Elli gibt den Loeffel ab
wandte Elli, die wohl ihre Gedanken gelesen hatte, sich nun an sie. »Wir kennen uns schon eine Weile«, fügte sie hinzu, wohl in der Absicht, ihr ihre Skepsis zu nehmen. »Ich bin mit Heinz nach Neapel gefahren.«
Heinz nahm erst wieder Platz, als sich ihre Gesichtszüge entspannten.
Dorothea setzte sich mit an den Tisch. »Ich will es kurz machen: Wir haben so gut wie keine Chance. Um nachzuweisen, dass wir Castigliones leibliche Kinder sind, müsste man einen Gentest machen. Das Problem dabei ist, dass sie ihn nicht mehr exhumieren. In Deutschland ginge so etwas vielleicht, aber auch nur dann, wenn man ein berechtigtes Interesse nachweisen kann. Schließlich geht es hier nicht um einen Mordfall.«
»Was, wenn Anja die Briefe findet und wir so ein berechtigtes Interesse nachweisen können?«, warf ihre Schwester ein.
»Das könnten wir probieren, aber wir sind hier in Italien. Du wirst ganz sicher keinen Richter finden, der eine Exhumierung anordnet, nur weil zwei Deutsche sich einbilden, ein Haus auf Capri geerbt zu haben.«
Ellis Miene verfinsterte sich sichtlich.
»Solange wir kein Testament vorweisen können, ist da nichts zu machen.« Dorothea brachte es noch einmal auf den Punkt.
Auch Fabrizio ließ augenblicklich die Flügel hängen.
»Es gäbe da durchaus noch eine andere Möglichkeit«, sagte Heinz und blickte in die Runde. Dorotheas, aber auch Ellis und Fabrizios Blicke klebten förmlich an ihm. »Wo hat der Verstorbene denn gewohnt?«, fragte er Fabrizio.
»Die letzten Jahre hat er in einem Trakt im zweiten Stock gelebt.«
»Dort müssten doch noch irgendwelche persönlichen Dinge zu finden sein, oder?«
»Du meinst, dass vielleicht doch noch irgendwo ein Testament herumliegt?«
Elli schien nicht ganz zu blicken, worauf Heinz hinauswollte. Genmaterial, natürlich! Was für eine grandiose Idee!
»Seit Signor Castigliones Tod hat niemand außer mir die Räume betreten«, fuhr Fabrizio fort.
»Na, worauf warten wir dann noch?«, fragte Dorothea, die Heinz für seinen Einfallsreichtum am liebsten umarmt hätte.
Schon nach wenigen Minuten auf ihrem Rundgang durch Castigliones Wohntrakt, der aus zwei Zimmern und einem Bad mit WC bestand, kam Elli zu dem Schluss, dass ihr vermeintlicher italienischer Vater ein Sammler gewesen sein musste. An den Wänden hingen unzählige Bilder unterschiedlichster Stilrichtungen mit Motiven aus aller Welt, die er wahrscheinlich von seinen vielen Reisen mitgebracht hatte. Zudem schien er eine Vorliebe für Engel zu haben. Neapolitanisches Flair. Putten auf Bilderrahmen, auf Kerzenständern, Lampenschirmen und sogar auf Skulpturen.
Doro und Fabrizio nahmen sich das Arbeitszimmer vor, Elli begleitete Heinz, der schnurstracks aufs Badezimmer zusteuerte. Sie mussten gar nicht lange suchen. Eine Haarbürste lag auf der kleinen Ablage des verspielt gefliesten Badezimmers, das aussah, als sei es nicht regelmäßig gereinigt worden: Kalkreste am Wasserhahn, eingestaubtes Aftershave, ein verschmierter Seifenhalter. Es sprach alles dafür, dass in der Haarbürste tatsächlich noch Alessandro Castigliones Haare hingen.
»Ich hab sie!«, freute sich Elli.
Heinz, der dazu noch einen Kamm entdeckt hatte, bürstete ein ganzes Büschel Haare heraus. »Damit haben wir genug für einen Gentest.«
»Bist du dir ganz sicher?«, wollte Elli wissen.
»Ein alter Freund von mir war bei der Kripo. Glaub mir, das reicht locker für eine vollständige Genanalyse.«
»Und?« Doros Stimme drang aus dem Nebenraum.
»Alles okay, wir haben das Material«, rief Heinz in ihre Richtung.
»Ich hab auch was entdeckt. Du wirst es nicht glauben.«
Elli war gespannt und eilte ins Wohnzimmer, wo Doro ihr mit einem Fotoalbum und einem Adressbuch entgegenkam und ihr beides reichte. Sofort nahm sie in dem großen, gepolsterten Sessel im Arbeitszimmer Platz und blätterte neugierig durch Alessandros Leben. Selbst als kleiner Junge hatte er schon diese großen ausdrucksstarken Augen gehabt.
»Blättere mal ein paar Seiten vor.« Doro setzte sich zu ihr auf die Armlehne des Sessels.
Fabrizio und Heinz lugten über die Sessellehne ebenfalls auf die Bilder. Zwei Seiten weiter tauchten die ersten Fotos von Elisabeth auf, Arm in Arm mit Alessandro.
»Ist das eure Mutter?«, fragte Heinz.
Elli nickte und blätterte weiter. Auf der nächsten Seite stieß sie auf eine Reihe von Aufnahmen, die auf einem Segelboot entstanden waren.
»Der Segelkurs«, kommentierte Doro trocken.
Nach Segelkurs sah die
Weitere Kostenlose Bücher