Elurius (Vater der Engel) (German Edition)
Gabe" in starker Ausprägung besitzen. Jemand anderem wären sie nichts als uraltes, unnützes Gekritzel.
Ich weiß, dass wir kurz vor dem Ziel sind. Meine innere Anspannung wächst und es ist mir, als höre ich die Stimmen der Altvorderen in meinem Kopf, in meiner Seele. Sie wissen, dass ich nahe bin und bald schon einen von ihnen hervorholen werde.
Das Gekreisch von Affen dringt an mein Ohr. Regen prasselt scheinbar unaufhörlich auf das dichte Laub urwüchsiger Bäume. Die grauen Riesen scheinen eher einem Traumbild zu entstammen, so ruhig und beinah lautlos bahnen sie sich ihre Weg durch die dichte Pflanzenwelt.
Meine Begleiter tragen ihre Gewehre mit sich, doch vor dem Geruch der Elefanten ziehen sich die Raubtiere zurück. Das ist ihr Glück, denn so manche Waffe wird aufgrund des durchfeuchteten Schwarzpulvers sicherlich nicht mehr feuern.
Die grauen Riesen rammen ihre Stoßzähne in den Boden und schieben wucherndes Unterholz, Erdreich und Gestein beiseite. Die Stimmen ihrer beiden Herren sind laut und voll Autorität, doch werden sie von dem Dickicht des Urwalds wie von einem Schwamm verschluckt. Ich sehe Kenneth wie einen Schatten die Szene umkreisen, ganz wie es seine Art ist. Er kommt nicht einmal an das blasseste Abbild meiner Vision heran. Schattenhaft war sein Dasein von Anfang an und wird es auch bleiben, bis ich mich seiner entledige.
Einer der Elefanten hebt seinen Rüssel und gibt einen Laut von sich, der die Luft erzittern lässt. Sie sind auf festen Stein gestoßen.
Es hat den Rest des Tages in Anspruch genommen, die massiven Steinplatten soweit freizulegen, dass zu erkennen war, an welcher Stelle genau wir auf die Grabkammer getroffen waren. Man blickt auf grob behauene, verwitterte Flächen, ohne jeglichen Zierrat.
Am Tag darauf assistierte mir Kenneth beim Legen der Sprengladung. Die Elefanten wurden ein gutes Stück weit weg geführt. Sie haben starke Körper und zarte Nerven. Der Sprengstoff hat den langen, feuchten Weg ohne Schaden überstanden. Die Transportkiste war sorgfältig abgedichtet.
Es gelang, ein Loch in die Außenhaut der Kammer zu sprengen, das groß genug war, dass ein Mann problemlos hindurchkriechen konnte. Ich ging allein hinein und erlaubte Kenneth nicht, mir zu folgen. Es ist nicht zu übersehen, dass er innerlich rebelliert. Meine Pläne sind ihm schleierhaft und es gelingt ihm nicht, mehr darüber in Erfahrung zu bringen, als die kläglichen Informationen, die er besitzt. Ich brauche keine Mitwisser. Kenneth sollte sich besser zurückhalten und schweigen, wie es ihm gebührt.
Das Grab war von innen beinah ebenso schmucklos gehalten, wie von außen. Die Wände waren mit dicken Schichten Pech im Gemisch mit anderen nicht identifizierbaren Materialien isoliert. So war es tatsächlich gelungen, tief unter dem feuchten Waldboden einen trockenen Raum zu schaffen, der Jahrtausende hatte überdauern können.
In der Mitte der Kammer stand der Sarkophag.
Seine Oberfläche war schwärzlich, das unstete Fackellicht tanzte über Rillen und Risse. Ich ließ mich neben dem Sarg auf die Knie nieder, legte die freie Hand auf das undenkbar alte, steinerne Behältnis. In der alten Sprache begrüßte ich ihn, nach dem ich geforscht hatte in allen geheimen Bibliotheken dieser Welt. Ihn, der sich von mir nun hatte finden lassen, nach Jahrtausenden des Todesschlafs und der Vergessenheit. Dieser Tag war der Anfang einer neuen Zeitrechnung.
------- JESCO FEY-------
Dass ihn sein altes Leben so plötzlich einholen würde, darauf war er beinah schon nicht mehr gefasst gewesen. Und nun stand Jon vor ihm.
Jesco hatte keine Ahnung, wie es der alten Spürnase gelungen war, ihn nach all der Zeit, hier zu finden. Mit jedem einzelnen Monat war Jescos Glaube daran gewachsen, dass Jon die Suche nach ihm aufgegeben hatte. Oder dass der Knabe vielleicht endgültig hinter Gittern gelandet war. Doch offensichtlich handelte es sich hierbei um eine verfrühte Hoffnung.
Jons Gesicht schien trotz seiner relativ jungen Jahre noch zerfurchter als bei ihrem letzten Aufeinandertreffen. Tief eingegrabene, steile Falten ließen seine Mimik in einer ständigen Maske des Zorns erstarren. Unter seinem schmutzigen, viel zu weiten Hemd lag ein kräftiger, muskulöser Körper verborgen, das wusste Jesco. Wenn Jon zuschlug, und das tat er nicht gerade selten, dann brachen Knochen.
"Tach Mistratte", presste Jon finster zwischen den Zähnen hervor.
Jesco befand sich zu Fuß auf
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