Ella und der Neue in der Klasse
alle Karten gesehen, aber keine davon aufgeklappt, darum wussten wir auch nicht, dass innen eine Einladung zu Paavos Vatertagsfeier stand.
»Wie kannst du sieben Väter haben?«, fragte ich neidisch.
»Keine Ahnung, ich kann’s einfach.«
Das fanden wir ein bisschen komisch, aber schön. Wenn man sieben Väter hatte, hatte man mit ein bisschen Glück von jeder Sorte einen. Einen lauten, einen reichen, einen beschützenden, einen starken, einen lieben, einen doofen, und Paavo hatte sogar einen, der Regie führen konnte. Das hatten wir anderen irgendwie auch, aber leider nur einzeln.
Wir sagten Paavos Mutter und seinen Vätern Hallo, dann gingen wir wieder und nahmen Paavo mit. Wir hatten etwas Wichtiges zu klären und etwas Wichtiges zu erledigen.
»Wegen dem Felsen und der Wette …«, sagte Paavo, als wir auf unser Ziel zusteuerten.
Wir spitzten die Ohren, besonders Timo, der ganz schön nervös aussah.
»Du darfst weiter darauf sitzen«, sagte Paavo zu Timo.
»Nein, du«, sagte Timo. »Wette ist Wette, und ich hab verloren.«
»Meine Mutter und ich ziehen um«, sagte Paavo. »Meine Mutter hat eine neue Arbeitsstelle bekommen. Ich finde es traurig, mich von euch zu trennen, aber das Gute daran ist, dass wir näher zu meinen Vätern ziehen und ich sie öfter sehen kann.«
Wir waren traurig, dass Paavo wegzog, wo wir uns gerade erst richtig kennengelernt hatten. Aber wir freuten uns natürlich auch für ihn.
»Wenn du mal vorbeikommst, darfst du auf meinem Platz sitzen«, versprach Timo.
»Abgemacht«, sagte Paavo, und dann gaben sie sich die Hand.
Inzwischen waren wir beim Haus des Lehrers angekommen. Es sah echt wie ein ruhiges und glückliches Zuhause aus, und wir stellten uns vor, wie der Lehrer vielleicht gerade aufstand, um seinen Vatertag zu feiern. Aber dann tat er uns auch schon wieder leid, weil er bestimmt ganz traurig war, dass er keine Vatertagsgeschenke bekommen würde. Seine Kinder waren ja noch viel zu klein, um welche zu basteln. Sein Glück war, dass er uns hatte. Wir hatten uns nämlich eine Überraschung für ihn ausgedacht.
Wir schlichen zur Tür des Hauses, holten die Sachen aus unseren Rucksäcken, die wir für ein großes Päckchen brauchten, und machten uns an die Arbeit. Das Päckchen wurde sehr schön. Über so ein Vatertagspäckchen hätte sich jeder Vater gefreut. Der Lehrer würde wahrscheinlich vor Glück in Ohnmacht fallen.
»Fertig?«, fragte Timo leise.
Wir nickten.
Da klingelte Timo an der Tür, und wir sausten wie die geölten Blitze auf den Felsen. Dort wollten wir warten, was passierte, wenn der Lehrer sein Geschenk sah. Wir stellten uns seine Freudenschreie vor und wie er vor Glück in die Hände klatschte, wenn er sah, was in dem Päckchen war.
Der Felsen war das beste Versteck, wenn man die Haustür des Lehrers beobachten wollte. Man musste sich nur auf den Bauch legen und vorsichtig über die Kante spicken. Paavo und Timo hatten diesmal beide Platz, weil Pekka ausnahmsweise fehlte. Er steckte nämlich in dem Päckchen und war das Vatertagsgeschenk.
Über die Autoren
Timo Parvela , 1964 geboren, war lange und gern Lehrer, bevor er Schriftsteller wurde. Er schreibt für Erwachsene und Kinder und wurde dafür vielfach ausgezeichnet. Seine Ella-Bücher sind in Finnland Kult. Im Hanser Kinderbuch erschienen bereits sechs davon: »Ella in der Schule« (2007), »Ella in der zweiten Klasse« (2008), »Ella auf Klassenfahrt« (2009), »Ella und der Superstar« (2010), »Ella in den Ferien« (2011) und »Ella und die falschen Pusteln« (2012). Sie sind inzwischen Lieblingsbücher von allen, die beim Lesen (und Vorlesen) gern Tränen lachen.
Sabine Wilharm , 1954 geboren, studierte an der Fachhochschule für Gestaltung in Hamburg und arbeitet seit 1976 als freie Illustratorin. Für Hanser illustrierte sie bereits »Schinken und Ei« von John Saxby und »Eugen Eule« von Janwillem van de Wetering. Sie zeichnete außerdem von Anfang an den deutschen Harry Potter.
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