Ellorans Traum
meine Augen wurden immer größer, als ich über das nachdachte, was ich gerade gesagt hatte.
Er verkniff sich ein Lachen und fragte unschuldig: »Woher weißt du das?«
»Alle wissen das. Jedes Kind hätte dir das sagen können.«
»Ja, aber woher könnt ihr das wissen? Niemand von dieser Welt war jemals auf einer dieser anderen Welten, oder?«
Ich war sprachlos. »Es ist eigentlich ganz einfach«, beantwortete er seine Frage nach einer Weile selbst. »Du und die anderen Bewohner deiner Welt, ihr stammt von Reisenden ab, von Kolonisten, die hier vor undenklichen Zeiten gelandet sind. Ihr habt fast alles vergessen, was mit dieser Reise zusammenhängt, aber die Erinnerung an die Sterne habt ihr während all der Jahrhunderte in euch wachgehalten.« Er sah mein Gesicht und sagte sanft: »Der Gedanke mag zuerst beängstigend sein, aber ich weiß, dein Volk ist bereit dazu, ihn zu bejahen. Deshalb sind wir hier: um herauszufinden, ob wir euch wieder zurückholen können in die Allianz. Es hat einen jahrhundertelangen Krieg gegeben, während dem unsere Verbindung zu vielen Welten wie der deinen abgerissen ist, aber wir haben unsere Verlorenen Kolonien nicht vergessen. Wir haben euch nie vergessen. Ihr seid unsere Geschwister, Elloran.«
»Die anderen?« fragte ich mühsam.
Er sah mich mitfühlend an. »Du kennst das Halsband der Göttin.« Ich nickte. Es war eines der schönsten Sternbilder an unserem Himmel. »Der weiße Stern ganz links außen«, fuhr er fort. Ich nickte wieder. »Das ist Galens Heimatsonne, in der Sprache von Akims Vorfahren wurde sie Atair genannt. Wenn du jetzt von dort nach links gehst, in der genauen Verlängerung, der große blauweiße Stern im Sternbild des Hornes«, er wartete auf mein Nicken. All diese Sterne hatte er mir einst selbst gezeigt, ich hatte auf seinem Schoß gesessen und mit ihm in den Nachthimmel geblickt und konnte nie genug davon bekommen. »Das ist Deneb – auch in der alten Sprache der Erde. Die Bewohner seines fünften Planeten nennen ihn Skrixan, dorther stammt Ranan.«
»Erde?« fragte ich schwach. Das war unser Name für meine Welt.
Er lächelte. »Fast alle Bewohner einer Welt nennen ihre Heimat so. Für Quinn, für mich und zu einem Teil auch für Akim bedeutet das, von einem Volk in einem Arm unserer Galaxis abzustammen.« Er hob seine Hand, um meiner Frage zuvorzukommen. »Bitte, ich erkläre dir all das lieber später, wenn ich dir auch das eine oder andere dazu zeigen kann. Nur soviel: Keiner von uns ist auf dieser Mutterwelt geboren, wir stammen alle aus ihren Kolonien – bis auf Omelli selbst. Die Erde, von der unsere Vorfahren kommen, hat in ihrem Drang, über ein immer größeres Gebiet zu herrschen, ihre Nachbarn mit einem schrecklichen, grausamen, Jahrhunderte währenden Krieg überzogen. Die meisten ihrer Kolonien sind deshalb von ihr abgefallen und haben sich mit den anderen Völkern der Allianz gegen sie verbündet. Ich selbst war nie dort, der Planet ist vor über einem Jahrhundert von der Allianz unter eine Art Quarantäne gestellt worden, und seine Bewohner werden streng überwacht, um zu gewährleisten, daß sie niemals wieder ihren Planeten verlassen können. Zu schrecklich war das Leid, das sie in ihrer Eroberungswut über ihre friedlichen Nachbarn gebracht haben.« Er schwieg, und sein Gesicht wirkte traurig.
»Und doch stammen unsere Ahnen v-von dort?« fragte ich leise.
Er nickte. »Das ist unser Erbe, Elloran.« Er rieb sich müde über sein zerschlagenes Gesicht.
»Kennt Karas die Wahrheit über euch?«
»Ja«, antwortete er. »Dein Großvater ist ein sehr besonnener Mann. Wenn dein Volk einen weniger klugen Herrscher gehabt hätte, wären wir weitergereist und hätten euch erst in der Zukunft noch einmal besucht. Ihr habt zu viel vergessen. Aber ihr habt keine Angst vor dem Fremden – und auch das Volk, das seinen Planeten mit euch geteilt hat ...«
»Was?« fragte ich erstaunt.
»Die Zauberer«, sagte er sanft. »Es gibt nicht mehr viele von ihnen, euer Blut hat sich vermischt. Leonie ist noch eine vom alten Volk. Sie wußten, daß wir hier sind. Sie haben uns willkommen geheißen, wie sie deine Vorfahren willkommen hießen.«
Ich schloß die Augen. Zuviele Neuigkeiten versuchten gleichzeitig in meinem Kopf Platz zu finden. Aber eine Sache mußte ich noch wissen. »Wie alt b-bist du, Nik?«
Er schnaubte. »Julian, hm? Das hat ihn auch am meisten interessiert«, sagte er fast verächtlich. »Wir haben eine sehr fortgeschrittene
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