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Elurius (Vater der Engel) (German Edition)

Elurius (Vater der Engel) (German Edition)

Titel: Elurius (Vater der Engel) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Gees
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satt."
    Er spürte, wie Elmor ihm näher kam. Die Antwort erklang leise und ernst aus derart unmittelbarer Nähe, dass der Priester sich vor ihm hingehockt haben musste. "Mein guter Freund", begann er in einer Vertraulichkeit, die die äußere Situation völlig außer Acht ließ. "Ich vermisse etwas, das mir sehr viel bedeutet und in das ich investiert habe, damit es mir Gewinn bringt. Du weißt, was ich meine, denn du hast es mir, was du sicher nicht leugnen wirst, sozusagen vor den Augen entwendet. Du sagtest aber zu meinem rothaarigen Gefährten, soweit ich mich erinnere, dass du über diese Sache gern mit dem Regenten verhandeln möchtest. Falls du diesen schmeichelhaften Titel auf mich bezogen habe solltest, dann bitte ich dich nun, zu deinem Wort zu stehen."
    Robert stieß verächtlich die Luft aus. "Das hier bietet keine Verhandlungsbasis."
    "Das dachte ich mir schon", sagte Elmor, weiterhin in gesenktem, ruhigen Ton. "Du hast diese Situation selbst provoziert, ich kann sie nun nicht mehr ändern. Aber wir werden sehen, ob ich dir begreiflich machen kann, wie stark ich den Verlust empfinde, den du mir beigefügt hast."
    Robert nahm wahr, wie der Priester sich erhob und hörte, wie er sich wieder ein wenig entfernte. Es stellte keine Überraschung dar, dass Elmor nun aufs Neue die Aufmerksamkeit auf den schwarzen Hengst lenkte. Das Pferd war keine bloße Staffage in diesem sorgfältig inszenierten Bühnenbild. Auch Roberts eigene missliche Lage schien ihm keineswegs so ungeplant, wie ihm suggeriert werden sollte. Immerhin waren die Stricke, ihn festzubinden, sehr schnell zur Hand gewesen.
    Er rollte sich auf den Rücken und setzte sich auf. Wie ein Fisch auf dem Trockenen auf dem Bauch zu liegen wollte er sich, solange wie möglich, ersparen.  "Das ist in Ordnung", sagte Elmor freundlich. "Mach es dir bequem. Aber verzichte bitte darauf, aufzustehen, um Unfälle zu vermeiden."
    Dann wandte der Priester sich sogleich an jemand anderes.
    "Friedrich", begann er. "Ich nehme nun die Zügel. Du gibst zwei Schüsse ab, gezielt, sauber. Der Zweite macht ein Ende. Bitte keine unnötigen Zugaben."
    Etwas in Roberts Seele begann, schmerzhaft zu rebellieren. Er atmete tief ein, zerrte intuitiv an den Handfesseln, ohne eine Chance zu haben, sich befreien. Er hatte die wenigen Menschen hinter sich gelassen, die in einem anderen Leben einmal bedeutungsvoll gewesen waren, doch war es ihm nicht gelungen, jegliche Bindung seines Herzens zu kappen. Mindestens eine war übrig. Und er wünschte sich in diesem Moment, er könnte sich nun auch dieser entledigen.
    "Ruhig, Schachor", hörte er Elmor das Tier in warmen Ton beschwichtigen. "Es dauert nicht lang, dann ist es vorbei."
    Robert nahm den einzigen Ausweg, der ihm nun noch einfiel: Er hatte es gelernt, aus Kopf und Herz zu fliehen, einfach leer zu werden und aus diesem Körper einen unbelebten Automaten zu machen. Weitgehend. Doch immer blieb ein sehr geringer Teil von ihm lebendig und fühlend zurück. Er konnte diesen Trick nicht bis zum Ende durchspielen. Und dieses Mal gelang es ihm besonders schlecht. Der Aufruhr in ihm war einfach zu stark.
    Er hörte den ersten Schuss: ein kurzer, harter Knall. Das Pferd gab einen schrillen Ton von sich, beinah wie der Schrei eines panischen Menschen. Doch dieser Ton brach sehr abrupt ab, während die anderen Tiere in den Boxen - der extrem anschwellenden Geräuschkulisse nach - in völlige Panik verfielen. Er wollte dazu keinen Gedanken denken, kein Bild sich ausmalen, doch vor sein geistiges Auge drängte sich eine verzerrte Vision von dem, was er hören und nicht sehen konnte, die sich nicht vertreiben ließ.
    Der zweite Schuss ließ noch auf sich warten. Nach einer geraumen Weile ging der Hengst hörbar in die Knie, mit einem gequälten Ächzen, wie es auch einem Menschen entweichen konnte. Der Kampf des Tieres blieb vernehmbar für Robert, sich der Geräusche zu entziehen erwies sich als unmöglich. Ein schwerer, pfeifender Atem war zu hören. Dann schien das Tier sich plötzlich verzweifelt aufbäumen zu wollen, Geräusche von unkoordinierten, krampfartigen Bewegungen des schweren Pferdekörpers drangen zu ihm, der Atem wurde lauter, durch die Nüstern drückte sich die Luft in kräftigen Stößen, rasselnd wurde sie von Neuem eingesogen. Das Metall des Halfters klirrte.
    Roberts Kopf war zu diesem Zeitpunkt frei von allen Worten, und auch die Bilder seines geistigen Auges lösten sich allmählich - zögerlich nur - auf.

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