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Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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einer Garküche vorbei, aus der es verlockend roch. Er sah mich von der Seite an und zuckte mit den Schultern. »Ich hab auch noch nicht gefrühstückt«, sagte er. »Also rein mit dir.« Er schob mich durch die Tür und setzte sich mit mir an einen der langen Tische. Bei einer adretten Schankmaid bestellte er einen Humpen Bier für sich und eine Portion Suppe und Brot für mich. Ich aß wie nach einem Tag auf Ulivs Feldern. Als wir wieder auf der Straße waren, versuchte ich ihm zu erklären, daß ich noch Geld im Bündel hatte und ihm mein Frühstück bezahlen wollte. Er knurrte nur: »Laß gut sein, Junge. Spar dir deine paar Pennychs für Notzeiten auf.«
    Im Arbeitshaus, einem heruntergekommenen zweistöckigen Bau in der Nähe des Marktplatzes, wurden mir zuerst meine Sachen abgenommen, und ich bekam die Anweisung, mich gründlich zu waschen. Der untersetzte Bursche, der mich dabei beaufsichtigte, beäugte mich neugierig, während ich mich im Hof abschrubbte.
    »Von deiner Sorte hatten wir schon lange keinen mehr hier«, sagte er. »Weswegen haben sie dich gegriffen?« Es hing mir inzwischen zum Halse heraus, aber ich machte erneut meine stumme Erklärung. Er nickte und grinste. »Pech für dich. Dann kommst du hier wahrscheinlich nicht so schnell raus.« Er erklärte mir nicht, was er damit meinte. Ich stieg in die groben, kratzigen und erstaunlich sauberen Kleider, die er mir gab und folgte ihm zum Leiter des Arbeitshauses. Der hatte inzwischen Moriss' Bericht in Empfang genommen und mein Bündel durchsucht. Er drehte den Beutel mit dem halben Krontaler und den drei Pennychs, die mir noch geblieben waren, in den Händen und fragte: »Wo hast du die her?«
    »Er ist stumm«, warf mein Begleiter hilfreich ein. Der Mann hinter dem Tisch warf ihm einen vernichtenden Blick zu und würdigte ihn keiner Antwort. »Also?« fragte er mich. Ich schüttelte den Kopf und deutete auf meine Brust. Er warf den Beutel auf den Tisch und beugte sich zu mir herüber. Sein nach Zwiebeln riechender Atem strich über mein Gesicht, und ich mußte mir alle Mühe geben, nicht zurückzuweichen.
    »Hör zu, Bursche. Symyn da drüben«, der stämmige Bursche grinste mich an, »wird dir erklären, wie du dich hier bei uns zu verhalten hast. Du wirst dich an die Hausordnung halten und ohne zu widersprechen – ich meine, ohne dich zu weigern – alle Arbeit tun, die man dir aufträgt. Du kannst lesen und schreiben, sagte Moriss?« Ich nickte. »Gut. Vielleicht finde ich sogar Arbeit für dich. Aber rechne lieber nicht damit. Es gibt auch so genug zu tun. Jetzt packt euch!«
    Ich folgte also notgedrungen dem Jungen Symyn, der mich durch das Haus führte und dabei pausenlos redete. »Hier ist deine Pritsche«, zeigte er mir und grinste. »Neben meiner; gut, näh?« Ich grinste zurück, er war mir irgendwie sympathisch in seiner unkomplizierten Art. Er runzelte die Stirn, daß seine struppigen braunen Haare sich sträubten. »Wie heißt du eigentlich? – Ach, scheiße, ja«, winkte er ab, als ich ihm nur einen entnervten Blick zuwarf. »Weißt du was?« Er grinste schon wieder. »Ich nenne dich ›Roter‹, jepp?« Ich verdrehte die Augen, aber was sollte ich dagegen machen? Es hätte ihm auch noch Dümmeres einfallen können.
    Die Hausordnung war streng, aber nicht übertrieben grausam. Die Arbeiten im Haus wurden gleichmäßig auf alle Insassen verteilt, ihrem Alter und ihren Fähigkeiten angemessen. Mit mir lebten zur Zeit noch zwanzig andere Jungen zwischen sieben und sechzehn Jahren hier. Symyn erklärte mir, daß es noch vier oder fünf andere Arbeitshäuser in der Stadt gab. Eines davon war den Mädchen vorbehalten, die anderen beherbergten ebenfalls Jungen, die aus irgendwelchen Gründen in der Stadt aufgegriffen worden waren; sei es, daß sie kein Zuhause hatten oder wegen irgendeines Vergehens. Ich erfuhr, daß sechzehn das Höchstalter für einen Aufenthalt in einem der Arbeitshäuser darstellte. Erwachsene landeten entweder im Gefängnis oder in einem Arbeitslager außerhalb der Stadt, wo sie zur Feldarbeit herangezogen wurden oder in einem der Steinbrüche schuften mußten. Die Jungen in den Arbeitshäusern wurden für allerlei Arbeiten an die Bürger der Stadt und der Burg vermittelt. Dafür zahlten die Dienstherren dem Arbeitshaus eine Art Mietgebühr, die als Beitrag zu Kleidung und Verpflegung verwandt wurde. Manchmal konnte ein Junge das Arbeitshaus auch ganz verlassen, wenn der Dienstherr ihn fest in Brot und Lohn nahm. Die

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