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Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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mit dem letzten Stück Brot sauber und brachte ihn zurück an den Stand. »Noch einen Nachschlag, junger Mann?« fragte die Händlerin, doch ich lehnte dankend ab.
    So gestärkt bummelte ich weiter über den Markt, bis es dämmerte und die ersten Laternen angesteckt wurden. Es wurde Zeit, mich um einen Schlafplatz zu kümmern. Und morgen – morgen die Burg.
    Nach einer unruhigen Nacht auf einer harten Pritsche mit einem genau wie der Marktplatz vor allerlei Leben wimmelnden Strohsack war ich froh, an einer Bude im Stehen einen Becher Tee und eine Schüssel Hirsebrei mit gedörrten Früchten zu mir nehmen zu können. Der Schlafplatz in dem schmutzigen Gasthof war erheblich kostspieliger gewesen, als ich gehofft hatte, und meine Reserven waren nun so gut wie aufgebraucht. Eine weitere Übernachtung würde ich mir nicht leisten können, also sollte ich jetzt besser schleunigst meine Großmutter ausfindig machen. Ich schulterte mein Bündel und verließ den Platz. Munteres Begrüßungsgeschrei ließ mich anhalten und auf Magramanir warten, die es sich kurz darauf auf meiner Schulter bequem machte.
    »Also«, begann Julian zögernd zu sprechen, »ich hätte da möglicherweise eine Lösung für dein kleines Problem.« Ungeduldig trat ich von einem Fuß auf den anderen. Magramanir putzte sich in aller Ruhe, und mit einem Schnabel voller Federn konnte anscheinend sogar Julian nicht sprechen.
    Endlich fuhr er fort: »Ich habe mich bei meinen Kollegen ein wenig umgehört. Da gibt es eine Frau in der Burg, die du aufsuchen könntest. Sie ist eine von denen, die unseren Botenvögeln ihre Sprache verleihen.« Magramanir sah mich stolz an. »Vielleicht kann sie dir helfen, deine Stimme wiederzufinden. Ihr Name ist Leonie.« Magramanir pickte mich ins Ohrläppchen und flatterte fort. Der Markt und seine streng riechenden Angebote wirkten sicher unwiderstehlich auf den kleinen Räuber.
    Zumindest ein Hoffnungsschimmer. Ein wenig mehr hätte mir Julian allerdings schon über diese Frau namens Leonie erzählen können. Wie sollte ich sie finden, wenn ich nichts von ihr wußte als ihren Namen?
    Der Aufstieg zur Burg war mühselig. Es dauerte eine gute Stunde, bis ich den Fuß des Burgberges erreicht hatte. Soweit ich es überblicken konnte, war die Kronstadt rund um den Burgberg gewachsen, so daß er jetzt mitten in der Stadt lag wie das Dotter im Ei. An der steilen Flanke des Bergs zogen sich Gebäude hoch, zumeist kleine, ärmlich wirkende Katen. Ich folgte den Serpentinen der Straße bis unter die ragenden Mauern der Burg. Gegen diese mächtigen Steinwälle wirkten die Mauern meines heimatlichen Salvok wie die armseligen Hügel einer kindlichen Sandburg. Abweisend standen sie über mir und schienen den Himmel selbst herauszufordern. Durch den Anblick kleinmütig geworden, trat ich schließlich an das hausbreite Tor und pochte mit der Faust dagegen. Eine entmutigende Ewigkeit später öffnete sich über meinem Kopf eine kleine Luke. Ein Wachsoldat fragte mich gelangweilt nach meinem Begehr. Ich bedeutete ihm, daß ich stumm sei und gerne die Burg betreten hätte. Er musterte mich abfällig von oben bis unten und antwortete nicht unfreundlich: »Bettler werden auf der Burg nicht gerne gesehen. Du hast doch bestimmt keine Einladung von der Krone, oder?« Er lachte über seinen Witz und schloß mit einem endgültigen Knall die Luke hinter sich.
    Enttäuscht hockte ich mich in den Schatten der Mauer. Doch, ich hatte eine Einladung der Krone – oder besser gesagt, ich hätte sie gehabt, hätte mein Vater sie nicht vor meinen Augen zerrissen. Ich rappelte mich auf und begann, um die Burgmauer herumzuwandern. Mich trieb die irrationale Hoffnung, irgendwo ein Schlupfloch zu finden, durch das ich die Burg auf anderem Weg betreten konnte. Erschöpft und ernüchtert hatte ich gegen Abend meinen Ausgangspunkt wieder erreicht, um nichts reicher als einige Blasen an den Füßen und keinen Schritt weiter als am Morgen. Geschlagen schleppte ich mich in die Kronstadt zurück, mit der Aussicht auf eine Nacht unter freiem Himmel.
    Ich fand schließlich einen halbwegs geschützten Platz unter dem vorspringenden, tiefgezogenen Dach an der Seitenwand einer Schankwirtschaft, fegte dort den gröbsten Unrat beiseite und rollte mich auf dem Boden zusammen, mein Bündel unter dem Kopf. Glücklicherweise war es immer noch spätsommerlich warm, obwohl wir uns bereits in der ersten Woche des Herbstes befanden. Eigentlich war dieser Schlafplatz sogar noch besser

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