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Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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nahte der Höhepunkt und damit der Abschluß der offiziellen Audienz. Die Abordnung der Inseln wurde feierlich von Trompetenstößen und Trommelwirbeln angekündigt. Ein Herold der Inseln in leuchtend blauen und grünen Gewändern stieß seinen Stab hallend auf den Marmorboden und kündigte mit klingender Stimme an: »Im Namen Ihrer Erhabenheit, der Großherzogin von Rhûn und Rhan, Schutzherrin der Tausend Inseln, Patronin der Südlichen Meere, vermelde ich die Ankunft des Hochgeborenen Prinzen Cesco, Erbe von Rhûn und Bewahrer des Herzöglichen Siegels.«
    Ein weiterer Tusch, und eine farbenprächtige Schar flatterte herein wie bunte Vögel. In ihrer Mitte erblickte ich den riesenhaften Erzieher Giacchîn und vor ihm das schöne Fabelwesen, das ich für eine junge Frau gehalten hatte: den Sohn und Erben des Edlen Gioanî, vierter in der Thronfolge von Rhûn und damit eine wichtige und wertvolle Geisel für den Frieden zwischen den Inseln und der Krone.
    Karas und Veelora erhoben sich, um den Jüngling achtungsvoll zu begrüßen. Der machte eine schwungvolle und elegante Verbeugung vor den Stellvertretern der Krone und drehte dann unauffällig den Kopf, um mir einen schalkhaften Blick aus violetten, wimpernüberschatteten Augen zuzuwerfen. Ich ertappte mich dabei, daß ich wie ein Idiot zurückgrinste. Cesco schnitt eine winzige Grimasse und war dann wieder ganz Ernst und Sammlung – eben ein Prinz der Inseln.
    Mit verschiedenen blumigen Begrüßungsansprachen und Beteuerungen des guten Willens und der Friedfertigkeit aller Vertragsparteien ging der offizielle Krontag endlich zu Ende. Die Höflinge wurden in aller Form hinausgescheucht, nur Cesco und sein Erzieher blieben in der sich leerenden Halle zurück, weil sich nun ein gemeinsames Essen in einem der kleinen Bankettsäle anschließen sollte.
    Veelora ließ sich von ihrer Kommandantin aufatmend aus dem Küraß helfen. Karas schob ohne jede Formalität einfach den Stirnreif der Krone beiseite und setzte sich mit einem erleichterten Ächzen auf den bequem hohen Thron, um sein krankes Bein besser ausstrecken zu können. Leonie legte den schwarzen Umhang ab und stand wieder in ihrer weißen Wolke von Kleidern vor uns. Der junge Cesco – er war drei Jahre älter als ich, wie ich aus Karas' Unterlagen wußte – hockte als schmalgliedriger Paradiesvogel auf den Stufen der Empore und lachte mich fröhlich an.
    »Du Sohn von Herrin, Ellorrran?« fragte er neugierig. Ich schüttelte den Kopf und erklärte, daß Veelora meine Großmutter sei.
    »Ah, Mutter von Mutter, êe ver?«
    Veelora trat zu uns und sah Cesco neugierig an. »Woher kennt ihr euch, Cesco?« fragte sie erstaunt. »Ihr seht euch doch heute nicht zum ersten Mal, oder täusche ich mich?«
    Cesco grinste mich an, und ich lachte zurück. »Wir uns gestrig in Giardîn getroffen. Sehr schöne, grün!« sagte er eifrig.
    Veelora lachte. »Cesco, deine Aussprache ist sehr viel besser geworden, seit wir uns das letzte Mal unterhalten haben. Du hast wirklich einen guten Lehrer.« Der riesige, schweigende Schatten hinter dem zierlichen Jüngling neigte dankend den Kopf.
    Karas klatschte jetzt Aufmerksamkeit heischend in die weichen Hände. »Laßt uns zum Essen gehen, ich glaube, ich verhungere sonst hier auf den Stufen des Throns«, rief er gutgelaunt. Anscheinend war er heilfroh, den offiziellen Teil des Krontages hinter sich gebracht zu haben. Sein Kragen hing auch schon wieder halbaufgelöst an ihm herunter. Ich nahm das als stillschweigende Erlaubnis und knöpfte meinen steifen, kratzigen Kragen ebenfalls auf. Cesco nahm meinen Arm und befühlte den dicken Brokatstoff.
    »Ist nicht schön«, sagte er verwundert. »Viel zu dickig, harrrt, Ellorrran! Fühl dich hier!« Er nahm meine Hand und führte sie an seine Brust. Unter dem dünnen gold-rot-blauen Seidenstoff spürte ich warme Haut und den schnellen Schlag seines Herzens. Ich sah in seine amethystfarbenen Augen und merkte, wie mir der Mund trocken wurde. »Schön«, sagte ich unwillkürlich und wurde rot. Cesco sah mich unverwandt an und ließ meine Hand nicht los. Ich spürte Leonies wachsamen Blick auf uns ruhen und machte mich hastig von Cesco los. Er lächelte, und eine kleine rosa Zungenspitze spielte über die pfirsichfarbenen Lippen. Ich konnte kaum den Blick von ihrem feuchten Glanz wenden.
    »Kommt schon, Kinder«, klang es ungeduldig von der Tür. »Ihr habt noch reichlich Gelegenheit, miteinander zu reden.« Veelora wartete im Türrahmen,

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