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Ellin

Ellin

Titel: Ellin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Millman
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doch alles, was sie fanden, war eine Handvoll Kräuter, die ihre knurrenden Mägen nur ungenügend füllten. Bis zur Abenddämmerung schleppten sie sich dahin und sahen nichts, als endlose Weite, halbvertrocknete Büsche und Gras. Die Nacht verbrachten sie im Windschatten eines Dornbuschs und lauschten mit gezückten Messern auf das schreckliche Geheul wilder Sandläufer, die auf der Suche nach Beute die Finsternis durchstreiften. Am Morgen setzten sie ihren Weg fort. Der Hunger schwächte ihre Glieder und machte sie wortkarg, einzig ihre knirschenden Schritte waren zu hören. Als die Sonnen ihren höchsten Stand erreichten, erblickten sie in der Ferne eine Karawane, die langsam nordwärts zog. Trotz ihrer Angst zwang der Hunger sie dazu, sich den Händlern zu zeigen und um etwas zu essen zu bitten. Sie bekamen ein paar altbackene Fladen und kleine, schrumpelige Äpfel, die sie gierig verschlangen. Je weiter sie südwärts zogen, umso weicher und sandiger wurde der Boden. Am Abend schließlich erreichten sie das Große Wasser, das in weichen Wellen die Küste umspülte. Ellin, die noch nie zuvor das Große Wasser gesehen hatte, betrachtete fasziniert die endlose, blaue Fläche. Lange Gräser wehten im Wind und überall lagen Muscheln, bunte Steine und glitschige Schlingpflanzen im Sand. Yasu stieß einen entzückten Ruf aus und begann, kleine blaue Muscheln aufzulesen.
    »Was machst du da?«, rief Ellin ihr nach.
    »Das sind Humbamuscheln, die durch das zurückweichende Wasser an den Strand gespült wurden. Sie sind wohlschmeckend und nahrhaft«, erwiderte Yasu.
    Nun begann Ellin, ebenfalls Muscheln aufzusammeln. Nachdem sie ihre Röcke gefüllt hatten, suchten sie einen windgeschützten Platz hinter einer Düne und legten ihre Beute ab. Anschließend sammelten sie Gräser und dürre Zweige, die der Wind herbeigeweht hatte, und entzündeten ein Feuer. Yasu zeigte Ellin, wie man die Muscheln öffnete und das glitschige Fleisch herauslöste. Dieses spießten sie auf dünne Stöckchen und rösteten es über den Flammen. Der Nordstern glänzte am Himmel, als sie endlich ihre Mahlzeit verspeisten. Die schwabbelige Konsistenz und der fettige Geschmack des Muschelfleisches waren gewöhnungsbedürftig, doch Ellins knurrender Magen besiegte ihre Vorbehalte. Heißhungrig stopfte sie das Fleisch in sich hinein. Anschließend wickelte sie sich in ein Tuch und schlief auf der Stelle ein.
    Kurz, nachdem der Nordstern hinter dem Horizont versunken war, wurde sie von leisem Wiehern geweckt. Erschrocken richtete sie sich auf und lauschte. Ein frischer Wind fegte über sie hinweg und das beständige Rauschen der Wellen übertönte fast das dumpfe Geräusch der Pferdehufe. Mit klopfendem Herzen drückte sie sich an die schützende Düne. Sie überlegte, ob sie Yasu wecken sollte, doch da das Feuer heruntergebrannt war und sie nicht annahm, dass die Reiter sie in der Finsternis entdecken würden, entschied sie sich dagegen. Es bestand kein Grund, Yasu jetzt schon in Angst und Schrecken zu versetzen. Die Reiter näherten sich. Ellin konnte ihre Stimmen hören. Sie fragte sich, wer in der dunkelsten Nacht am Wasser entlangritt, wo man nicht einmal die eigene Hand vor Augen sehen konnte? Eigentlich fiel ihr nur einer ein, der das konnte. Ihr Herz hüpfte aufgeregt und sie verspürte den plötzlichen Drang, sich bemerkbar zu machen. Schon hatten die Reiter ihren Schlafplatz passiert und entfernten sich. Ellin zögerte. Sollte sie es tun? Nein. Es war zu gefährlich, schließlich wusste sie nicht mit Sicherheit, ob es sich wirklich um die Uthra handelte. Der Gedanke, dass Kylian ganz nah war, vielleicht sogar das gleiche Ziel hatte, ließ sie nicht mehr los.
    Den Rest der Nacht grübelte sie und betrachtete dabei das schwarze Wasser, in dem von Zeit zu Zeit leuchtende Wesen auftauchten und wieder verschwanden. Einmal glaubte sie etwas unglaublich Großes zu erblicken, das sich wie ein fahles Schattenbild in der Ferne erhob. Im Morgengrauen weckte sie Yasu und sie setzten ihren Weg fort. Nach und nach kamen Boote und kleinere Schiffe in Sicht, die in Strandnähe ankerten, sowie windschiefe Hütten und Siedlungen.
    »Freie Fischer«, erklärte Yasu, als sie Ellins fragenden Blick bemerkte. »Sie leben immer in Nähe des Großen Wassers.«
    »Könnten wir sie nicht fragen, ob sie uns nach Tuipan bringen?«, fragte Ellin hoffnungsvoll.
    Yasu schüttelte den Kopf. »Ihre Boote sind zu klein um die gefährlichen Gewässer vor Tuipans Steilküste

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