Elric von Melnibone
haben.«
Elric stapfte durch den Dreck. Schatten bewegten sich zwischen den engstehenden Gebäuden. »Gibt es hier wenigstens eine Schänke, in der wir uns nach dem Tunnel unter dem Sumpf und seiner Lage erkundigen können?«
»Eine Schänke gibt es nicht. Im großen und ganzen bleiben die Leute hier für sich.«
»Vielleicht ein Platz, auf dem man sich trifft?«
»Diese Stadt hat kein Zentrum. Jeder Einwohner, jede Gruppe von Einwohnern baut ihre Unterkunft, wo sie will oder wo es Platz gibt. Die Leute kommen aus allen Ebenen und allen Zeitaltern. Deshalb das Durcheinander, der Verfall und das Alter so vieler Bauwerke. Deshalb auch der Schmutz, die Hoffnungslosigkeit und Dekadenz der meisten.«
»Wie leben sie denn?«
»Im wesentlichen voneinander. Sie treiben Handel mit Dämonen, die Ameeron von Zeit zu Zeit besuchen.«
»Dämonen?«
»Aye. Und die mutigsten jagen die Ratten, die in den Höhlen unter der Stadt hausen.«
»Was für Dämonen sind denn das?«
»Irgendwelche Geschöpfe, kleine Helfer des Chaos, scharf auf Sachen, die die Ameeroner liefern können - ein paar gestohlene Seelen, vielleicht auch ein Baby (obwohl hier nur wenige geboren werden) - den Rest kannst du dir vorstellen, wenn du weißt, welche Forderungen Dämonen normalerweise im Umgang mit Zauberern stellen.«
»Aye. Ich kann es mir vorstellen. Das Chaos hat also freien Zutritt zu dieser Ebene?«
»Ich bin nicht sicher, ob das ganz so einfach ist. Zumindest fällt den Dämonen die Ein- und Ausreise hier leichter als in der Ebene, aus der wir kommen.«
»Hast du solche Dämonen schon zu Gesicht bekommen?«
»Aye - die üblichen Ungeheuer. Primitiv, dumm und mächtig - viele waren Menschen, ehe sie sich auf einen Handel mit dem Chaos einließen. Jetzt sind sie geistig und physisch zu scheußlichen Dämonengestalten verzerrt.«
Rackhirs Worte bedrückten Elric. »Droht das allen, die sich mit dem Chaos einlassen?« fragte er.
»Das müßtest du eigentlich wissen, wenn du aus Melnibone kommst. In Phum ist das meines Wissens selten der Fall. Aber offenbar sind die Veränderungen, die ein Mensch durchmacht, wenn er sich auf Geschäfte mit dem Chaos einläßt, um so versteckter, je höher die Einsätze sind.«
Elric seufzte. »Wo können wir uns nach dem Tunnel unter dem Sumpf erkundigen?«
»Da war so ein alter Mann.«, begann Rackhir, verstummte aber, als hinter ihm ein Grunzen ertönte. Und noch ein Grunzen. Ein Gesicht mit Hauern erschien im Schatten einer umgestürzten Mauer. Wieder grunzte das Gesicht.
»Wer bist du?« fragte Elric mit geöffneter Schwerthand.
»Schwein«, sagte das Gesicht mit den Hauern. Elric wußte nicht, ob das Wort ihn beleidigen sollte, oder ob das Wesen sich nur selbst benannte.
»Schwein.«
Zwei weitere Hauergesichter tauchten aus der Dunkelheit auf. »Schwein«, sagte das eine.
»Schwein«, sagte das andere.
»Schlange«, verkündete eine Stimme hinter Elric und Rackhir. Elric drehte sich um, während Rackhir die Schweine im Auge behielt. Ein großgewachsener Jüngling stand vor ihm. Anstelle seines Kopfes sprießten aber aus seinem Hals etwa fünfzehn nicht gerade klein geratene Schlangen. Jede Schlange starrte Elric drohend an. Die Zungen zuckten vor und zurück, und alle öffneten genau im gleichen Augenblick die Mäuler und wiederholten: »Schlange.«
»Biest«, sagte eine neue Stimme. Elric blickte in diese Richtung, hielt keuchend den Atem an, zog das Schwert und spürte Übelkeit in sich aufsteigen.
Im nächsten Augenblick gingen die Schweine, Schlange und Biest zum Angriff über. Rackhir spießte ein Schwein auf, ehe es drei Schritte machen konnte. Er schwang den Bogen vom Rücken, spannte ihn, legte einen
rotgefiederten Pfeil auf und schoß - und das alles in einer Sekunde. Er hatte noch Gelegenheit, ein zweites Schwein zu erlegen, dann ließ er den Bogen fallen, um das Schwert zu ziehen. Rücken an Rücken machten sich Rackhir und Elric daran, dem Angriff der Dämonen zu begegnen. Mit seinen fünfzehn Köpfen, die zischend herumzuckten und gifttropfende Zähne zeigten, schien Schlange der schwierigste Gegner. Biest aber war schlimmer, veränderte ständig die Gestalt - zuerst trat ein Arm hervor, dann erschien ein Gesicht in dem formlos zuckenden Fleisch, das beharrlich weiter vorrückte.
»Biest!« brüllte es. Zwei Schwerter zuckten auf Elric zu, der mit dem letzten Schwein kämpfte, sein Ziel verfehlte und Schwein nicht ins Herz, sondern in einen Lungenflügel traf. Schwein
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