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Elurius (Vater der Engel) (German Edition)

Elurius (Vater der Engel) (German Edition)

Titel: Elurius (Vater der Engel) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Gees
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abends niederlegten. Auf kahlem Boden, doch vor dem verglühenden Feuer eines Kamins. Wenn es durch ein marodes Dach tropfte, dann hatten sie beide Hand angelegt und den Schaden am Haus ihrer Gastgeber so gut sie es konnten behoben. Doch was viel wichtiger war: Aaron hatte kein Haus wieder verlassen, ohne dass nicht Heilung an dessen Bewohnern geschah. Das war seine spezielle Gabe, die Gabe seines Gottes: verborgene Wunden mit der sanften Kraft des Schöpfers zu berühren, der um alle Dinge wusste. Manchmal waren körperliche Gebrechen so eng mit seelischen verknüpft, dass diese gleichzeitig verschwanden. Was jedoch stets zählte, war der Wille der Menschen, sich von altem Groll und tief sitzender Bitternis abzuwenden und einen Schritt nach vorn zu machen. Einen Schritt der Vergebung, der durchaus bis in die früheste Kindheit hineinreichen konnte.
    Aaron hätte Jesco vielleicht raten können, was nun zu tun war. Er hatte Gottes Stimme auch dann gehört, wenn Jesco nur tiefem Schweigen begegnete. Und auch jetzt schienen Jescos Fragen ohne Antwort zu bleiben. Nur eine sehr rätselhafte Sache war geschehen: Er war in der letzten Nacht ruckartig aus dem Schlaf gerissen worden. Ein sehr lebendiges, schauerliches Bild hatte ihn auch noch in den Minuten nach dem Erwachen verfolgt. Er hatte ein Auge gesehen, viel zu groß für ein menschliches Sehorgan. Ein Auge in einer steinernen, kahlen Wand, weit aufgerissen, mit erstarrtem Blick. Ein Auge, dem, so war er gewiss, rein gar nichts von dem entgehen konnte, was in jenem Raum geschah. Grausam berechnend, entseelt.
    Er war aus dem Bett gestiegen und sogleich auf Knie gefallen.
    "Herr, bitte hilf, dass dieses Auge sich schließt“, hatte er gebetet, ohne wirklich zu wissen, was er da sagte und warum er darum bat. „Du hast alles unter deiner Kontrolle, auch dies!“
    Und während er noch zu Gott flehte mit dem drängenden Gefühl auf dem Herzen, dass es hier um sehr viel mehr ging, als nur um einen bösen Traum, sah er, wie ein Schleier den Blick des starrenden Auges trübte, es langsam in die Wand einsank und am Ende sich tatsächlich das schwere Lid senkte. Dieser Moment erschien Jesco wie eine Erlösung. Er stieß ein erleichtertes "Danke" hervor und sank auf dem Boden in sich zusammen.
    Für den Rest der Nacht fand er zu friedlichem und traumlosem Schlaf.
    Doch am nächsten Morgen hatte ihn mit dem ersten Augenöffnen eine Woge der Hoffnungslosigkeit überschwemmt, die er bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr losgeworden war. Verstandesgemäß wusste er sehr wohl, dass er Gott vertrauen konnte, hatte er ein Problem erst einmal in seine Hände gelegt. Doch nach dieser langen Zeit des Wartens spielte bei diesem Thema sein Herz nicht mehr mit. Irgendetwas musste doch nun geschehen.
    Und es geschah etwas. Etwas, das alles nur noch schlimmer zu machen schien.
    Ein kräftiges, mehrfaches Klopfen an Jescos Wohnungstür schreckte ihn aus seinen Gedanken auf. Er eilte, um zu öffnen, denn es konnte sich ja um eine Nachricht über Tadeya handeln. Auf dem Flur stand sein Vermieter, Karl Hofmeyer, mit einem Gesichtsausdruck, der keine gute Neuigkeiten erwarten ließ.
    "Darf ich reinkommen?" fragte er.
    Jesco trat zur Seite und machte eine einladende Geste.
    Karl, mit dem er seit einigen Wochen auf Du und Du war, ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. "Ohje", meinte er zerknirscht. "Ich habe gar nicht mehr daran gedacht, was hier passiert ist... eigentlich sollte ich dich nicht ...". Er brach ab und schaute Jesco mit zerknirschter Miene an.
    "Was auch immer es ist, Karl,", sagte Jesco, "spuck es einfach aus."
    "Ich bin grad einfach weggelaufen", erklärte Karl und man sah deutlich die Erregung in seinem Gesicht. "Ich konnt‘s nicht mehr ertragen. Die beiden Frauen haben nur geheult und geheult." Er machte eine Pause, atmete mehrmals tief durch. Erst dann war er in der Lage, seinen Bericht fortzusetzen. Jesco fiel auf, dass Karls Hände zitterten. "Fred, mein Schwiegersohn ... er liegt auf Leben und Tod."
    "Fred?" fragte Jesco. "Der Polizist?"
    Karl nickte kräftig. "Ja, Fred, Theresas Mann. Er hatte einen Einsatz, war eine ganze Zeit lang fort. Das war schon ungewöhnlich genug. Hier ist ja sonst nicht so viel los. Er hat Theresa auch nichts darüber sagen dürfen. Und heute Mittag kommen zwei seiner Kollegen mit der Nachricht, dass etwas ganz gewaltig schief gegangen ist. Ich bin mit Frau und Tochter sofort zum Hospital. Und da sitzen sie nun an Freds Bett und weinen."
    "Was

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