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Elric von Melnibone

Elric von Melnibone

Titel: Elric von Melnibone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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nirgendwo bläst ein derartiger Sturm.«
    Elric folgte seinem Blick. »Du hast recht. Ob das wohl.«
    Und schon sahen sie etwas aus dem Wald hervorkommen, und das Land selbst schien in Bewegung zu geraten. Ein Gebilde schimmerte weiß, blau und schwarz. Es kam näher.
    »Ein Segel«, sagte Dyvim Tvar. »Mein Lord, ich glaube, es ist dein Schiff.«
    »Aye«, flüsterte Elric und beugte sich vor. »Mein Schiff. Bereite dich vor, Dyvim Tvar. Zu Mittag werden wir Imrryr verlassen haben.«

6
    DIE WÜNSCHE DES ERDENGOTTES
    Das Schiff war hoch und schmal und wies anmutige Linien auf. Die Relings, Masten und Verschanzungen waren prachtvoll verziert und offensichtlich nicht von sterblichen Handwerkern verfertigt. Das Schiff bestand zwar aus Holz, dieses Holz aber war nicht bemalt worden, sondern schimmerte in seinen natürlichen blauen, schwarzen und grünen Farbtönen und wies da und dort auch eine rauchige tiefrote Tönung auf; die Takelage hatte die Farbe von Tang, in den polierten Decksplanken war die Maserung sichtbar, wie die Wurzeln von Bäumen, und die Segel an den drei spitz zulaufenden Masten waren so bauschig, weiß und leicht wie Wolken an einem Sommertagshimmel. Das Schiff vereinigte alle Schönheiten der Natur in sich; nur wenige hätten diesen Anblick in sich aufnehmen können, ohne entzückt zu sein -dasselbe Entzücken, das den Menschen angesichts eines vollkommenen Ausblicks überkommt. Mit einem Wort, das Schiff war Ausdruck höchster Harmonie, und Elric konnte sich kein schöneres Schiff vorstellen, um gegen Prinz Yyrkoon und die Gefahren von Oin und Yu zu segeln.
    Das Schiff bewegte sich sanft im Boden, als befände es sich auf einem Fluß, und die Erde unter dem Kiel wogte zur Seite, als wäre sie vorübergehend zu Wasser geworden. Dieser Effekt war überall dort zu sehen, wo der Kiel des Schiffes die Erde berührte, und noch ein Stück im Umkreis; war das Schiff erst vorbei, kehrte der Boden in den gewohnten festen Zustand zurück. Dies war der Grund, warum die Bäume des Waldes geschwankt hatten, als das Schiff sie passierte; sie hatten dem Kiel Platz gemacht, der auf Imrryr zuhielt.
    Das Schiffdas-Über-Landund-Meerfährt war nicht besonders groß. Jedenfalls war es um ein Beträchtliches kleiner als eine melniboneische Kampfbarke und nur wenig größer als eine Galeere aus dem Süden. Aber seine Anmut, der Schwung seiner Linien, die stolze Pracht seiner Umrisse - dafür gab es keinen Vergleich.
    Schon waren die Gangways herabgelassen worden, und die Vorbereitungen für die Reise liefen an. Elric hatte die Hände in die schmalen Hüften gestemmt und blickte an König Straashas Geschenk empor. Sklaven erschienen in den Stadttoren und schleppten Vorräte und Waffen zum Schiff. Währenddessen stellte Dyvim Tvar die imrryrischen Soldaten zusammen, ernannte Befehlshaber und verteilte Aufgaben für die Dauer der Expedition. Nur die Hälfte der verfügbaren Streitmacht konnte mitgenommen werden: die andere Hälfte mußte unter dem Kommando von Admiral Magum Colim zurückbleiben, um die Stadt zu schützen. Nach der völligen Vernichtung der Barbarenflotte war ein großer Angriff auf Melnibone wohl nicht zu erwarten, doch war Vorsicht angebracht, zumal Prinz Yyrkoon sich geschworen hatte, Imrryr zu erobern. Aus einem Grund, den kein Zuschauer kannte, hatte Dyvim Tvar darüber hinaus Freiwillige versammelt -Kriegsveteranen, die alle eine bestimmte Verletzung davongetragen hatten - und formte aus ihnen eine besondere Abteilung, die nach Meinung der Zuschauer auf der Reise nicht von Nutzen sein konnte. Da die Männer aber auch nicht helfen konnten, wenn es um die Verteidigung der Stadt ging, mochten sie ruhig mitfahren. Diese Veteranen wurden als erste an Bord geführt.
    Elric marschierte schließlich als letzter über die Gangway. Er bewegte sich mit langsamen, schweren Schritten, eine stolze Gestalt in schwarzer Rüstung. Auf dem Deck drehte er sich um, salutierte zu seiner Stadt hinüber und gab Befehl, die Gangway einzuziehen.
    Dyvim Tvar erwartete ihn auf dem Poopdeck. Der Lord der Drachenhöhlen hatte einen seiner Handschuhe ausgezogen und fuhr mit der nackten Hand über das seltsam gefärbte Holz des Geländers. »Dieses Schiff ist nicht für den Kampf bestimmt, Elric«, sagte er. »Ich würde es bedauern, wenn ihm etwas passierte.«
    »Wie wäre das möglich?« fragte Elric leichthin, während Imrryrier in die Wanten stiegen und Segel setzten. »Würde Straasha seine Vernichtung zulassen? Oder Grome?

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