Ellorans Traum
Nehmt doch das Gesicht weg. Bitte, nehmt es weg, nehmt es weg, nehmt es weg, nehmt es ...
Laute, schnelle Schritte. »Hier, nehmt den Spiegel.«
Nehmt es weg, nehmt es ... Das Gesicht. Aufgerissene Augen. Schreiender Mund. Konturlos, teigig. Aufgedunsene Haut unter den Augen. Schlaffer, gieriger Mund. Nehmt es weg, nehmt es weg, Nehmt. Es. Weg.
Nein. Nicht das Gesicht aus meinem Alptraum. Mein Gesicht? Mein Gesicht. Mein Gesicht.
Arme um mich. Tröstend. Beruhigend. »Schsch, mein Kind. Schsch. Weine ruhig, das ist gut. Ja, das ist gut. Schschu.« Streichelnde Hände. Leonies Hände, meiner Schwester Hände. Ruhe, Dunkel.
»Danke, Botschafter.«
»Wofür? Erklärt mir lieber, was ihr mit dem armen Kind gemacht habt!«
Dunkel, Stille, Schlaf ...
Ich blinzelte in das helle Sonnenlicht, das auf mein Bett fiel. In dem Sessel neben dem Bett saß jemand, und als meine Augen sich an das Licht gewöhnt hatten, erkannte ich den schlafenden Tom. Ich stützte mich auf die Ellbogen und wunderte mich über meine Schwäche. Was war passiert? Ich hatte Cesco, meinen wunderbaren Cesco, zur Tür gebracht und mich danach schlafen gelegt. Und dann? Wirre Träume, an die ich mich lieber nicht erinnern wollte. Warum saß Tom hier? Und weshalb fühlte ich mich derart durch die Mangel gedreht? Cesco hatte bestimmt wieder irgendwas in den Wein gemischt, das mich komplett umgehauen hatte. Das sollte ich ihm wirklich abgewöhnen. Ich schwang die Beine aus dem Bett und mußte erst mal einen Augenblick pausieren. Junge, was muß das für ein teuflisches Zeug gewesen sein, mir war vielleicht schwindelig!
Tom schnarchte erschreckt und wachte auf. Sein Blick war verschwommen, klärte sich aber schnell, und er sah mich mit komischem Erstaunen an. »Was tust du da?« fragte er laut. Ich kicherte und versuchte, auf die Beine zu kommen.
»Du stellst v-vielleicht Fragen! Ich stehe aus meinem Bett auf, m-machst du das nie?«
Er sprang hoch und drückte mich wieder zurück.
»Du bleibst gefälligst liegen! Bist du noch zu retten? Maddoc, verdammt! Hilf mir!«
Wir rangen miteinander, und ich schimpfte erbost. Was fiel ihm bloß ein, mich am Aufstehen zu hindern? Das hieß doch nun wirklich, den Stubenarrest ein wenig zu weit zu treiben!
Jetzt kam auch noch Akim hereingestürzt. Er sah aus, als hätte er in seinen Kleidern geschlafen. Er stellte sich in der Tür auf, die Hände in die Seiten gestemmt und sah unserem Ringkampf eine Weile zu.
»Und, amüsiert ihr euch?« fragte er trocken. Ich mußte lachen, und Tom nutzte die Gelegenheit, mich auf die Matratze zu werfen und das Laken über mich zu decken.
»W-warum hast du es nur immer so eilig, mich ins Bett zu bek-kommen?« frotzelte ich und wurde mit einem aufgebrachten Blick belohnt. Akim prustete unterdrückt.
»Halt den Mund, du kleine Kröte, sonst passiert was!« drohte Tom und wandte sich dann heftig um. »Maddoc, hör auf zu gackern und sag Galen Bescheid. Und der Maga, dem Kammerherrn und ...«
» ... dem Rest der Burg, in Ordnung. Am besten gebe ich ein Rundschreiben raus.« Er ging, und ich sah ihm sprachlos nach.
»Sag m-mal, Tom, was ist eigentlich los hier? S-seid ihr übergeschnappt? Ihr müßt doch nicht aller Welt m-melden, daß ich aufstehen will. Ich möchte doch nur frühstücken und ein bißchen die W-Wände anstarren, dann gehe ich ohnehin w-wieder ins Bett.«
Er ließ sich in den Sessel fallen und fing hilflos an zu lachen. Ich schob mich vorsichtig in eine sitzende Haltung und schielte nach der Tür. Wenn hier irgendeine Art von ansteckendem Wahnsinn grassierte, wäre es vielleicht besser, wenn ich – Die Tür flog so heftig auf, daß sie gegen die Wand knallte. Karas platzte herein. Sein Gesicht war fleckig und erregt, und ich begann jetzt ernsthaft, mich zu fürchten. Hinter ihm stand meine Großmutter, und ganz im Hintergrund glaubte ich, auch Jenkas dunkles Gesicht erkannt zu haben. War denn die ganze Burg befallen? Schützend zog ich das Laken um mich und wünschte mir ein Messer oder wenigstens einen kräftigen Knüppel zu meiner Verteidigung.
Der Kammerherr stürzte sich auf mich und packte mich bei den Schultern. Sein keuchender Atem blies mir ins Gesicht. Ich starrte ihn an und wünschte mich ganz weit fort, aber es gelang nicht. Diesen Zauber hatte ich noch nie richtig im Griff gehabt.
»He, he!« rief Akim warnend. »Nun mal sachte, Kammerherr, Ihr macht dem Jungen ja angst!« Karas ließ mich los und fiel auf die Bettkante. Er schlug mit
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