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Elli gibt den Loeffel ab

Elli gibt den Loeffel ab

Titel: Elli gibt den Loeffel ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tessa Hennig
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war dies allerdings trotzdem ein ziemlich langer Weg. Entweder sie hoppelte mit, oder sie hangelte sich wie ein Äffchen von Sitz zu Sitz. Wenn dann auch noch ein Rollkoffer im Weg stand, hatte das Ganze etwas von einem Gameboy-Spiel, bei dem kleine Männchen über Hindernisse hüpfen müssen. Einhundert Punkte für jeden Koffer, der einen nicht erschlug und den man erfolgreich übersprang, ohne sich dabei das Genick zu brechen. Zu dumm, dass einer der Koffer plötzlich ein Eigenleben entwickelte und ihr mitten in die Bahn rollte. Platsch. Den Boden der Fähre zu küssen zählte bestimmt nicht zu den Dingen im Leben, auf die Dorothea besonders wild war, aber ihre Hände und Arme waren leider nicht stark genug, um sich rechtzeitig abzufedern.
    »I am sorry«, hauchte ihr eine der Japanerinnen zu.
    Dass die Frau trotz des Malheurs, das der Hartschalenkoffer made in Japan angerichtet hatte, sie auch noch freundlich anlächelte, trieb Dorothea zur Weißglut.
    Haltung bewahren!, ermahnte sie sich und lächelte freundlich zurück, um Größe zu demonstrieren. Mehr gab die erniedrigende Situation gegenwärtig leider nicht her. Aber es sollte noch viel schlimmer kommen. Gerade als ihre Halsmuskulatur sich ein wenig entkrampfte und Dorothea mit Erleichterung feststellte, dass sie sich bei der Aktion nicht das Genick gebrochen hatte, blickte sie in das Antlitz eines Relikts aus prähistorisch anmutender Vergangenheit: Elli. Das war doch ihre Schwester Elli!

    »Doro?... Doro!«
    Das musste sie sein. Nein, das war sie. Ihre Schwester hatte sich kaum verändert in den letzten Jahren, außer dass sie ein paar Fältchen mehr unter den Augen hatte. Doro lag tatsächlich zu ihren Füßen am Boden. Die Arme! Hoffentlich hatte sie sich nicht weh getan, was angesichts einer gewissen Starre, mit der ihre Schwester sie anblickte, nicht ganz auszuschließen war.
    »Elli?«, röchelte Doro, offenbar am Ende ihrer Kräfte.
    Ihre Schwester! Leibhaftig vor ihr. Was um Himmels willen machte sie auf dieser Fähre? Dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Das Testament! Fabrizio! Er hatte Doro also auch angeschrieben, schoss es Elli durch den Kopf, als sie ihre helfende Hand ausstreckte.
    »Alles okay?«
    Bevor ihre Schwester die Frage beantworten konnte, ließ sie die Hände vom Kopf über den Nacken bis zur Rückenpartie wandern.
    »Ich denke schon.«
    »Was machst du denn hier?«
    Doro, jetzt wieder in der Senkrechten, sah sie mindestens so fassungslos an. »Rhetorische Fragen waren noch nie deine Stärke, meine Liebe.«
    Bei Doros scheinbar angeborenem Zynismus war Elli hin- und hergerissen zwischen Überraschung und Freude, aber auch einem gewissen Unwohlsein. Es ging nämlich schon wieder von vorne los mit den Sticheleien, und mit einem Schlag war klar, weshalb sie Vorjahren in gegenseitigem Einvernehmen beschlossen hatten, den Kontakt zueinander abzubrechen.
    »Hast du etwa auch...?«, stammelte Elli, immer noch völlig perplex.
    »Was denn sonst? Meinst du, ich bin scharf auf einen Capri-Urlaub?«
    »Fabrizio?«, fragte Elli sicherheitshalber nach.
    »Nein, der Heilige Geist!«, stellte Doro klar.
    »Wusstest du, dass er mir auch geschrieben hat?«
    »Nein, war aber naheliegend.«
    »Naheliegend?« Elli begriff die Welt nicht mehr. »Dann weißt du mehr als ich.«
    »Rutsch mal rüber.« Doro hatte schon wieder das Heft in der Hand, genau wie früher. Im Erteilen von Anweisungen war sie ja groß, und wie immer war ihren Wünschen Folge zu leisten. Doro kam auch gleich zum Punkt. Auf der einen Seite war das gut, weil Elli darauf brannte, Näheres über die mysteriöse Erbschaft zu erfahren, auf der anderen Seite war es aber auch enttäuschend. Da sahen sie sich nach so vielen Jahren wieder, und ihre Schwester fragte nicht einmal nach, wie es ihr ging.
    »Pass auf, es ist ganz einfach. Du musst nur logisch denken und die Fakten betrachten. Wir haben angeblich etwas geerbt, allerdings bestimmt nicht von Fabrizio. Der lebt ja noch. Von wem also dann?«
    Elli wusste keine Antwort darauf und zuckte daher nur ratlos mit den Schultern.
    »Ich will es kurz machen. Mama hatte damals was mit einem Italiener, mit einem gewissen Alessandro, um genau zu sein.«
    »Mama? Und woher weißt du das überhaupt?«, fragte Elli ziemlich schockiert.
    »Ich hab dir nie davon erzählt, aber... Ich habe nach Papas Tod einen ihrer Briefe an Charlotte gelesen. Du weißt doch, ihre beste Freundin. Da sucht man auf dem Speicher nach einem alten Ballettkostüm und

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