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Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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stöhnte auf und stemmte sich in den Stand. Er hinkte zu mir hinüber und griff nach meinen Händen. Ich entzog sie ihm und funkelte ihn wütend an. Er gab nicht nach, packte meine Schultern und zog mich trotz meines Sträubens an sich.
    »Elloran, Junge, bitte. Wir wollten dir nicht w-weh tun.« Jetzt stotterte er auch. Ich biß die Zähne zusammen und versteifte mich in seiner Umarmung. 
    »Ich habe dir nichts gesagt, weil ich Angst um dich hatte. Meine Tochter ist nur deshalb getötet worden, weil sie meine Tochter war. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, daß ich meinen einzigen Enkel genauso verlieren könnte!« Ich spürte, wie er zitterte. »Ich habe meine Kinder nach Ellianas Tod nie wieder gesehen; ich habe jede Verbindung zu ihnen abgebrochen, um nicht auch sie in Gefahr zu bringen. Elloran, bitte. Verurteile mich nicht deswegen, ich könnte es nicht ertragen!« 
    Peinlich berührt mußte ich erleben, wie er weinte. Mein Groll war nicht kleiner geworden, aber ich konnte nicht länger mitansehen, wie der alte Mann sich vor mir erniedrigte. Widerstrebend hob ich meine Hand und legte sie zögernd auf seinen Arm.
    »B-bitte, domu Karas, hört auf. Es ist g-gut. Aber Ihr dürft nicht von mir verlangen, daß ich Leonie nicht m-mehr sehe. Sie ist mir zu w-wichtig.« Genaugenommen hatte ich sie schon seit dem Krontag, an dem wir kein einziges Wort miteinander gewechselt hatten, nicht mehr gesehen. Aber hier ging es um etwas ganz anderes.
    Karas schneuzte sich und hockte mit müde hängenden Schultern vor mir. Endlich nickte er und murmelte: »Ich kann dir keine Vorschriften machen. Aber sei auf der Hut, Elloran. Ich bitte dich inständig, sei auf deiner Hut!«
    Ich nickte steif und erhob mich. Er blickte zu mir auf und fragte schwach: »Kannst du mir vergeben, Elloran? Vergiß nicht, ich liebe dich. Nur darum ...« Er stockte und verstummte. Ich sah erbarmungslos auf ihn herunter und erwiderte nur kalt: »Gute Nacht, Kammerherr. Schlaft wohl.«
    Als ich bereits auf dem Gang war, hörte ich ihn tödlich verletzt aufschreien: »Elloran!« Ein schwaches Lächeln hob meine Mundwinkel. Ich ging fast beschwingt in mein Quartier.
    Am nächsten Morgen fing mich Mikel an der Tür zu Karas' Quartier ab. » domu Karas ist erkrankt und wünscht keinen Besuch, junger Herr«, sagte er säuerlich.
    Ich zuckte mit den Achseln. »Hat der Kammerherr Anweisungen für mich hinterlassen?« fragte ich.
    »Nein, junger Herr.« Sein Mund schnappte zu. Ich nickte ihm fröhlich zu und ging meines Weges. Es war ein schöner Morgen, ich würde ein wenig mit Jenka üben – sie müßte eigentlich gerade dienstfrei sein – danach frühstücken und mich endlich einmal wieder bei Leonie sehen lassen.
    Jenka zeigte sich angenehm überrascht. Wir verbrachten eine schweißtreibende Stunde auf dem Waffenhof. Schweratmend standen wir hinterher neben dem Brunnen und spülten uns Staub und Schweiß von den Körpern.
    »Sag mal«, sagte Jenka, »hast du immer noch Streit mit deiner Großmutter?«
    Ich sah sie groß an und nibbelte mir den Kopf trocken. Meine nassen Haare klebten mir unangenehm auf den Schultern. Ungeduldig wand ich sie zu einem feuchten Knoten zusammen. »Wie kommst du darauf?« fragte ich zurück.
    Sie hob die Schultern und kratzte sich versonnen den Schorf von einer alten Schramme am Arm. »Du wirkst so seltsam aufgedreht. Gar nicht wie sonst. Ich dachte, es hätte vielleicht mit dieser Sache vor einigen Tagen zu tun, die dich so schrecklich aufgeregt hat.«
    Ich schüttelte den Kopf und lachte. Es klang nicht ganz echt, aber Jenka schien es zu schlucken. Wir frühstückten noch gemeinsam im Mannschaftsraum und trennten uns dann für diesen Vormittag.
    Ich fühlte mich großartig, das regelmäßige Training mit Jenka tat mir gut. Leichtfüßig sprang ich die Treppe zum Palas hoch und klopfte an Leonies Tür.
    »So früh?« rief sie von innen. »Komm herein, Elloran.«
    Sie kniete auf ihrem dicken S'aavaranischen Teppich und hatte Federn und kleine Steine vor sich ausgebreitet. Lächelnd sah sie zu mir auf und pustete mir eine sonnengelbe, flaumige Feder zu.
    »Tu mir den Gefallen und mach keinen Wind. Setz dich da drüben hin, ich bin gleich fertig.«
    Ich tat, was sie wünschte und sah gebannt bei ihrem seltsamen Werk zu. Sie verschob konzentriert einen kleinen graugrünen Kiesel, so daß er zwei rotblaue, schillernde Federn berührte. Dann nahm sie drei rötliche, glattpolierte Steine auf und wog sie nachdenklich in der Hand,

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