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Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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das ganze Blaue Viertel aufwiegelt.« Erman murmelte etwas, und Julian erwiderte heftig: »Das ist mir völlig gleichgültig! Meinetwegen gefesselt und geknebelt, aber ich will sie noch heute abend hier auf diesem Stuhl sitzen sehen!«
    Wenig später klappte eine Tür, und weiche Schritte näherten sich der Bibliothek. Julian schlug den Vorhang beiseite und sah finster durch mich hindurch. Ich räusperte mich verlegen und sprach ihn leise an; fragte ihn, ob er lieber allein sein wollte. Er zuckte leicht zusammen und rieb sich über die Stirn.
    »Entschuldige, Elloran. Ich habe mich in letzter Zeit nicht sehr gut um dich gekümmert, richtig?« Er ließ sich mir gegenüber in einen der weichen Polsterstühle fallen und faltete die Hände über dem Bauch. Diese Geste erinnerte mich seltsam an Karas, obwohl der betreffende Körperteil bei Julian im Gegensatz zu dem seines Vaters alles andere als ausladend geformt war.
    »Ich v-vermisse nichts, Julian. Allerdings hattest du versprochen, mir zu verraten, wer mich vergiftet hat. Und d-du wolltest meine Hilfe bei etwas ...« Ich sprach nicht weiter, erwähnte nicht seine großspurigen Worte, er sei in der Lage, mich zu heilen.
    Julian schloß für eine Weile die Augen. Sein knochiges Gesicht war erschöpft, er wirkte noch melancholischer als sonst. »Ja«, sagte er leise. »Das ist eine böse Geschichte.« Er sah mich besorgt an. »Bist du sicher, daß du es wirklich hören willst, Elloran? Es wird dir weh tun.«
    Ich biß ergrimmt die Zähne zusammen. »W-weh tun? Jemand haßt mich so sehr, daß er mich töten will. Das tut w-weh!« Er nickte und schloß wieder die Augen. Hinter seinem Stuhl schimmerte weiß und rot die Gestalt meines Dämons auf. Sie blieb verschwommen, wie ein Bild, das man durch dickes Glas betrachtet.
    »Denk einmal selbst nach«, begann Julian. »Wer kann Interesse daran haben, dich zu beseitigen?« Ich hob ratlos die Schultern. Darüber zerbrach ich mir nun schon lange genug ergebnislos den Kopf.
    »Du bist der Thronerbe, Elloran. Das muß der Grund für den Anschlag gewesen sein, richtig?« Ich stimmte ihm zu. »Gut, dann wissen wir doch schon mehr. Wer wußte überhaupt davon, daß du die künftige Krone bist?«
    Ich öffnete den Mund und schloß ihn erschüttert wieder. Er hatte die Augen einen Spalt weit geöffnet und beobachtete mich scharf. »Richtig«, sagte er mild. »Deine Großeltern und die Oberste Maga. Niemand sonst. Niemand, Elloran!«
    Ich schüttelte in heftiger Abwehr meinen Kopf. Was er da unterstellte, war monströs. Er seufzte geduldig. »Das Gift wurde dir von dem angeblichen Prinzen der Inseln verabreicht. Hast du dich nie gefragt, warum deine Großeltern nicht erkannten, daß der junge Mann, der da als Sohn des Edlen Gioanî an den Hof kam, ein Betrüger war? Weder Karas, der seit Jahren mit dem Botschafter der Inseln befreundet ist, noch Veelora, die doch den echten Prinzen noch kurz zuvor am Hofe von Rhûn gesehen hatte? Wie erklärst du dir das?«
    Ich saß wie versteinert da. Seine Worte trafen mich mit der Wucht eines Steinschlags. Ich hatte das, was er so kristallklar ausführte, bisher nicht erkennen wollen, aber ich konnte nun nicht länger die Augen davor verschließen.
    »Und L-Leonie?« krächzte ich heiser. Er lachte verhalten und böse.
    »Leonie hat auf ihre Art versucht, dich unter ihre Kontrolle zu bekommen. Du warst ein schwieriger Spielpartner für sie, mein kluger Neffe. Sie hat sich das Ganze anders vorgestellt, das darfst du mir glauben. Deshalb hat sie auch nichts dagegen unternommen, als deine Großeltern entschieden, dich zu beseitigen.«
    Ich schluckte heftig. Die undeutliche Gestalt hinter Julian schien drohend die Hände zu heben. »D-da ist sie wieder«, entfuhr es mir. Er sah mich erstaunt an. »M-meine Schwester aus dem Traum, oder w-was immer sie in Wirklichkeit sein mag«, erklärte ich und deutete auf den schimmernden Schemen. Sie verschwand.
    Julian zuckte herum und starrte in den Schatten hinter seinem Stuhl. »Du hast keine Schwester«, sagte er verwirrt. »Das muß eine Erscheinung sein, ein Dämon oder ein Alp.« Er wandte sich um und griff nach meinen Händen. »Wahrscheinlich ist es eine von Leonies Kreaturen. Verfolgt sie dich?« Ich nickte schaudernd.
    »Ich lasse mir etwas einfallen. Möglicherweise kann ich dich von ihr befreien, oder dir helfen, es selbst zu tun. Aber zuerst«, er lächelte mich an, »zuerst sollten wir etwas gegen das Gift tun. Du bist jetzt wieder kräftig genug,

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