Elli gibt den Loeffel ab
Spaß.«
Heinz nickte und wirkte merkwürdig erleichtert. Vielleicht war ihm ja doch alles zu viel. Je weiter sie sich von dem hoffnungslos mit überwiegend japanischen Touristen überlaufenen Zentrum entfernten, desto redseliger wurde er. Endlich mal wieder ein Lächeln, als sie sich durch die kleinen Gässchen schlängelten und die Gehwege freier wurden.
»Komm mit, du musst unbedingt Riccardos tartufi probieren«, läutete sozusagen den Wendepunkt in Heinz’ Verhalten ein. Seine Augen schienen nun sogar zu leuchten, und sein Blick wanderte lebendig von einer Hausverzierung zur nächsten. Er entdeckte so vieles, an dem Elli achtlos vorbeigeschlendert wäre.
»Göttlich!«, urteilte Elli keine Viertelstunde später.
Mehr war zu diesen mit Eis gefüllten Schokobällchen nicht zu sagen. Die tartufi, die sie in Riccardos Straßencafe aßen, waren eine Sünde wert. Oskars Bettelblick war wohl auch dem Ober aufgefallen. Keine Minute später servierte er ihm ein Stück Salami auf einem Unterteller.
»Lass uns noch auf den Markt gehen«, schlug Heinz nun wesentlich unternehmenslustiger vor und schlenderte mit ihr durch malerische Gassen nach San Lorenzo. Angesichts der Zielgenauigkeit, mit der er nach den Galerien Ausschau hielt, kannte er das Viertel vermutlich in- und auswendig. Zum ersten Mal seit langem bereute Elli, dass sie nicht mehr so gut bei Kasse war. Was die Galerien und Handwerksläden, die sich hier aneinanderreihten, an Skulpturen zu bieten hatten, war besser als bei jedem Museumsbesuch. Am liebsten hätte sie die Läden leer gekauft. Geduldig ließ sie sich stattdessen erklären, wie man eine Keramikvase herstellte und welche Muster typisch für das Florenz des fünfzehnten Jahrhunderts waren. Ein kleiner, rundlicher Elefant aus Keramik, nicht größer als ein Tennisball, hatte es ihr ganz besonders angetan.
»Findest du den zu kitschig?«, fragte sie.
Heinz warf ein prüfendes Auge auf den Elefanten, dessen Bauch eine Sonnenblume zierte. »Keineswegs. Das ist alles Handarbeit.«
Also gut, kaufen, beschloss sie, doch ein Blick auf das Preisschild ließ sie erstarren. Das Tier hatte zwar vergoldete Stoßzähne und war goldbesetzt — aber gleich fünfundachtzig Euro? Das konnte sie sich beim besten Willen nicht leisten.
»Ist vielleicht doch ein bisschen zu kitschig«, gab sie vor, stellte den Elefanten wehmütig ins Regal zurück und floh zügig vor der vergoldeten Versuchung in die Abteilung mit den Tonarbeiten, wenngleich sie sich noch zweimal nach dem Objekt ihrer Begierde umdrehen musste. Heinz hingegen schien es die Porzellanabteilung ganz besonders angetan zu haben. Ziemlich ungewöhnlich für einen Mann, aber vielleicht interessierte er sich einfach nur nicht für Tonarbeiten, überlegte Elli. Bei der Herstellung einer Tonvase einmal selbst Hand anlegen zu dürfen hatte etwas unglaublich Sinnliches. Im Nu gebaren ihre zum Kelch geformten Hände eine kleine Vase — natürlich unter dem prüfenden Blick des Handwerkers, der sie mit seinen grauen Haaren und einer tief auf der Nase sitzenden Brille ein wenig an Pinocchios Vater erinnerte, den Puppenschnitzer Gepetto.
Überhaupt entpuppte sich Florenz als ein wahrer Rausch der Sinne. Elli wurde das Gefühl nicht los, dass sie die Stadt noch nie richtig wahrgenommen hatte. Die bisher gekannte Hochglanztouristik in den besten Hotels sowie im Bus oder Taxi von Attraktion zu Attraktion zu gondeln, hatte durchaus seinen Reiz. Aber was brachte es schon, die wichtigsten Sehenswürdigkeiten abzuklappern, ohne eine Stadt hautnah zu spüren? Genauso gut könnte man einen Reiseführer lesen oder sich eine DVD ansehen. Mit Josef hätte sie sich nie so entspannt durch die engen Gassen treiben lassen können. Alles nach Programm und ja nicht davon abweichen, lautete seine Devise. Dabei gab es so viel Schönes zu entdecken, wenn man nur die Augen offen hielt. Was für ein gelungener Tag!
Im Speisesaal des ländlich und mit einfachen Stühlen eingerichteten Restaurants, das sich für normale Touristen unauffindbar in einer zum Flussufer führenden Seitengasse befand, verströmten die Schinken und Würste, die über dem Tresen hingen, ihren einladenden Duft. Dabei lief einem leicht das Wasser im Mund zusammen, selbst jetzt noch, nach einem ziemlich reichhaltigen Drei-Gänge-Menü. Anscheinend war das Lokal ein echter Geheimtipp und zudem ein Toprestaurant, vor allem was die Preise anging, die Elli erst bewusst wurden, als der Ober am Nachbartisch
Weitere Kostenlose Bücher