Elurius (Vater der Engel) (German Edition)
dem Weg zum Haus der Sleyvorns. Er hatte den oberen Weg entlang der Klippen gewählt. Aus dieser Höhe genoss man, wenn man den gepflasterten Weg verließ und sich ein Stück weit rechts hielt, einen prächtigen Blick auf das Meer und den schmalen Streifen Strand. Jon musste ihn schon eine Weile beschattet haben, um ihn hier auflauern zu können. Dichte, dornige Büsche, die sich auf den steinigen Boden kauerten, gab es zu Genüge, hinter denen man sich verstecken konnte. Jesco ging diesen Weg in den letzten Wochen regelmäßig. Er traf Tadeya an einem fest vereinbarten Ort, nur ein kleines Stück von Elisas Haus entfernt. Es war Tadeyas Wunsch, dass Jesco in dieser ersten Zeit ihrer Freundschaft noch nicht direkt bei der alten Dame vorsprach, denn auf ein Treffen mit Elisa Sleyvorn sollte man scheinbar gut vorbereitet sein. Besonders dann, wenn man Interesse an ihrer Enkelin hegte.
Als Jesco wie angewurzelt auf dem Weg stehen blieb, breitete sich in Jons Gesicht ein äußerst unangenehmes Grinsen aus, das freien Blick auf etliche faulige, zum Teil zerbrochene Zähne gewährte.
"Kennst mich noch, was, Partner?"
Keine Frage. Ein solches Gesicht konnte man einfach nicht vergessen.
Jesco atmete tief durch. Nachdem er den ersten Schreck überwunden hatte, blieb nicht besonders viel Angst übrig. In seinem alten Leben hatte er sich ständig geprügelt und immerhin gab es für ihn eine gewisse Chance, Jon eine Abreibung zu verpassen. Zwei Aspekte jedoch standen der Sache im Weg: Erstens trug sein alter Freund mit Sicherheit ein Messer bei sich. Und zweitens war die Zeit der Schlägereien für Jesco ein für alle Mal vorbei. Und der heutige Tag sollte hierzu keine Ausnahme bilden.
Du weißt genau, dass ich mich weder vermöbeln noch abstechen lassen möchte, betete er in Gedanken. Aber ich weiß echt nicht, wie ich hier wieder rauskomme.
Laut sagte er: "Wie könnte ich dich vergessen haben?"
"Hast schon auf mich gewartet, wie?" war die prompte Gegenfrage. Jon machte einen Schritt auf ihn zu. Eine Brise schweiß- und alkoholgeschwängerter Luft wehte Jesco entgegen. "Heute ist Stichtag, Junge."
"Was willst du?" wollte Jesco wissen. "Möchtest du nur deine Rache? Oder willst du das Geld, das dir durch mich verloren gegangen ist?"
Jon stieß pfeifend Luft durch etliche Zahnlücken.
"Beides, Partner. Und beides mit Zinsen."
Das Geschäft, das Jesco damals vor mehr als drei Jahren zum Platzen gebracht hatte, war Jons liebstes Kind gewesen. Mühevoll hatten sie über Wochen und Monate die von Mayenbergs ausspioniert, um die Zwillinge in ihre Hand zu bekommen. Herr von Mayenberg hätte für seine beiden kleinen Söhne, den Stolz der Familie, zur Not beide Hände geopfert. Das kleine Vermögen, das er zur Auslösung seines Nachwuchses hätte aufbringen sollen, wäre ihm das Leben seiner Kinder mit Sicherheit wert gewesen.
„ Ausgesorgt haben wir bald" , das waren zu jener Zeit Jons liebste Worte. Und voll Vorfreude hatte er sich dabei die Hände gerieben. Auch Jesco hatte alles auf diese eine Karte gesetzt. Sein Plan war es, das Geld zu nehmen und fortzugehen, in ein anderes Land, und sich ein wirklich schönes Leben zu machen. Die Art von Leben, die jemand wie er in dieser Welt niemals mit seiner Hände Arbeit erreichte.
Und dann war plötzlich alles ganz anders geworden. Eine wahrhaft mächtige Hand hatte Jesco aus seiner vorausgeplanten Bahn gerissen und der Coup war geplatzt. Zurück blieb ein vor Wut und Hass schäumender Jon, der das Geld in seinen Träumen bereits in den Händen gehalten hatte.
"Ich denke aber, so viel Knete, wie du mir schuldest, hast du kleiner Heiliger wohl nicht", knurrte Jon und im nächsten Moment hielt er, wie Jesco bereits geahnt hatte, sein Messer in der Hand. Die Klinge blitzte im Sonnenlicht. Jon verbrachte ganze Tage damit, liebevoll das Metall zu schärfen, das wusste Jesco. Seine Messer waren nicht dazu gedacht, Gemüse zu schneiden. "Wenn ich mit dir fertig bin, werde ich mir als Ersatz für das Geld deine Kleine holen."
Herr, es wird Zeit , bat Jesco innerlich inständig. Ein Wunder wäre jetzt nicht schlecht.
Jesco wusste, wie man einem Bewaffneten am besten das Messer abnahm. Das Problem war nur, Jon wusste es auch und war mit Sicherheit gewappnet. Die Wahrscheinlichkeit fehlzuschlagen schien nach natürlichen Gesichtspunkten gewaltig. Alle Muskeln seines Körpers spannten sich an, als er Jons Attacke erwartete. Und plötzlich kam da, ganz schwach nur, dieses aus früheren
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