen, die Elke zum Fest verschenken wollte. Eigentlich hatte Elke
Kalender und kleine Pappkästchen bekleben und Schlüsselbretter aus
Laubsägearbeit anfertigen wollen, aber dagegen hatte die Mutter Einspruch
erhoben. Sie hatte es durchaus nicht erlauben wollen, daß Elke sich im Liegen
mit derlei Dingen anstrengte, und nur für Vater hatte sie einen Schlüsselbeutel
aus Leder nähen dürfen.
Ach ja, für den Vater!
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