Elurius (Vater der Engel) (German Edition)
"dass ich mich nicht so einfach umdrehen und gehen kann."
"Sie werden aber genau das tun müssen", erwiderte Elisa fest. "Denn hiermit hat Ihre Verbindung zu dieser Familie ein Ende."
"Ich weiß nicht, wovon Sie reden", sagte Jesco. "Erklären Sie mir das bitte."
Es war kaum zu übersehen, dass sein standhaftes Verharren in ihrem Inneren Wut erzeugte. Ihre Mimik veränderte sich nur wenig, aber unverkennbar. Sie machte einen großen Schritt nach vorn, näher an das klaffende Fenster heran. Unter ihren Schuhen knirschten Scherben.
"Muss ich es wirklich noch einmal wiederholen?" fragte sie, sich zu ihm vorbeugend. Auch ihre Gesichtszüge hatten etwas Königliches, stellte Jesco fest. "Sie, Herr Fey, sind hier unerwünscht."
"Frau Sleyvorn,", war Jescos unverdrossene Erwiderung, "ich habe jemanden getroffen, der sich als guten Freund Ihrer Familie bezeichnet, doch Tadeya kannte ihn nicht. Sein Name ist Robert Adlam...".
Elisas Augenbrauen fuhren hoch. Sie hob den Zeigefinger und für einige Sekunden sah Jesco an ihrer Hand einen erstaunlich großen Rubin funkeln.
"Die Wahl Ihrer Bekanntschaften ist mehr als bedenklich, Herr Fey", stellte sie fest. "Wenn Sie so weitermachen, dann könnte am Ende ein früher Tod stehen."
"Wer ist dieser Mann? Hat er irgendetwas damit zu tun, was hier geschehen ist?" fragte Jesco weiter, ohne sich von ihren drastischen Worten beirren zu lassen. Er wusste bereits, auch ohne Elisas Mahnung, dass Herr Adlam nicht der nette Nachbar von nebenan war. Aber schließlich hatte Jesco sich nicht um diese neue Bekanntschaft gerissen. Es musste ein Sinn hinter ihren beiden scheinbar zufälligen Begegnungen stecken.
"Hatten wir dieses Gespräch nicht vorhin beendet?" entgegnete ihm Elisa, während sie sich wieder zu voller Größe aufrichtete, um von ihrem erhöhten Standort einen finsteren Blick auf ihn herab zu werfen.
"Nein", sagte Jesco. "Wir haben nicht aufgehört, zu reden."
"Dann hören wir jetzt damit auf", stellte Elisa in entschiedenem Ton fest und machte auf dem Absatz kehrt. Ohne sich noch einmal zu ihm umzudrehen, gebot sie ihm mit lauter Stimme: "Verlassen Sie auf der Stelle mein Grundstück, Herr Fey. Sollten Sie es nicht tun, dann wäre Polizeigewalt noch das Harmloseste, was ich Ihnen antun könnte."
Jesco zögerte einige Sekunden, während er beobachtete, wie Elisa Sleyvorn durch den zerstörten Raum zur Tür schritt. Dann wandte auch er sich ab.
"Mit dieser alten Dame ist nicht gut Kirschen essen", murmelte er vor sich hin, während er den Rückweg zur Straße einschlug. Elisa war augenscheinlich fest entschlossen, ihm nichts, aber auch gar nichts zu verraten. Und ziemlich sicher handelte es sich bei dem verwüsteten Zimmer, in dem Elisa sich aufgehalten hatte, um Tadeyas Schlafkammer. Das Bett im Hintergrund an der Wand, mit einem Himmel aus üppigem, weißen Stoff versehen, war unverkennbar die Schlafstätte einer jungen Frau.
Ein Satz, den Elisa zu ihm gesprochen hatte, machte Jesco zu schaffen: nämlich, dass hiermit seine Verbindung zu der Familie Sleyvorn ein Ende hätte. Was war mit Tadeya geschehen, dass Elisa solche Worte zu ihm sprach? Der Gedanke drängte sich auf, dass Tadeya schwer verletzt oder gar getötet worden sein könnte. Und dass Elisa gut daran tat, darüber zu schweigen.
Einige Meter vom Haus der Sleyvorns blieb er stehen. Die Hände in den Taschen krampfhaft geballt, schloss er fest die Augen. Er musste sich selbst zur Ruhe rufen, denn ein Sturm der Gefühle braute sich in seinem Inneren zusammen. Er fühlte sich hilflos vor ein Rätsel gestellt, das einen Großteil seines Lebensglücks infrage stellte. Niemals zuvor hatte er ein Mädchen die Weise geliebt, wie er Tadeya liebte. Er betrachtete sie als ein Geschenk Gottes an ihn und keinesfalls wäre er auf die Idee gekommen, dass der Herr es zulassen würde, dass er sie so schnell wieder verlor.
Sie kannte den lebendigen Gott nicht und nahm ihn nicht einmal ansatzweise ernst. Doch, na und? Jesco hatte ihn selbst bis vor kurzem ebenfalls nicht gekannt. Der Herr besaß wahrlich Mittel und Wege, sich seinen Geschöpfen höchstpersönlich vorzustellen. Und nach solch einer Begegnung gab es keinen Weg mehr an dem Schöpfer vorbei, selbst, wenn man es sich wünschte.
Er hatte darauf vertraut, dass es in Deyas Leben irgendwann einmal einen guten Zeitpunkt für solch eine Begegnung geben würde. Er hatte sie voll Zuversicht in Gottes Hände gelegt und war froh über jedes seiner Wunder, das sie
Weitere Kostenlose Bücher