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Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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ihr mit ihm vor? W-was ...«
    Ich mußte mitansehen, wie sich nun Galen Nikal näherte, der zusammengesunken in Ranans Fesseln hing. Er wechselte ein paar leise Worte mit dem kleinen Heiler, der nickte und zurücktrat. Galen legte seine Hände an Nikals Schläfen. Einige Atemzüge lang regte sich keiner von beiden. Dann versteifte Nikal sich plötzlich in Ranans Umklammerung. Seine aufgerissene Augen verdrehten sich, bis nur noch das Weiße darin zu sehen war. Er öffnete in entsetzlicher Agonie den Mund und schrie mit einer fremden, schrillen Stimme. Dann brach der Schrei plötzlich ab, dünne Blutfäden rannen ihm aus Mund und Nase, der Blick brach, und sein Kopf sank leblos zurück.
    Einige Atemzüge lang erstarrte das Bild. Galen und Akim schienen sich mit einem halben Lächeln gegenseitig zu beglückwünschen. Die dünnen Tentakel ringelten sich von dem leblosen Körper los und zogen sich wieder in Ranans weiße Arme zurück. Nikal landete wie eine zerbrochene Puppe zu ihren Füßen und starrte mit leeren Augen blicklos in den Himmel.
    Jetzt erst rührte sich Quinn und trat zu der erstarrten Gruppe. Sie blieb neben dem Toten stehen und blickte gelassen auf ihn nieder.
    »Gut«, sagte sie mit kühler Befriedigung in ihrer heiseren Stimme. »Das hätten wir, es wurde auch wirklich Zeit. Tom, schaff den Jungen weg. Omelli wartet.«
    Toms Krallen zogen sich in die Finger zurück, und sein Griff lockerte sich für einen Augenblick. Ich wand mich aus seinen Armen und stürmte davon. Vor Angst und Entsetzen schluchzend schlug ich mich durch das peitschende Unterholz, Rufe und Flüche hinter mir lassend, und prallte hart gegen eine schweigend dastehende düstere Gestalt.
    »Julian!« stöhnte ich. »Julian, sie h-haben ihn umgebracht! Und ich bin daran schuld!« 

20
    I ch weiß bis heute noch nicht, auf welche Weise Julian mich in dieser Nacht zurück nach Sturmhaven gebracht hat, nachdem ich ihm auf dem Galgenhügel ohnmächtig vor die Füße gefallen war. Eine Zeit der schrecklichsten Alpträume folgte. Wieder und wieder sah ich Nikal qualvoll sterben, während mich ein gesichtsloses Wesen verfolgte und mit seinen messerscharfen Klauen zu zerfleischen drohte. Dazu tanzte Cesco einen makaberen Tanz mit unzähligen bleich glänzenden Schlangen, die sich um seine schlanken Glieder wanden und ihn langsam erwürgten. Während der ganzen Zeit hatte ich das Gefühl, daß jemand bei mir saß und mich beobachtete. Als ich das erste Mal aus diesen Träumen auftauchte, blickte ich in das aufmerksame, kühle Gesicht meines Dämons.
    »Geh weg«, wisperte ich. Sie bewegte sich nicht, und ihre erbarmungslosen Augen gaben mich nicht frei. Ich schloß die Augen, um sie nicht mehr sehen zu müssen. Dafür hörte ich ihre Stimme um so klarer.
    »Vielleicht ist doch noch nicht alles zu spät, wenn du nur eine Sache erkennst, Elloran. Du warst schon auf der richtigen Fährte, aber du hast dich wieder ablenken lassen.« Sie griff nach meiner Hand und zwang mich, sie anzusehen. Ihr Gesicht war sehr nah an meinem. In ihren Augen spiegelten sich meine blassen Züge.
    »Hör gut zu, Elloran«, sagte sie fast unhörbar leise. »Es gibt mich nicht, das hast du ja inzwischen begriffen. Begreifst du aber auch, was das für dich bedeutet?« Sie ließ mich los. Ich starrte sie an, gebannt von ihrem dringlichen Ton.
    »Ich verstehe nicht«, sagte ich kläglich.
    Sie seufzte ungeduldig. »Dann denk darüber nach, Bruder. Aber beeile dich lieber, unsere Zeit läuft ab!«
    Die Tür öffnete sich, und Julian trat ein. Er stutzte einen winzigen Augenblick lang, als habe ihn etwas irritiert, dann trat er an mein Bett. »Wie fühlst du dich?« fragte er und berührte sanft meine Hand.
    Ich nickte schwach. »B-besser, glaube ich. Julian, wo sind Omellis L-Leute?«
    Er hob die Schultern. »Ist das denn noch wichtig?« fragte er gleichgültig. »Ich habe in dem Gehölz niemanden mehr gefunden, keine Leiche, keine anderen Menschen, nur deine beiden Pferde. Außerdem war ich in den letzten Wochen hauptsächlich damit beschäftigt, dich am Leben zu halten. Es war recht knapp, mein Lieber.«
    Wochen? Was wollte er damit sagen? Ich richtete mich auf, und er half mir, mich aufzusetzen. Durch das Fenster fiel heller, freundlicher Sonnenschein.
    »Wie l-lange?« fragte ich beklommen. Er hörte auf, mir Kissen in den Rücken zu stopfen und sagte: »Über vier Wochen, Neffe. Wir haben inzwischen die Winter-Letztwoche. Deinen Geburtstag müssen wir wohl

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