Elric von Melnibone
Rubinthron führten. Er stöhnte. »Was für ein jämmerlicher Verräter du doch bist!« sagte Elric. »Yyrkoon war wenigstens so mutig, den Versuch zu machen, mich zu töten. Und seine Ziele waren hochgesteckt. Deine Wünsche aber beschränkten sich darauf, einer seiner unterwürfigen Helfer zu sein. Dafür verrietest du deine Herrin und tötetest einen deiner eigenen Männer. Wie heißt du?«
Der Mann bekam seine Stimme kaum in die Gewalt, doch endlich murmelte er: »Valharik ist mein Name. Was sollte ich denn tun? Ich diene dem Rubinthron, wer immer darauf sitzt.«
»Der Verräter behauptet also, er habe sich von seiner Loyalität leiten lassen. Das glaube ich nicht.«
»O doch, mein Lord, es war so!« Der Hauptmann begann zu winseln. Er sank in die Knie. »Töte mich schnell! Strafe mich nicht länger.«
Im ersten Augenblick hätte Elric der Bitte des Mannes am liebsten entsprochen, dann aber sah er Yyrkoon an und erinnerte sich an Cymorils Gesichtsausdruck, als ihr Blick auf den Wächter fiel. Er wußte, daß er ein Zeichen setzen mußte, indem er an Hauptmann Valharik ein Exempel statuierte. Also schüttelte er den Kopf. »Nein, ich strafe dich noch mehr. Heute abend wirst du in diesem Saal sterben, wie es die Traditionen Melnibones gebieten, während meine Edelleute die neue Ära meiner Herrschaft mit einem Fest einleiten.«
Valharik begann zu schluchzen. Dann nahm er sich zusammen und stand langsam auf; er besann sich auf seine Herkunft als Melniboneer. Er machte eine tiefe Verbeugung und begab sich rückwärts gehend in die Gewalt seiner Wächter.
»Ich muß mir eine Methode einfallen lassen, den Mann, dem du dienen wolltest, dein Schicksal teilen zu lassen«, fuhr Elric fort. »Wie hast du den jungen Krieger getötet, der Cymoril gehorchen wollte?«
»Mit dem Schwert. Ich hieb ihn nieder. Es war ein sauberer Streich. Ein einziger.«
»Und was wurde aus dem Toten?«
»Prinz Yyrkoon befahl mir, ihn den Sklaven der Prinzessin zu essen zu geben.«
»Verstanden. Nun denn, Prinz Yyrkoon, du darfst unserem Fest beiwohnen, während Hauptmann Valharik uns mit seinem Tode unterhält.«
Yyrkoon war beinahe so bleich wie Elric. »Was soll das heißen?«
»Die kleinen Fleischstücke, die Doktor Jest aus Hauptmann Valhariks Körper schneiden wird, sollen deine Speise sein. Du darfst genaue Anweisungen geben, wie das Fleisch des Hauptmanns zubereitet werden soll. Daß du es roh ißt, erwarten wir nicht, Cousin.«
Selbst Dyvim Tvar zeigte sich über Elrics Entscheidung erstaunt. Zwar entsprach sie dem Geiste Melnibones und war eine klug bedachte ironische Steigerung von Prinz Yyrkoons ursprünglicher Idee - doch sie paßte ganz und gar nicht zu Elric, zumindest nicht zu dem Elric, den er bis gestern gekannt hatte.
Als er vernahm, welches Schicksal ihm zugedacht war, stieß Hauptmann Valharik einen lauten Entsetzensschrei aus und starrte Prinz Yyrkoon an, als koste der verhinderte Usurpator bereits von seinem Fleisch. Yyrkoon versuchte sich abzuwenden; seine Schultern hatten zu zucken begonnen.
»Und das soll erst der Anfang sein«, sagte Elric. »Das Fest beginnt um Mitternacht. Bis dahin haltet Yyrkoon in seinem Turm fest.«
Als Prinz Yyrkoon und Hauptmann Valharik fortgeführt worden waren, nahmen Dyvim Tvar und Prinzessin Cymoril neben Elric Aufstellung, der sich auf dem großen Thronsitz zurückgelehnt hatte und mit bitterem Blick ins Leere starrte. »Das war ein Akt raffinierter Grausamkeit«, sagte Dyvim Tvar.
Cymoril sagte: »Beide haben es verdient.«
»Aye«, murmelte Elric. »Ein solches Urteil hätte auch mein Vater gefällt. Yyrkoon ebenso, wäre er an meiner Statt gewesen. Ich folge damit nur den Traditionen. Ich tue nicht mehr so, als wäre ich mein eigener Herr. Hier bleibe ich, bis ich sterbe, gefangen auf dem Rubinthron, ihm dienend, wie Valharik ihm zu dienen behauptete.«
»Könntest du nicht beide schnell töten?« fragte Cymoril. »Du weißt, daß ich mich nicht für meinen Bruder einsetze, weil er mein Bruder ist. Ihn hasse ich am meisten. Aber du könntest zugrundegehen, Elric, wenn du deinen Plan durchführst.«
»Na und? Dann bin ich eben vernichtet. Dann bin ich eben nur ein gedankenloser Fortsatz meiner Vorfahren. Eine Marionette von Geistern und Erinnerungen, an Fäden hampelnd, die sich zehntausend Jahre weit in die Vergangenheit erstrecken.«
»Vielleicht solltest du ein wenig schlafen.«, sagte Dyvim Tvar.
»Ich fühle, daß ich lange Zeit nicht werde schlafen können.
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