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Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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sag es ruhig!« kicherte ich erschöpft und lehnte mich an ihn. Wir saßen friedlich nebeneinander auf dem Gartenweg. Ich sah ihn zum ersten Mal ohne Groll an. Seine fremdartigen Kleider waren verrutscht und voller Erde, und das Haar hing zerrauft in seine Stirn, sein unverletztes Auge strahlte, und ich liebte ihn, wie ich ihn als Kind geliebt hatte. Er hob sacht eine Hand und strich mir die Haare aus dem Gesicht. Bei unserer Rangelei hatte sich wieder einmal das Lederband aus meinem Zopf gelöst. Meine Haare hingen wild an mir herunter, außerdem war mein Hemdärmel zerfetzt, und die Hose zierte ein langer Riß, durch den ich einen prächtigen Bluterguß an meinem Knie aufblühen sehen konnte.
    »Wir sehen toll aus.« Er grinste. »Wenn uns deine Leibwächterin so sieht, erschlägt sie mich sofort, wollen wir wetten?«
    Ich stand ächzend auf und belastete vorsichtig mein angeschlagenes Knie. Dann reichte ich ihm die Hand und half ihm auf. »Du hast mich getreten«, sagte ich vorwurfsvoll, während wir aufeinandergestützt zum Haus hinkten. »Dabei hast du mir früher immer gepredigt, ge-gerecht zu kämpfen.«
    »He, was nennst du gerecht?« protestierte er empört. »Stürzt dich ohne Vorwarnung auf einen alten Mann und schlägst ihn beinahe zum Krüppel, ist das etwa gerecht? Ich habe dich in reiner Notwehr getreten, das ist erlaubt!« Eine von Veeloras Wachen sah uns kopfschüttelnd nach, wie wir lachend und stöhnend an ihr vorbeiwankten.
    Auch Jenka schüttelte nur verständnislos und vorwurfsvoll den Kopf, als sie uns bemerkte. Aber sie half uns, unsere Blessuren zu versorgen und ließ uns dann rücksichtsvoll allein, nachdem sie ein kräftiges, sehr spätes Frühstück aufgetischt hatte. Meine alberne Stimmung war verflogen, und ich saß um Worte verlegen meinem Vater gegenüber. Während wir aßen musterte ich ihn verstohlen und verglich sein Aussehen mit dem alten Nikal, den ich so lange gekannt hatte. Er schien verändert, sogar stärker verändert, als er es in seiner schrecklichen Erscheinung in Sturmhaven gewesen war. Ich wußte nicht recht, wie ich es benennen sollte. Mit all seinen Narben schien auch der einfache, geradlinige Soldat verschwunden zu sein und hatte einer anderen, vielschichtigeren Person Platz gemacht. Trotzdem war es mein alter Lehrer, der da vor mir saß und mich genauso verlegen musterte, wie ich ihn.
    Ich begriff plötzlich etwas. »Du bist einer von ihnen«, sagte ich erstaunt. »Du bist einer der Fremden, du gehörst wirklich zu ihnen.« Er hatte es mir gesagt, sie hatten es mir alle gesagt, aber ich hatte nie wirklich begriffen, was das bedeutete. »Was s-seid ihr für Geschöpfe?«
    Er senkte den Kopf und dachte nach. »Einige von uns sind Menschen, mit den gleichen Vorfahren wie du und deine Leute«, begann er vorsichtig.
    »Tom? Galen? Ranan?«
    Er seufzte. »Sie sind ein großes Risiko eingegangen, dich so nah an sich heranzulassen. Wir haben strikte Anweisungen, uns nie zu lange an einem Ort aufzuhalten, damit unsere Andersartigkeit nicht bemerkt wird. Denn sie wird unwiderruflich auffallen, wenn man eng mit uns zusammenlebt.«
    Er hielt inne, und ich runzelte die Stirn. »Aber du hast fast ein Leben lang mit uns auf Salvok gelebt.«
    Er lächelte kurz. »Ich war ein Experiment. Ich stamme, wie gesagt, von der gleichen Art ab wie ihr. Meine Geschichte, mein Hintergrund als Norrländer«, er tippte sich kurz an die Stirn, »das wurde mir hier eingepflanzt, mit allen Kenntnissen über Sprache, Verhalten, Regeln, Glauben ... eben alles, was einen Bewohner deiner Welt ausmacht. Es gelang wunderbar, bis das Implantat anfing herumzuspinnen ...«
    »Augenblick«, unterbrach ich ihn aufgeregt. »Was soll das jetzt heißen: m-meine Welt? Ihr seid doch auch von dieser Welt, nur eben anderer Art als wir!«
    Er verzog das Gesicht und betastete vorsichtig sein zugeschwollenes Auge. »Nein«, antwortete er kurz und trank einen großen Schluck Tee. Ich starrte ihn mit offenem Mund an.
    »Nein?« fragte ich, nicht sicher, ihn richtig verstanden zu haben. Er schüttelte stumm den Kopf und beobachtete mich starr. Ich wollte etwas sagen, aber mein Gehirn war plötzlich ganz leer.
    Er ergriff sanft meine Hand und betrachtete sie, als hätte er nie zuvor eine Hand gesehen. »Erzähle mir, was du von den Sternen weißt.«
    »Es sind Sonnen wie unsere Sonne, nur sehr weit weg. Um viele von ihnen kreisen Welten wie unsere, die auch von Lebewesen wie uns bewohnt werden ...« Ich verstummte, und

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