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Elurius (Vater der Engel) (German Edition)

Elurius (Vater der Engel) (German Edition)

Titel: Elurius (Vater der Engel) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Gees
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an Pflege, Futter und Auslauf mangelte.
    Er hatte einen recht langen Fußweg in zügigem Schritt-Tempo hinter sich. Doch als der Hof in Sichtweite vor ihm lag, drosselte er deutlich seine Geschwindigkeit. Wohnhaus, Stall und Scheunen lagen dort vor ihm, friedlich eingehüllt im weißen Winterkleid. Vereinzelte Schneeflocken schwebten gemächlich vom Himmel, der verhangen war von dichten, grauen Wolken. Es gab nichts, was dieses Bild störte, außer einem unbestimmten Gefühl.
    Mit gesteigerter Aufmerksamkeit, doch ohne innezuhalten, näherte er sich weiter dem Gehöft. Über einen relativ langen Zeitraum hatte Elmor geschwiegen. Robert war dieses Schweigen gründlich satt; nichts wäre ihm lieber, als ein offener Kampf. Doch war es unwahrscheinlich, dass Elmor hier auf ihn wartete, um ihm gegenüberzutreten. Eine Falle, gleich, welcher Art, konnte er sich eher vorstellen. Robert war bereits zuvor einigen dieser Hinterhalte begegnet und er wusste, dass er in der Lage war, sie zu erspüren, bevor sie ihm gefährlich werden konnten. "Halte immer alle Sinne offen, nicht nur die fünf alleine, die dich so leicht in die Irre führen", hatte sein alter Meister selbst ihm einmal geraten. Genau diesen Ratschlag setzte er nun in die Tat um, während er seinen Weg fortsetzte.
    Er erreichte die lang gestreckte Scheune, auf deren Rückseite sich die Pferdekoppel erstreckte, ging um das Gebäude herum und näherte sich dem Zaun, der die Weide umgab. Ihm fiel auf, dass sich einige vom Neuschnee nur unzureichend bedeckte Fußspuren zwischen Gatter und Scheune befanden. Entweder hatten die Bewohner des Hofes am heutigen Tag diesen Weg mehrfach zurückgelegt, oder es waren Besucher hierher gekommen. Beide Möglichkeiten waren nicht unwahrscheinlich. Seine Wahrnehmung deutete auf nichts Ungewöhnliches hin, mit Ausnahme der durch keinen greifbaren Hinweis belegten Vermutung, dass er hier zuvorderst nicht auf die beiden Pferde stoßen würde.
    Die Weide lag schneebedeckt da, ohne jegliche Hufspuren im kalten Weiß. Die Tiere waren auch nicht im Unterstand zu sehen, der sich auf der linken Seite befand und ihnen Schutz vor allzu kaltem oder feuchtem Wetter bot. Die Bäuerin hatte die Anweisung, den Pferden jeden Tag ihren mehrstündigen Auslauf zu gewähren. Bislang war sie dieser Pflicht zuverlässig nachgekommen.
    Robert wandte sich ab und schlug den Weg zum Stall ein. Bevor er die Hand nach dem Tor ausstreckte, wusste er, dass sich im Inneren Menschen befanden, obwohl nur die gewöhnlichen Geräusche des Viehs zu ihm nach draußen drangen. Ein Gefühl von wirklicher Gefahr gesellte sich nicht zu diesem Eindruck, trotzdem machte er sich auf alles Erdenkliche gefasst, während er das Tor öffnete. Im Innern herrschte das gewohnte dämmrige Zwielicht, in den Boxen drängten sich Kühe und Schweine. Die Hälfte des Ganges durchquerte er mit bedächtigen Schritten, während die Kühe neugierig die Köpfe hinter ihm herwandten. Dann blieb er unvermittelt stehen, drehte sich herum. Nur einen Lidschlag später sprangen aus den dunklen Ecken Männer hervor, erst fünf, dann sechs: bewaffnete Männer, in Uniformen, die ihn im nächsten Moment umringten.
    "Robert Adlam", proklamierte einer, der einen beachtlichen Schnauzbart trug, mit laut vernehmlicher Stimme, "hiermit erkläre ich Sie für verhaftet. Heben Sie die Hände."
    Er roch förmlich die Angst, die um ihn herum in der Luft lag. Er konnte sich ausmalen, was der Haftbefehl besagte, den diese Männer gelesen hatten. Sie wussten, dass sie hier auf jemanden trafen, der mit großer Wahrscheinlichkeit schon mehrere Menschleben gewaltsam beendet hatte. Eine solche Person zu stellen gehörte nicht zu ihrer täglichen Routine.
    Er tat, was sie verlangten und hob die Hände. Sogleich kamen zwei von ihnen heran, um mit gezielten, aber etwas fahrigen Griffen seine Kleidung zu durchsuchen. Der eine von beiden ging übermäßig grob bei der Erfüllung seiner Aufgabe vor und raunte Robert nebenbei ein gehässiges "Dreckskerl" ins Ohr. Er stand still, ohne ein Wort. Sie zogen das Buch aus der Innentasche seines Mantels, in dem er Katharinas Foto aufbewahrte. Außerdem fanden sie ein Bündel Geldscheine, das ebenfalls sichergestellt wurde. Sonst führte er nichts mit sich. Die von ihnen augenscheinlich in seinem Besitz erwartete Waffe existierte nicht.
    "Wir verhaften Sie wegen Mordes an Diane von Roder und verschiedener weiterer, schwerer Delikte", erklärte der Polizist mit dem Schnauzbart weiter.

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