Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elli gibt den Loeffel ab

Elli gibt den Loeffel ab

Titel: Elli gibt den Loeffel ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tessa Hennig
Vom Netzwerk:
traute Zweisamkeit allerdings ganz und gar nicht aus: Mama in der Bademode der Sechziger und daneben ein muskulöser, gutaussehender Mann mit kräftigen Schultern und einem bezaubernden Lächeln. In dieser Zeit hatten sie ahnungslos mit Fabrizio im Wasser geplanscht, Muscheln gesammelt oder waren mit ihrem »Vater« am Strand spazieren gegangen. Einfach unfassbar, selbst nach all den Jahren.
    »Jetzt blättere mal ein bisschen weiter.« An Doros Blick war abzulesen, dass noch einiges an Interessantem zutage kommen würde.
    Aus den Sechzigern wurden die Siebziger. Immer mehr Frauen, die allesamt nicht wie Italienerinnen aussahen, waren auf den Bildern zu sehen. Elli warf Fabrizio einen fragenden Blick zu.
    »Er hat nie etwas anbrennen lassen«, erinnerte der Italiener sich.
    Das wurde ja immer schöner. Mama war also nur eine von vielen Trophäen gewesen, und das Beste daran war, dass die Frauen immer wieder abwechselnd abgebildet waren.
    »Das erklärt, warum Mama ihm nie von uns erzählt hat.«
    Doros These ergab Sinn, wenngleich sie schwer zu verdauen war.
    »Du meinst, Alessandro Castiglione war nichts weiter als ihr Lover?« Elli fiel es schwer, sich an diesen Gedanken zu gewöhnen.
    »Warum denn nicht? Sie hatte eine Familie, Verantwortung... Ich glaube, dass sie uns trotzdem eine gute Mutter und unserem Vater eine gute Ehefrau war. Vielleicht war sie ihrer Zeit voraus.«
    Was hatte denn Treue mit Modernität zu tun?
    »Doro, sie hat uns alle betrogen!«, stellte Elli in aller Deutlichkeit klar. Sowas konnte man doch nicht als angebliche Modernität verharmlosen oder gar herunterspielen.
    »Hattest du noch nie einen Seitensprung? Noch nicht mal einen klitzekleinen?«, versuchte ihre Schwester sie zu provozieren.
    »Nein! Wo denkst du hin?«, empörte Elli sich. »Ich habe Josef nie betrogen!«
    Irgendwie sahen sie jetzt alle fast mitleidig an, als wäre sie die Jungfrau Maria. Vielleicht bildete sie sich das aber auch nur ein.
    »Haben Sie eine Ahnung, was so ein Gentest kostet? Von privat, meine ich«, fragte Doro Heinz.
    »Ein paar tausend Euro, schätze ich.«
    »Und wie lange dauert so etwas wohl?«, setzte ihre Schwester nach.
    »Ein paar Wochen bestimmt, aber ich fürchte, dass sich das Ganze über Monate, wenn nicht gar Jahre hinziehen könnte.« Die Einschätzung war sicherlich realistisch. »Wenn ich alles richtig verstanden habe, fällt das Grundstück an die Gemeinde. Dort hat natürlich niemand Interesse daran, es an Ausländer abzugeben«, fuhr Heinz fort.
    Anwälte, Gutachten, die man anfechten konnte, eine Verhandlung, die mehrere Instanzen durchlaufen würde — wahrlich keine berauschenden Aussichten.
    »Ich frage mich, was das Haus wohl wert ist.« Doro standen im Nu die Euro-Zeichen in den Augen — als wäre sie Dagobert Duck.
    »Du willst es immer noch verkaufen? Wir könnten die Pension wiedereröffnen. Die Casa Bella ist eine gute Einnahmequelle«, protestierte Fabrizio euphorisch.
    »Eine Pension auf Capri? Niemals, oder, Elli?«, fragte Doro.
    »Fabrizio, wir brauchen das Geld!«, erwiderte Elli nur.
    Ihr war klar, dass dies schlechte Neuigkeiten für ihn waren, dementsprechend niedergeschlagen wirkte er. Kaum hatte er die Hiobsbotschaft einigermaßen verdaut, meldete sich sein Handy zu Wort.
    »Hallo... Ja... Ich komme.« Nun war er auch noch merkwürdig blass. »Ich muss in die Stadt. Ihr findet euch ja zurecht, und wenn ihr wollt, könnt ihr gerne alle hier wohnen«, bot Fabrizio an.
    »Jedenfalls so lange, bis jemand von der Gemeinde vorbeikommt und uns alle rauswirft«, ergänzte Doro.
    »Das glaube ich kaum. Die Gemeinde hat mir ein Wohnrecht eingeräumt, bis sich ein Käufer findet. Die sind doch froh, wenn sich jemand um das Haus und das Grundstück kümmert«, beruhigte Fabrizio ihre Schwester.
    »Und, hast du Lust?«, fragte Doro sie.
    Klar hatte Elli Lust. Einen schöneren Flecken Erde gab es auf Capri sowieso nicht, und wer wusste schon, wie lange sie hierbleiben konnten. Einen Rechtsstreit über mehrere Monate konnte sie sich jedenfalls nicht leisten. Gleich hierzubleiben fühlte sich zudem so abenteuerlich aufregend an wie eine Hausbesetzung. Kampflos würden sie ihr Erbe jedenfalls nicht aufgeben, schon gar nicht, seit klar war, dass ihre Mutter einem italienischen Schwerenöter auf den Leim gegangen war. Einem sympathischen und äußerst attraktiven Schwerenöter, zugegebenermaßen.
    Elli stellte sich gerade die Frage, ob sie ihm nicht auch verfallen wäre. Dazu war sie

Weitere Kostenlose Bücher