Elurius (Vater der Engel) (German Edition)
Verteidigung heißt noch immer Angriff, nicht wahr?" fragte Elmor zurück. Deutlich konnte Robert hören, dass der Priester ihm nun wieder direkt gegenüberstand.
"Über deine Vergangenheit, Richter Canomeen", fuhr Robert unbeirrt fort, ohne den heißen Zorn in seiner Stimme verbergen zu können, "kann ich nichts wissen. Lüge und Wahrheit sind bei dir nicht zu unterscheiden. Aber an eines kann ich mich sehr deutlich erinnern: Ich habe damals eine Zukunft ohne dich gesehen. Und ich glaube, dass das die Wahrheit ist."
Elmor gab nun ein unverkennbar böses Lachen von sich. "Glaub, was immer du willst, Robert. So manches Hirngespinst ist aus Angst und Schmerz entsprungen."
"Du willst mir weismachen, dass du unzerstörbar bist", gab Robert zurück. "Doch das nehme ich dir nicht ab." Diese Energie, die sich in ihm aufstaute wie das Wasser eines reißenden Stromes in einem völlig unzureichenden Staubecken, drängte mit aller Kraft nach außen. Doch es schien keinen Weg hinaus zu geben, nicht den geringsten Spalt. Und diese Unterhaltung war wie ein Hämmern gegen die Wände des Beckens, das dem gewaltigen Druck von innen kaum mehr standzuhalten vermochte. Dieser Druck hatte körperliche Reaktionen zu Folge. Das Atmen wurde schwerer und die Frequenz seines Herzschlags stieg stetig. Er brauchte einen Ausweg, einen Weg für den heißen, drängenden Strom.
Es war nicht mehr, als das Folgen eines plötzlichen Impulses, als er den Arm ausstreckte und nach Elmor griff. Und obwohl er rein gar nichts sehen konnte, erwischte er die Hand seines Gegenübers. Im selben Moment, als die Berührung zu Stande kam, zerbarst eine Wand des Beckens und der Strom brach mit Gewalt hervor. Es war ein unkontrollierbarer Energiestoß, der die Hitze aus ihm hinausfegte und ihn für einen kurzen Augenblick wieder die Freiheit schmecken ließ. Im nächsten Moment schon war Elmors Hand fort und der reißende Strom krachte mit Wucht gegen eine neuerliche, massive Wand. Mit beiden Händen griff Robert nach der Kapuze auf seinem Kopf und riss sie nach oben weg, sodass der Stoff sich unter dem Seil um seinen Hals durchzog. Beinah gelang es ihm, er konnte für den Bruchteil einer Sekunde das dämmrige, gelbliche Stalllicht erkennen, ohne den dichten, schwarzen Filter vor seinen Augen. Dann fand er sich auf den Knien wieder, so, wie er es nicht zum ersten Mal erlebte. Er hielt noch immer die Kapuze in den Händen, doch er war noch nicht ganz frei und seine Muskeln waren wie gelähmt, er konnte die Bewegung nicht zu Ende ausführen.
Dann spürte er wieder einmal Elmors festen Griff um seine Gelenke, und als er schließlich die Kapuze losließ - loslassen musste - rutschte sie wieder zurück, sodass das Licht vor seinen Augen verschwand. Seine Arme wurden auf den Rücken gedreht, ohne dass er sich dagegen zur Wehr setzen konnte, denn der Kontrolle über seinen Körper war er nun beraubt. Der Priester war keinesfalls unvorbereitet auf diesen Angriff gewesen und seine Antwort war eisern, ohne eine einzige Lücke in der Deckung zu lassen. Robert fühlte, wie das Seil wiederum um seine Handgelenke festgezogen wurde und mit einigen schnellen Griffen auch die Kapuze wieder befestigt war. Ein kräftiger Tritt in den Rücken beförderte ihn aus der knienden Haltung mit dem Bauch auf den Boden. Es war wie eine rein mechanische Funktion, er spürte den Schmerz dieses harten Stoßes nicht. Das alles geschah ohne Worte. Schlussendlich wurden noch seine Beine gebunden, erst dann ließ der Priester - und wer immer ihm noch schweigend bei dieser Arbeit half - von ihm ab. Die Lähmung verschwand im selben Augenblick und er vernahm sich entfernende Schritte. Doch das Schweigen dauerte noch eine Weile an. Einzig die Pferde brachen die Stille mit nervösem Schnauben und Hufschlag. Die weiterhin unruhig auf den harten Lehm stampfenden Hufe des Hengstes waren nicht sehr weit von Robert entfernt, er spürte den Boden unter sich bei jedem Tritt erzittern. Er regte sich nicht, blieb still liegen. Er hätte ohnehin nichts mehr zu tun vermocht. Irgendwann erhob sich Elmors Stimme in geringer Entfernung über ihm.
"Warum", fragte er mit einem Anklang von Enttäuschung in der Stimme, "muss dies immer und immer wieder sein? Warum nutzt du jede vermeintliche Chance aus, mich anzugreifen? Du müsstest nicht so erbärmlich dort unten liegen. Das hatte ich nicht für dich vorgesehen."
"Dann tu endlich, was du vorgesehen hast", erwiderte Robert ihm bitter. "Ich bin dein Geschwätz
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