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Elli gibt den Loeffel ab

Elli gibt den Loeffel ab

Titel: Elli gibt den Loeffel ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tessa Hennig
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Schwester da gerade gesagt hatte. »Aber du hattest doch... Doro, was willst du mir eigentlich sagen?«
    Doro war völlig durcheinander. Sie musste offenbar erst tief Luft holen, um überhaupt weitersprechen zu können. »Ich habe meinen Kollegen damals gebeten, dein Buch so zu zerreißen, dass du künftig keine einzige Zeile mehr schreibst.«
    Elli war fassungslos. »Doro, aber warum? Was habe ich dir bloß getan?«
    »Kannst du dir das denn nicht denken? Was könnte eine Frau dazu treiben, ihrer eigenen Schwester derart zu schaden? Was kann einen über die Jahre förmlich zerfressen?«
    Nun war Elli völlig durcheinander. Was war damals nur geschehen, was Doro dazu veranlasst haben könnte, sie derart zu hintergehen?
    »Josef?«, fragte sie, und es fiel ihr plötzlich wie Schuppen von den Augen. Elli fand keine andere Erklärung. War es Doros Eifersucht? Zweifelsohne eine noch stärkere Kraft als der Zorn auf die kleine Schwester, die von den Eltern immer verhätschelt worden war.
    Doro nickte bitter. »Ich habe es dir nie verziehen. Bis gestern, als ich mir klargemacht habe, dass kein Mann der Welt es wert ist, die eigene Schwester aus seinem Leben zu verbannen. Es tut mir ja so leid, Elli. Die vielen Jahre, in denen ich ohne dich auskommen musste. Verschenkt! Verloren!«
    »Du hast ihn so sehr geliebt?« Elli hoffte auf eine ehrliche Antwort.
    »Mehr, als du dir vorstellen kannst.«
    Elli brauchte einige Atemzüge der frischen Luft, um die Worte ihrer Schwester zu verdauen.
    »Aber warum? Du hättest doch mit mir reden können.« Der Umstand, dass sie Doro Josef sozusagen weggenommen hatte, erschien Elli immer noch als viel zu banal, um zu erklären, warum Doro sie aus ihrem Leben gestrichen hatte.
    »Dein Triumph über die große Schwester. Darum ist es dir doch gegangen. Etwas Besseres sein zu wollen. Teil des Filmgeschäfts zu sein. Sich mit Josef und seinen Kontakten schmücken. Dabei hättest du das gar nicht nötig gehabt. Bei deinem Talent. Jeder Mann hätte sich mit dir schmücken können. Was für eine Ironie.«
    Ellis Augen wurden feucht, und Doro ging es genauso, denn sie wischte sich ebenfalls die Tränen aus ihrem Gesicht.
    »Und dann muss ich hier auf Capri erfahren, dass du dir nicht einmal sicher bist, ob Josef dich jemals geliebt hat. Mir hat es fast den Boden unter den Füßen weggezogen.«
    Elli nickte um Fassung bemüht. »Vielleicht war ich sogar die Schlimmere von uns beiden«, sagte sie.
    Doro hatte recht. Letztlich hatte sie selbst egozentrisch gehandelt. Sie hatte ihr vermeintliches Glück mit Josef gefunden, indem sie das Glück der großen Überschwester demontiert hatte. Schäbig, einfach nur schäbig.
    Doro zuckte hilflos mit den Schultern. Offenbar war es schwer zu sagen, wer von ihnen beiden da mehr Mist gebaut hatte.
    »Warst du wirklich nie mit ihm glücklich?« Doro sah sie flehend an. Sie wollte offenbar die Wahrheit hören, so hart sie auch sein mochte.
    »Damals habe ich es geglaubt, aber aus heutiger Sicht... wahrscheinlich nicht, jedenfalls nicht genug.«
    Doros Nicken wirkte verbittert und erleichtert zugleich.
    »Ich habe mich an Josefs Seite immer als etwas Besonderes gefühlt. Das stimmt. Er hat mir die Welt zu Füßen gelegt. So viele neue Eindrücke, die Reisen, die Empfänge... Aber auf Dauer gibt einem das nichts. Es hat zumindest nicht gereicht. Er war zunehmend häufiger allein geschäftlich unterwegs, und wenn man so lange zusammen ist, dann denkt man irgendwann gar nicht mehr darüber nach, ob man den anderen liebt. Man gewöhnt sich an das Leben, wie es ist.«
    »Aber ihr wart das perfekte Paar. Jedenfalls hast du mich das immer glauben gemacht.«
    »Das Kino war unsere gemeinsame Lebensaufgabe. Vielleicht waren wir auch nur die perfekten Geschäftspartner mit einer großen Leidenschaft für den Film, aber zu wenig Leidenschaft für uns selbst.«
    Doros Körpersprache verriet, dass sie einen Moment brauchte, um den Satz zu verdauen. Sie inhalierte die salzhaltige Meeresluft und rang um Fassung. »Danke, dass du so ehrlich zu mir warst. Was ich getan habe, ist unverzeihlich, aber ich wünschte, wir könnten trotzdem noch einmal von vorn anfangen.«
    Elli nickte wortlos. Ihr ging es ganz genauso. Endlich lagen alle Karten auf dem Tisch — nach so langer Zeit. Endlich wusste sie, warum Doro ihr seit Jahren aus dem Weg gegangen war. Nun reichte sie ihrer Schwester die Hand und wünschte sich, dass Doro ihr ebenfalls die Hand reichen würde. Worte für diesen Moment

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