Ellin
belohnen ließ. Sein hellrotes Fell war am Rücken mit mehreren schwarzen Streifen versehen und auch die Spitze des langen Schwanzes war schwarz. Zudem hatte das Tier einen lustigen Schnurrbart, der in dünnen Fäden fast bis auf die Brust fiel. Schon damals hatte sie dieses Wesen aufregend gefunden, doch in seiner natürlichen Umgebung und in solch großer Zahl boten die Apinas ein wahrhaft beeindruckendes Bild.
Ellin war so sehr in die Betrachtung ihrer Umgebung vertieft, dass sie sogar ihre Sorgen vergaß.
Der gewundene Weg führte langsam aber stetig bergauf und offenbarte nichts, als endloses Grün gesprenkelt mit bunten Blütentupfen. Die kleine Sonne versank hinter den Kuppelbergen, die große Sonne war schon längere Zeit verschwunden. Besorgt blickte Ellin zum Himmel hinauf. Würden sie etwa mitten im Dschungel rasten? Die Vorstellung verursachte ihr Unbehagen. In dem dichten Gestrüpp könnten sich alle möglichen gefährlichen Wesen verstecken, ohne gesehen zu werden. Ihr Stolz verbot es ihr, die Bedenken zu äußern und so versuchte sie, in den Gesichtern der anderen zu lesen. Doch weder Geldis’ noch Jeshs Miene gaben Aufschluss darüber, ob sie hier übernachten würden und Nuelia machte seit Butans Tod sowieso ein verbissenes Gesicht. Ellin rief sich in Erinnerung, dass die Gruppe den Wald nicht zum ersten Mal durchquerte. Wenn die Uthra keine Angst hatten, dann bestand kein Grund, warum sie Angst haben sollte. Seufzend schloss sie die Augen. Es hatte keinen Sinn zu grübeln, sie konnte nur abwarten. Der schaukelnde Gang des Pferdes wiegte sie in einen Dämmerzustand zwischen Wachen und Schlafen, unbewusst sackte sie gegen Kylians Rücken.
»Hier werden wir nächtigen.« Kylians Stimme riss sie aus ihren Träumen.
Da es schon dunkel war, dauerte es einen Augenblick, bis Ellin etwas erkennen konnte. Sie befanden sich noch immer im Wald, doch das Dickicht war an dieser Stelle nicht ganz so undurchdringlich. Fünf riesenhafte Bäume standen in einem Kreis um eine kleine Lichtung herum. Zwischen den Baumstämmen befanden sich Plattformen, auf denen zahllose Apinas herumlungerten. Als die Tiere ihrer ansichtig wurden, fingen sie an zu kreischen und herumzuhüpfen. Eines der Tiere sprang nach links und landete auf der nächsten Plattform. Die anderen Apinas sprangen hinterher, scheuchten weitere Apinas auf, bis sie in einem großen, kreischenden Haufen von Plattform zu Plattform sprangen. Auf der Plattform hinter ihr entdeckte Ellin Menschen, die mit lauten Rufen und Fackeln versuchten, die aufgebrachten Tiere zu verscheuchen. Der verführerische Duft nach gebratenem Fleisch wehte von ihrem Lagerfeuer zu ihnen hinab. Ellin lief das Wasser im Mund zusammen.
»Wo sind wir?«, fragte sie.
»Ein Ruheplatz für Reisende. Eine der vielen Annehmlichkeiten, die die Herrscherin hat errichten lassen. Auf den Plattformen können müde Wanderer, unbehelligt von räuberischen Kreaturen, die Nacht verbringen«, erklärte Kylian.
Nachdem sich die Apinas wieder beruhigt hatten, kletterte die Gruppe über eine schmale Leiter hinauf, wobei die wackelige Stiege eine echte Herausforderung für Ellin darstellte. Jesh sammelte Feuerholz, band es sich auf den Rücken und folgte ihr. Oben angekommen zogen sie die Leiter hoch und wickelten sie um einen Stab. Der durchdringende Moschusgeruch der Apinas hing noch in der Luft und ihre aus Farnen und Blättern gefertigten Schlafnester lagen über die gesamte Plattform verteilt. Jesh lief zur Feuerschale, legte das Holz hinein und entzündet es. Ellin und Nuelia schubsten die Schlafnester hinunter und Geldis packte den restlichen Proviant aus.
»Es wird Zeit, dass wir nach Huanaco kommen. Ich will endlich wieder etwas Richtiges essen«, murrte Kylian beim Anblick des kargen Mahls.
»Und dann auch noch der Geruch von Fleisch, der zu uns herüberweht. Das macht es umso schlimmer«, bestätigte Jesh.
»Jammert nicht herum«, schalt Nuelia. »Seid ihr Uthra oder ein Haufen klagender Waschweiber?« Flink zerteilte sie die dürftigen Reste Trockenfleisch und die schrumpeligen Rüben. »Butan hätte nie derart herumgejammert.«
»Du hast recht«, gab Kylian zu, spießte die altbackenen Gerstfladen auf und hielt sie über das Feuer.
Jesh gab Öl in die Pfanne und fügte das Trockenfleisch/Rüben-Gemisch hinzu, welches ihm Nuelia reichte. Anschließend verteilte er das Essen. »Für morgen früh haben wir dann jeder noch einen Apfel und einen Gerstfladen«, sagte er.
Ellin
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