Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elurius (Vater der Engel) (German Edition)

Elurius (Vater der Engel) (German Edition)

Titel: Elurius (Vater der Engel) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Gees
Vom Netzwerk:
Gefangenen vorhanden. Und die Wut des ersten Aufeinanderpralls war verflogen. Er überlegte, ob er die Sache nicht besser jetzt sofort beenden sollte.
    Der Verletzte hob Kopf und Oberkörper ein wenig und verzog dabei kurz das Gesicht. Aus großen Augen blickte er zu Robert.
    „ Es wird sicher einen Weg geben...“, brachte er mühsam hervor, stockte dann mitten im Satz.
    Robert schaute ihn an.
    „Ich könnte dir... sein Versteck zeigen", versuchte der Mann es weiter.
    Robert sah, dass dieser Mann alles daran setzen würde, mit dem Leben davonzukommen. Es gab in dieser Situation keine Spur von treuer Hingabe an den schwarzen Priester. Elmors ehemaliger Helfer würde versuchen, seinem überlegenen Gegenüber in irgendeiner Weise zu gefallen.
    Doch der vorgeschlagene Handel war in Wahrheit keiner. Elmor saß nicht herum und wartete auf die Rückkehr des Boten. Der Schwarze Priester suchte sich Leute wie diesen Mann, denen das Leben zu langweilig geworden war und die ihre Machtphantasien ausleben wollten. Er nutzte seine Helfer aus und warf sie weg. Diesen Boten hatte er bewusst in den Tod geschickt und anschließend sofort sein Versteck gewechselt. Den Verrat durch einen in Bedrängnis geratenen Untergebenen kalkulierte er ein.
    Als der verletzte Mann daraufhin keine Antwort bekam, sackte sein Oberkörper wieder kraftlos zurück auf den Boden. Doch er machte sofort einen weiteren Vorschlag, sein Leben zu retten. "Wenn du mich heilst", schnaufte er angestrengt, "und mich verschonst, dann werde ich dir dienen, statt ihm."
    "Wie sollte ich dich heilen?" fragte Robert zurück.
    „So, wie bei dieser reichen Dame. Mein Meister hat... ich habe davon gehört."
    "Ich muss dich enttäuschen", sagte Robert. "Ich kann das nicht."
    Der Verletzte blickte irritiert.
    Doch Robert hatte ihm die Wahrheit gesagt, auch, wenn er keinen Anlass sah, seinem Gesprächspartner eine weitere Erklärung hierzu abzugeben. Er hatte einen über Clara Neuberg verhängten Fluch gebrochen. Das war etwas anderes, als die Heilung eines kranken oder verletzten Menschen. Und wenn er gebrochene Knochen dazu bringen könnte , wieder zusammenzuwachsen: Was sollte er mit diesem Mann anfangen, einem verräterischen Klotz am Bein?
    Deutlich sichtbar lief ein Schweißtropfen vom Haaransatz über die Stirn des Boten.
    „Aber ich weiß doch, dass du es kannst“, keuchte er. "Hör zu“, setzte er hinzu, mit unüberhörbarem Flehen in der Stimme. „Ich will nicht sterben. Ich habe sicher einen großen Fehler gemacht. Aber ich habe doch nicht verdient... ich habe nicht das hier verdient! Ich will auch zurückgehen zu meiner Familie, wenn du das für gut hältst. Aber sterben, sterben will ich nicht.“
    Robert antwortete ihm mit einem stummen Kopfschütteln.
    "Kennst du denn wirklich kein Mitleid?" fuhr der Mann flehentlich fort. "Schau mich doch an: Bin ich eine Gefahr für dich? Bitte bring mich in ein Hospital! Oder zu einem Arzt!"
    Robert stand auf und wandte sich ab. Er spürte deutlich, wie die Blicke des am Boden Liegenden ihm folgten. Die Leute des schwarzen Priesters kamen niemals mit dem Leben davon. Wer sich für diesen Herrn und Meister entschied, wählte ohne es zu wissen den Tod. Nach getaner Arbeit zurückzukehren in das alte Leben, zu Frau und Kind, war unmöglich, denn Elmor wusste es gründlich zu verhindern, dass in aller Welt Zeugen seines Tuns herumliefen. Über das weitere Schicksal dieses Mannes gab es somit keine Ungewissheit. 
    Robert hatte es sich nie zur Aufgabe gemacht, die Hand über Elmors Helfer zu halten. Und er sah auch keinen Anlass, jetzt damit zu beginnen. In diesem Moment verspürte er nicht einmal die Neigung, sich noch länger mit diesem Mann zu befassen. Er ging zu den beiden Pferden, die noch immer relativ dicht beieinanderstanden, und befestigte die Zügel an einem Baum. Dann bewegte er sich tiefer in den Wald hinein, den Verletzten und die Tiere hinter sich lassend.
    Seine alte Heimat war von ausgedehnten Waldflächen umgeben, sein halbes Leben hatte sich unter dem Dach grüner Blätter abgespielt. Der schroffe, teilweise finstere Nadelwald, in dem er sich nun befand, barg für ihn nur eine vage Erinnerung an diese vergangenen Zeiten. Doch war auch dieser Ort von tiefer Ruhe erfüllt und zugleich durch und durch lebendig. Er hatte den Wald immer als einen atmenden Organismus erlebt, der schützender Freund und bedrohlicher Feind zugleich sein konnte. Er hatte im Wald, bei den magischen Zeremonien des schwarzen

Weitere Kostenlose Bücher