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Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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Er redet die ganze Zeit über völlig unverständliches Zeug. Ach du liebe Güte, jetzt geht das schon wieder los! Hol die Schüssel ...«
    »Komm schon, weiter, wir sind noch nicht fertig!« Sie zerrte mich immer weiter hinter sich her.
    »He, können wir nicht mal eine Pause machen? Ich fühle mich schrecklich!«
    »Du bist zu fett geworden, Elloran. Du kommst viel zu schnell aus der Puste.«
    »Warum zeigst du mir das alles? Was hat das für einen Sinn?«
    »Das wirst du schon sehen«, antwortete sie. »Jetzt komm endlich weiter.«
    Wir folgten dem Mann durch sein Leben wie durch einen zügellosen, ausschweifenden Bilderbogen der Begierden und widerwärtigsten Lasterhaftigkeiten. Und während der ganzen Zeit, in der ich nicht in der Lage war, meinen widerstrebenden Blick von den Untaten dieser abscheulichen Kreatur zu wenden, flüsterte die Stimme meiner Schwester in mein Ohr: »Dieser Mann hat sein Volk nach und nach ausgeblutet und die Kronstaaten in den greulichsten und längsten Krieg ihrer Geschichte getrieben. Er hätte Krone und Stab in allen Ehren tragen können, denn er ist der rechtmäßige Herrscher, aber er zieht alles, was edel und gut ist, zu sich in den Dreck und tritt noch mit Füßen darauf herum. Er ruht nicht eher, bis alles um ihn herum genauso niedrig und besudelt ist wie er selbst. Sieh gut hin, Elloran!« Ich war gezwungen, ihm weiter zu folgen. Seine perversen Untaten wurden immer monströser, immer unfaßbarer. Die ekelhafte Fäulnis unter der gepflegten, wohlriechenden Oberfläche trat deutlicher und deutlicher zutage. Dieses Monstrum in Menschengestalt kannte keine Güte, keine Liebe, keine edlen Gefühle. Er wollte nur eines: rücksichtslos seine maßlose Gier stillen. Ich hielt den Anblick nicht mehr aus, schloß meine brennenden Augen und flehte meine Schwester an, mich gehen zu lassen.
    »Noch nicht, Elloran, wir sind noch nicht fertig«, hörte ich sie erbarmungslos antworten, ehe ich in gnädiges Dunkel fiel.
    »Junge, hörst du mich?« Ich stöhnte und warf den Kopf herum, schlug dabei eine weiche Hand fort.
    »Er hat zumindest aufgehört, sich zu übergeben«, sagte eine andere Stimme. »Wenn es wirklich Gift war, müßte das Brechmittel es eigentlich herausgetrieben haben. Aber ich bleibe heute nacht noch bei ihm, es ist wahrscheinlich noch nicht ganz ausgestanden.«
    Die weiche Hand kam wieder und lag sacht auf meiner verschwitzten Stirn. »Meine Schuld«, sagte die erste Stimme verloren. »Alles meine Schuld.«
    »Dummes Zeug«, fuhr ihn jemand anderes an. »Du hast völlig richtig gehandelt, Karas. Der Junge ist verrottet; verfault und verdorben bis ins Mark. Wir hätten ihn zu seinen Eltern zurückschicken sollen!«
    »Nein, nein, das stimmt nicht, Vee! Der Junge – er ist in falsche Gesellschaft geraten. Ich habe es nicht schnell genug unterbunden, ich dachte, es täte ihm gut, sich ein wenig auszutoben. Aber er ist nicht schlecht, wirklich nicht!«
    »Ach, Karas«, sagte die andere zärtlich. »Du bist ein hoffnungsloser Fall. Was sollen wir nun tun? Alles, wofür wir all die Jahre gearbeitet haben ...« Die Stimmen verloren sich im Dunkeln.
    »So, weiter jetzt, mein Schatz«, sagte meine Schwester munter. »Keine Angst, du hast es fast geschafft. Wir sehen uns nun das Ende an.«
    Das Dunkel hob sich, und ich fand mich in einem überheizten, prunkvollen Gemach wieder. Der Mann wandte mir den Rücken zu und starrte regungslos auf ein Schreiben in seiner Hand. Ein kostbarer, reich verzierter Schlafrock, zerdrückt und besudelt, umhüllte nachlässig seinen unförmig fetten Leib. Bleiche, schwammige Hände zerknüllten krampfhaft das Papier und griffen mit bebenden Fingern nach einem weingefüllten Pokal. Er leerte ihn hastig, ohne darauf zu achten, daß ein Teil des Inhaltes auf seinen Schlafrock und das spitzenbesetzte Hemd darunter lief und den unzähligen alten frische Flecken hinzufügte. Dann füllte er den Pokal erneut und wählte sorgfältig einen der Pfirsiche aus der silbernen Schale auf dem Tisch. Er drehte sich um und gab jemandem hinter mir einen barschen Befehl. Ich konnte seine Stimme nicht hören, aber dafür sah ich ihn deutlicher denn je. Sein Gesicht schien feist und aufgedunsen, jede seiner Taten spiegelte sich deutlich in den schlaffen, fleischigen Zügen. Diese von Ausschweifungen und Gemeinheit gezeichneten Züge boten jetzt nur noch die traurige Parodie eines menschlichen Antlitzes.
    Mit abstoßender Gier grub er seine Zähne in den Pfirsich und

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