Elurius (Vater der Engel) (German Edition)
sogleich und sie verließen gemeinsam das Haus.
Die Situation im Hospital war tatsächlich äußerst bedrückend. Während die Tränen der jungen Theresa inzwischen versiegt waren und sie nur noch stumm und blass am Bett ihres Manns saß, weinte Karls Frau Ruth noch immer. Der junge Polizist lag regungslos in seinem Bett, die Augen fest geschlossen. Seine Gesichtshaut wirkte durchscheinend und war bleich wie der Tod. Es sah nicht so aus, als sei noch Leben in diesem Körper. Mit rotem, tränenfeuchten Gesicht begrüßte Ruth, die für Jesco Frau Hofmeyer war, die beiden Männer. Ihre Stimme klang kläglich.
"Herr Fey", klagte sie mit schwer verständlicher, jammervoller Stimme, "schauen Sie sich dieses Unheil an. Und sie sagen, es hat nicht einmal einen Grund gegeben, dafür ...".
Karl fiel ihr ins Wort: "Seine Kollegen haben erzählt, der Mann hat auf Fred geschossen, ohne noch eine Veranlassung dafür zu haben. Er wäre davongekommen, so oder so. Es war pure Bosheit."
Theresas tonlose Stimme erklang wie aus dem Delirium: "Der Mann wird gesucht, weil er eine Frau umgebracht hat", sagte sie. "Fred hat sich immer für die Schwachen eingesetzt."
"Hoffentlich kriegen sie den Kerl", stieß Karl wütend hervor. "Damit sie ihn hängen können."
Jesco trat näher an das Bett des Verwundeten heran und betrachtete das Gesicht des Mannes, den er zuvor mehrere Male auf Besuch bei Karl und Ruth Hofmeyer gesehen hatte. Fred war ein sehr lebendiger, lebenslustiger Mensch gewesen, mit manchmal überschäumendem Temperament. Seine beiden kleinen Mädchen liebte er innig und er sah sich deutlich als Schirmherr und Beschützer seiner kleinen Familie. Doch leblos, wie der junge Polizist nun dalag, schien es sich um einen ganz anderen Menschen zu handeln. Das Gesicht wirkte mindestens zehn Jahre älter. Und wenn der Körper in einem Sarg statt in einem Bett läge, hätte man ihn nicht von einer Leiche unterscheiden können.
Er legte sehr vorsichtig die Hand auf die Schulter des Verletzten. Hinter sich hörte er Ruth Hofmeyer schluchzen, doch dieses Geräusch schien weit entfernt. Jesco spürte deutlich Gottes Präsenz in diesem Raum, die Luft war wie erfüllt von einer mächtigen, durchdringenden Kraft. Er konnte sich nicht erinnern, dies jemals in einer solchen Deutlichkeit wahrgenommen zu haben. Im Stillen fragte er: "Herr, was soll ich tun?" und wusste sogleich die Antwort. Daraufhin schrie im ersten Moment alles in seinem Inneren "Nein!" Nein, er konnte das nicht. Er konnte das mit Sicherheit nicht. Doch Gottes Antwort darauf war: Aber ich kann.
Und damit war die Sache klar.
"Fred", hörte er sich sagen. "Fred, hör zu."
Ruths Schluchzen verebbte und es trat Stille ein.
"Ich soll dir etwas sagen, im Namen des Herrn", fuhr Jesco fort, den Blick auf das leichenblasse, völlig erschlaffte Gesicht gerichtet. "In Jeshuas Namen, Fred: Sei geheilt."
Der an seiner Seite stehende Karl schnappte deutlich hörbar nach Luft über diese Worte. Und Jescos Herz fing von einem Moment auf den anderen zu schlagen an wie ein Trommelfeuer. Was hatte er da bloß gesagt? Was um alles in der Welt würde nun geschehen?
Doch noch immer war Gott deutlich zugegen, sein Geist schien über dem Krankenbett und den darum Versammelten zu schweben. Diese Wahrnehmung war nicht mit Worten zu beschreiben. Man bekam den Hauch einer Ahnung davon, was wirkliche Macht bedeutete. Und wahrhaftige Heiligkeit.
Niemand sprach ein Wort. Jesco hörte, wie Theresa von ihrem Stuhl aufstand. Dann geschah eine ganze Weile rein gar nichts. Eine weibliche Stimme zerschnitt die Stille. "Der Arzt kommt gleich, Frau Hofmeyer. Wenn Sie mit ihm sprechen wollen...". Doch dann verstummte die Krankenschwester.
Freds Mund öffnete sich ein wenig. Und er sog mit deutlichem Geräusch tief Luft in seine Lungen, während er gleichzeitig die Augen aufschlug. Im nächsten Moment fiel Karl wie ein Baum neben dem Bett auf die Knie und brach nun endlich auch seinerseits in Tränen aus. Am ganzen Körper zitternd, die Hände fest gefaltet, kniete er auf dem Boden und stammelte unverständliche, von Schluchzen entstellte Worte.
Fred machte Anstalten, sich aufzusetzen. Theresa war sogleich zur Stelle, schob eine Hand unter den Nacken ihres Mannes und half ihm. Die Schwester sagte halbherzig: "Passen Sie auf ...".
Karl betete noch immer unzusammenhängende Sätze und sein Gesicht glich in Röte und Feuchtigkeit inzwischen dem seiner Frau. Jesco selbst war kaum weniger erstaunt als
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