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Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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glaube, ich weiß, was ihm jetzt noch helfen könnte. Bleib hier bei ihm, Kleines.«
    »Ich bin doch immer bei ihm«, sagte meine Schwester sanft.
    »Sie machen mit dir, was sie wollen, merkst du das nicht?« Ein Schnabel pickte zärtlich in mein Ohrläppchen. »Sie wollen nicht, daß du fortgehst, weil sie dich dann nicht mehr herumschubsen können. Tanze nur immer schön nach ihrer Pfeife, dann bleibst du auch ihr lieber, lieber Junge. Willst du das? Sieh dir doch an, was passiert, wenn du einmal gegen ihren Willen handelst. Arrest, als hättest du ein Verbrechen begangen! Und warum? Nur weil du jemanden liebst, der deinen Großeltern nicht in den Kram paßt! Wenn du bleibst, wirst du für immer ihre Marionette sein. Zupf, Zupf, Zupf an den Fäden, und die Puppe tanzt. Nach ihrer Musik, nach Leonies Musik, nach jedermanns Musik, nur nicht nach der deinen! Ist es das, was du aus deinem Leben machen willst?« Höhnisches Krächzen und ein Flügelschlag, der meine Wange traf. Ich jammerte leise und warf mich herum.
    »Warum hat er die Augen verbunden?« Geschickte Finger schälten das Weiche, Warme von meinen Lidern. Schnalzen, ein erschreckter Ausruf.
    »Du lieber Himmel, wie ist das denn passiert?«
    »Das hat er sich selbst beigebracht, sagte die Heilerin. Scheint aber gutgegangen zu sein, das sind keine ernsthaften Verletzungen.«
    »Was für ein Gift war das eigentlich?«
    »Wenn ich das wüßte ... Ich wollte, Jemaina wäre hier. Das war immer eines ihrer Spezialgebiete. So. Jetzt laß mal sehen.«
    Luftzug an meinem bloßen Körper, unangenehm kühl. Heftiges Einatmen. »Maddoc!«
    »Ja, interessant, nicht?« Hände auf meinem Leib, fest, sachlich, untersuchend.
    »Interessant? Das ist entsetzlich! Der Junge hatte eine Haut wie Samt und Seide, und jetzt sieh dir das an. Das ist doch eine Schande!«
    »Jetzt übertreib nicht so, Tom. Das hier, das sieht aus, als wäre er dir in die Klauen gefallen; schau mal, diese Narbe.«
    »Du weißt genau, daß ich nie ...«
    »Ja, ja. Hilf mir lieber mal, ihn auf die Seite zu drehen. Holla!« Ein Pfiff. »Die hier ist schon alt, aber das da werde ich wohl besser behandeln, sonst entzündet es sich noch. Und dieser Bluterguß sieht böse aus – hoffentlich hat er keine inneren Verletzungen davongetragen, das ist eine üble Stelle. So, du kannst ihn jetzt loslassen.«
    Wärme. Dunkelheit. Murmelnde Stimmen. Eine neue Stimme, Gänsehaut. Klagen. Wieder Hände, kalt. An meinem Ohr, an meinem Handgelenk. Lange, endlos lange. Stimme in meinem Kopf, sanft, freundlich. Stimmen an meinem Ohr.
    »Er hat die Augen geöffnet.«
    Helligkeit. Geblendet. Schmerz. Ein unbewegtes Gesicht. Augen ohne Farbe, kalt. Gehen an mir vorbei, sehen meine Schwester an.
    »Vielleicht kann das Mädchen uns weiterhelfen.«
    »Welches Mädchen meinst du, Galen?«
    Gesicht kommt näher. Augen bohren sich in meine, farblos und grün und golden und silbergrau und violett ... Schwindel. Hände an meinem Handgelenk, Finger in meiner Handfläche, Finger an meinem Kinn, hinter meinem Ohr.
    – Hörst du mich? Im Inneren meines Kopfes.
    – Ja.
    – Komm zurück. Du bist noch nicht fertig mit dem, was du tun mußt.
    – Ich mag nicht mehr. Es tut weh. Sie tun mir weh.
    – Du hast Hilfe. Du hast Freunde.
    – Keine Hilfe. Keine Freunde. Allein.
    – Deine Schwester? Dein Vater? Deine Großeltern, dein Geliebter, Tom, die kleine Soldatin ...
    – Nein.
    Seufzen. »Er wehrt sich.« Kurzes, trockenes Auflachen. »Ich werde mir wohl etwas einfallen lassen müssen, damit ich mein Stiefkind nicht verliere, ehe ich es überhaupt kennengelernt habe.«
    »Galen, du redest irre. Erst ein Mädchen, das uns helfen kann und dann dein Stiefkind. Muß ich jetzt auch noch anfangen, mir Sorgen um deinen Geisteszustand zu machen?« 
    Keine Antwort. Augen, die mich loslassen und sie ansehen.
    »Kannst du etwas für ihn tun? Du bist nicht ganz unschuldig an seinem Zustand.«
    »Bei Omellis Holzbein, mit wem redest du?«
    Gereizt. »Könntet ihr beiden Idioten mir den Gefallen tun und hinausgehen? Ihr stört.« Türenknallen.
    Sanfter. »Also?«
    »Weißt du, das ist nicht so einfach. Ich habe ihm etwas gezeigt, das ihn fürchterlich erschreckt hat, und jetzt spielt er die beleidigte Leberwurst.«
    »Versuch es wenigstens. Bitte.«
    Ihre Hände, seine Hände. Liebe. Freundschaft. Besorgnis. Das Gesicht aus meinem Alptraum ... Schreie, wer schreit da nur so entsetzlich? Bringt ihn doch zum Schweigen, das halte ich nicht aus!

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